Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
124.2005
Seite: 243
(PDF, 48 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2005/0243
Man prüft, stutzt, zweifelt und wundert sich, Werke spätmittelalterlicher Meister so nah vor sich zu sehen
, gekonnt fotografiert; die vorzüglich reproduzierten Abbildungen bringen Details, die man bislang
übersehen hat. Sie werden mit Liebe und Hingabe von einem Kenner zum Sprechen gebracht, der sich
seit Jahrzehnten mit der Vorhalle und dem beschäftigt, was ihr Figurenschmuck im Rahmen der Heilsgeschichte
bedeuten.

Hierzulande verfügen noch viele Zeitgenossen über Hintergrundwissen, das ihnen erlaubt, einzelne
Figuren und Gruppen zu identifizieren: Adam und Eva, Maria und der Engel in der Verkündigungsszene,
die Geburt Jesu, Christus am Kreuz, das Jüngste Gericht, Apostel anhand ihrer Attribute (Schlüssel, Muschel
, ,Andreaskreuz'). Aber wie sieht es mit Königen und Propheten des Alten Testamentes aus? Gestützt
auf die Kenntnis der Heiligen Schriften (erfreulicherweise werden Buch, Kapitel und Vers jeweils
nachgewiesen), antiker, mittelalterlicher und moderner Theologen sowie Philosophen, ordnet Späth die
Figuren ein in die Welt der Bibel und in die Geschichte der Kirche, des Rechts, der Kunst, auch in die
des Münsters und der Stadt Freiburg. Zum Reiz des Bandes trägt der Wechsel bei: Einmal eher meditierend
, an anderer Stelle bekennend, fordernd; da bleibt ein Urteil in der Schwebe, dort werden Erinnerungen
geweckt - etwa zur Allegorie der grammatica, eine der artes liberales: „Der strenge gute Lateinunterricht
".

Das Buch lädt Kenner und Liebhaber ein, die Vorhalle einmal mehr aufzusuchen, ihren reichen
Schmuck auf sich wirken zu lassen; wieder daheim, schaut man gern von neuem in das Buch, in dem
einem weitere Entdeckungen bevorstehen.

„Das Tor zum Leben" ist zu einem denkbar günstigen Zeitpunkt erschienen. Fünf Jahre lang war nur
ein Teil der Vorhalle zu sehen, weil die Figuren gereinigt und restauriert werden mussten. Als diese Arbeit
endlich abgeschlossen war, ließ im Herbst 2004 das Erzbischöfliche Bauamt in der Vorhalle ein solides
Gerüst aufbauen, von dem aus man vier Wochen lang die bestens ausgeleuchteten Figuren aus nächster
Nähe betrachten konnte - in aller Ruhe, bis andere Bewunderer an der Reihe waren. Das Angebot
fand ein überwältigendes Echo; getrost darf man von einem gesellschaftlichen Ereignis sprechen: täglich
kamen zwischen 500 und 1000 Besucher! Man begegnete Schulklassen, Freunden und Kollegen; manche
waren eigens aus der Ferne angereist. Eine Figur im Blick, tauschte man Eindrücke und Beobachtungen
aus. Wird die Vorhalle erwähnt, geraten Freunde des Münsters noch Monate später ins Schwärmen. Ein
Wunsch an das Erzbischöfliche Bauamt: Möge das Gerüst in drei (fünf, sieben?) Jahren wieder für einige
Wochen aufgebaut werden. Norbert Ohler

Bernd Spitzmüller: „... Aber das Leben war unvorstellbar schwer." Die Geschichte der Zwangsarbeiter
und Zwangsarbeiterinnen in Freiburg während des Zweiten Weltkriegs. Mit Beiträgen von Ulrich P.
Ecker. Stadtarchiv Freiburg, Freiburg 2004. 200 S„ 58 S/W-Abb.

„Ich habe nicht gewusst, dass so viele Zwangsarbeiter in Freiburg waren", stellte ein Holländer im Jahr
2003 fest, der in der Stadt vor 1945 Zwangsarbeit verrichtet hatte. Es dürften auch wenige Einheimische
wissen, dass etwa 10.000 Menschen der verschiedensten Nationalitäten, Kriegsgefangene und deportierte
Zivilisten, im Zweiten Weltkrieg in Freiburg lebten. Sie wohnten mitten unter der Bevölkerung, schufteten
in vielen Betrieben und zahlreichen Haushalten - und wurden dennoch meist ignoriert. Der Grund
hierfür dürfte einmal Gleichgültigkeit gewesen sein, zum anderen aber die damals herrschende Denunziationswut
sowie der staatliche Terror. Deshalb trauten sich nur wenige, mit diesen Menschen Kontakt
aufzunehmen oder ihnen gar in ihrer wenig beneidenswerten Lage zu helfen.

Das Anliegen von Bernd Spitzmüller und Ulrich Ecker war es nun, mit diesem Buch das Schicksal
der Zwangsarbeiter in Freiburg dem Vergessen zu entreißen. Sie haben dazu nicht nur die bereits
existierende Literatur sondern auch zahlreiche Dokumente und Aussagen von Zeitzeugen verwendet. Aus
der vorliegenden Untersuchung, die mit vielen Abbildungen illustriert ist, geht hervor, dass auch hier,
wie überall im deutschen Machtbereich, rassistische und kriegswirtschaftliche Motive vorherrschten,
wenn es um den Einsatz und die Behandlung der Zwangsarbeiter ging. Während französische Männer
und Frauen meist im Handwerk und der Industrie eingesetzt waren, mussten Polen, Russen und ab
August 1943 auch Italiener oft in der Landwirtschaft, im Bergbau oder in Rüstungsbetrieben arbeiten.
Angehörige west- und nordeuropäischer Länder wurden dabei relativ ordentlich behandelt und verpflegt.
Sie bekamen sogar Entlohnungen für ihre Tätigkeit. Sollten etwa Franzosen mit deutschen Frauen
intime Beziehungen eingehen, verurteilte man nur die Frauen wegen „ehrvergessenen, das gesunde
Volksempfinden verletzenden Verhaltens". Bei näheren Kontakten von Einheimischen mit Polen und

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