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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
125.2006
Seite: 13
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2006/0013
Seelsorgerische Unabhängigkeit und geistliche Betreuung

Als Personen, die von der Gesellschaft ausgeschlossen waren, war es den Aussätzigen des Mittelalters
einerseits nicht erlaubt, ad ecclesiam cum aliis convenire, d.h. mit anderen in die Kirche
zu gehen, wie es das 3. Laterankonzil von 1179 vorschrieb;44 andererseits wurden sie aufgrund
ihrer Krankheit der besonderen christlichen Nächstenliebe und Fürsorge für würdig empfunden
und bedurften der seelsorgerischen Betreuung. Dasselbe Konzil beschloss daher
gleichzeitig, den Institutionen, die Aussätzige beherbergten, eigene Geistliche, Kirchen und
Friedhöfe zuzugestehen. Diese Verordnung wurde auf dem Londoner Konzil im Jahr 1200 von
Papst Gregor IX. erneut bestätigt.45 Die Dokumente von Papst Alexander IV. und dem Bischof
von Konstanz, die dem Freiburger Gutleuthaus Friedhof, Kaplan und Glocke zugestanden, zeigen
, dass eine autonome geistliche Betreuung der Leprosen angestrebt wurde. Die Seelsorge
erfolgte unabhängig von der Freiburger Pfarrei durch zwei Priester, die aus dem Erlös zweier
Pfründen bezahlt wurden.46 Aus dem Jahre 1276 ist ein Stiftungsbrief überliefert, in dem der
Stifter, Herman Wizsilberli von Friburc, den Siechen an dem Velde ein Drittel seines Hofes zu
Hochdorf vermacht, ob du phrunde die Herman min sun dar gap daz ain priester daruffe
nit beliben mak.A1 Aus dem Jahr 1313 ist ein zweiter Stiftungsbrief für eine Priesterpfründe
erhalten. Bertold Büttricher stiftete den siechen an dem velde ze Friburg eine ewige phrunde
einem priestere, unde hat zu der phrunde gegeben das gut und das gelt, das hienach geschri-
ben stat.^ Bevor er seine Stiftung tätigen konnte, musste er die Zustimmung des Rektors der
Kirche zu Hartkirch,49 in dessen Pfarrei die Gutleuthauskapelle lag,50 und der Äbtissin Sophia
vom Margarethenkloster in Waldkirch einholen.51 Das Recht, die Geistlichen der Spitäler einzusetzen
und zu kündigen, ging spätestens im 16. Jahrhundert an den Freiburger Stadtrat über.
1537 baten die Leprosen den Magistrat, ihren Priester, der offensichtlich Lutheraner war, nicht
zu entlassen.52 Der Einfluss des städtischen Rats hatte sich im Laufe des Spätmittelalters offensichtlich
soweit vergrößert, dass er neben dem Pfarrherrn in diesem Punkt ein Mitspracherecht
hatte. Jedoch ist den Stiftungsbriefen zu entnehmen, dass das Gutleuthaus nicht immer einen
eigenen Priester hatte, sondern dass in der Zeit zwischen 1626 und 1670 ein Geistlicher des
Augustinerklosters für das Lesen der Messe bezahlt wurde.53

Bemerkenswert ist darüber hinaus, dass 1304 der Bischof von Konstanz den Freiburger Aussätzigen
das Privileg verlieh, auch in Zeiten des Interdikts in ihrer Kapelle den Gottesdienst
feiern zu dürfen,54 was auf eine unmittelbare Fürsorge der Kirche, unter Umgehung der örtlichen
Pfarrei, hinweist.

Die innere Organisation

Alle offiziellen Bestimmungen, welche die Fürsorge für die Leprosen regelten, kamen ursprünglich
von kirchlicher Seite. Im Verlauf des 13. und 14. Jahrhunderts übernahmen jedoch

44 Lateranense III, 1179. In: Sacrorum Conciliorum Nova Et Amplissima Collectio. Bd. 22. Hg. von Joannes Domi-
nicus Mansi. Graz 1961, Kapitel 23, S. 230.

45 Keil (wie Anm. 31), S. 91.

46 Knefelkamp (wie Anm. 10), S. 71.

47 Korth/Albert (wie Anm. 6), S. 471, G Nr. 3.

48 StadtAF, AI XVIIa Stiftungen Büttricher. Abgedruckt in Lincke (wie Anm. 16), S. 93.

49 Rest (wie Anm. 15), S. 649f., G Nr. 152f. Dies widerspricht der bereits genannten Urkunde des Bischofs von
Konstanz (1258), der der Pfarrei und somit auch dem Rektor der Pfarrkirche kein Einspruchsrecht zubilligte.

50 Lincke (wie Anm. 16), S. 55.

51 Rest (wie Anm. 15), S. 648, G Nr. 151.

52 Lincke (wie Anm. 16), S. 56.

53 StadtAF, Cl Stiftungen 9 Nr. 10. An dieser Stelle sei Dr. Ursula Huggle für den freundlichen Hinweis herzlich
gedankt.

Rest (wie Anm. 15), S. 648, G Nr. 150.

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