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können". Dieses erste deutschsprachige Handelslexikon,28 das bis ins frühe 19. Jahrhundert
mehrere Neuauflagen erlebte, enthält im dritten, 1754 erschienenen Band seines „Kaufmanns-
Lexicons" einen zwölf spaltiger Artikel über Hanf mit einer ausführlichen Darstellung von
Anbau, Fasergewinnung und Handel.29
Das frühe 19. Jahrhundert erlebte sogar eine Fachzeitschrift, die sich den Fragen des Anbaus
und der Verarbeitung von Faserpflanzen widmete. Allerdings war dem von Johannes Rothstein
bearbeiteten und von Friedrich Justin Bertuch herausgegebenen „Magazin für den Teutschen
Flachs- und Hanf-Bau und Verbesserung dieser Producte in allen ihren Zweigen, sowohl der
Cultur als Fabrication" kein Erfolg beschieden. Es erschien lediglich 1819/20 der erste Band
mit den Heften 1-3, worin über die „Verbesserte Zubereitung des Flachses und Hanfes ohne
Röste, durch Hülfe der Christianischen Brech-Maschine; nebst practischen Bemerkungen über
deren Behandlung und alle für Teutsche Land- und Haußwirthschaft, Fabriken, Gewerbe und
den Staat daraus hervorgehende wichtige Vortheile" berichtet wird.30
In der Mitte des 19. Jahrhundert, das als das Jahrhundert der beginnenden Industrialisierung
bereits jenseits des eigentlichen Untersuchungszeitraums liegt und zugleich eine späte Blüte
wie in seiner zweiten Hälfte den allmählichen Niedergang des Hanfanbaus im Oberrheingebiet
zeitigte, erschienen vier Monographien über den Hanfbau, drei davon im damaligen Großherzogtum
Baden als bedeutendem, wenn nicht sogar damals bedeutendstem Hanfanbaugebiet
Deutschlands.31 Allesamt landwirtschaftliche Anleitungen, zum Teil um Ertrags- und Wirtschaftlichkeitsberechnungen
ergänzt, zeigen sie, dass Anbau, Fasergewinnung und -bereitung
in der Mitte des 19. Jahrhunderts im Großen und Ganzen noch nach denselben Methoden erfolgten
, wie sie etwa die französische „Encyclopedie" und Krünitz „Oeconomische Ency-
clopädie" bereits im Jahrhundert zuvor beschrieben hatten. Ein Grund dafür war sicherlich der
betonte Methodenkonservativismus der Hanfbauern am Oberrhein,32 über den Roth in seiner
Heidelberger Dissertation über den Hanfbau in Baden von 1923 schrieb: „In hartnäckigem
Konservativismus hat die ländliche Bevölkerung an der Tradition vieler Jahrhunderte ziemlich
unverändert bis in das fortschrittliche Zeitalter der heutigen Erfindungstechnik hinein festgehalten
... Was verbesserungsbedürftig war, wurde oft eingesehen, Rezepte wurden oft gegeben,
doch deren Anwendung oder Erfolg in grösserem Umfange lässt sich verhältnismässig selten
konstatieren."33 Zwar erwähnen die genannten Werke über den Hanfbau den beginnenden, aber
28 Siehe im Internet unter: bibliothek.bbaw.de/ueber-uns/buchpatenschaften/buchpaten_titel/#wirtschaft (30.09.
2006).
29 Carl Günther Ludovici: Eröffnete Akademie der Kaufleute oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon, woraus
sämmtliche Handlungen und Gewerbe mit all ihren Vorteilen, und der Art, sie zu treiben, erlernet werden können
. 5 Teile. Leipzig 1752-1756, hier Teil 3, 1754, Sp. 239-251. Das „Kaufmanns-Lexicon" ist eine überarbeitete
Neuauflage von Ludovicis Erstausgabe: Allgemeine Schatz-Kammer der Kauffmannschafft Oder Vollständiges
Lexicon aller Handlungen und Gewerbe so wohl in Deutschland als auswärtigen Königreichen und Ländern
. 4 Bde und 1 Supplbd. Leipzig 1741-1743 und beruht maßgeblich auf Louis-Philemon Jacques Savary des
Bruslons: Dictionnaire universel de commerce. 2 Bde. Paris 1723. Ein weiteres Handelslexikon ist: Johann
Georg Friedrich Jacobe Neues vollständiges und allgemeines Waaren- und Handlungs-Lexicon, in welchem
alle und jede im deutschen und fremden Handel gangbare Artikel [...] für Kaufleute, Apotheker, Fabrikanten und
Geschäftsmänner [ ...1 beschrieben und abgehandelt sind. 3 Bde. Heilbronn a.N./Rothenburg o.d.T. 1798-1800;
Stichwort „Hanf, Bd. 2, G-O, 1799, S. 54f.
30 Magazin für den Teutschen Flachs- und Hanf-Bau ... Bearb. und gesammelt von Johannes Rothstein. Hg. von
Justin Friedrich Bertuch. Bd. 1, H. 1-3, Weimar 1819-1820 (mehr nicht erschienen).
31 Vollrath Vogelmann: Der Hanfbau im Großherzogtum Baden. Karlsruhe 1840; Der Hanfbau und seine Bereitung
im Bezirke Emmendingen. Eine Anleitung zur besseren Behandlung dieses wichtigen Produktes, seinen
fleißigen Anpflanzern gewidmet von dem landwirthschaftlichen Bezirksverein Emmendingen. Freiburg 1850;
Dosch (wie Anm. 1), über den Hanfbau S. 37-58; William Löbe: Gespinnstpflanzen. Anleitung zum rationellen
Anbau der Handelsgewächse. Stuttgart 1868, darin „Der Hanf (Cannabis)", S. 34-65.
32 Darauf weist explizit Dosch (wie Anm. 1), S. 53, hin.
33 Joseph Roth: Der Hanfbau in Baden: seine historische Entwicklung und volkswirtschaftliche Bedeutung unter
besonderer Berücksichtigung der Ursachen seines Verfalls. Diss. Heidelberg 1923.
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