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im Lauf des Monats April, dabei weist die „Encyclopedie" auf die unterschiedlichen Risiken
früherer und späterer Aussaat hin: Bei ersterer drohe den jungen Hanfschößlingen Schaden
durch Frühjahrsfröste, bei letzterer könne frühsommerliche Trockenheit das Auskeimen verhindern
.69 Nach Angaben aus der Zeit um 1840 war im Breisgau der Aussaattermin von Ort zu
Ort verschieden: in Weisweil Ende April, in Köndringen und Malterdingen zwischen dem 8.
und 16. Mai, in Teningen zwischen dem 24. und 30. Mai.70
Die Aussaatdichte richtete sich nach dem späteren Verwendungszweck des Hanfs:
„Man säet ihn fein dicke [dicht], damit er ein gutes und klares Gespinst bekomme, denn wenn man ihn
dünner säet, wird er zwar groß und bekommet viel Kömer, aber das Gespinst davon kann hernach nicht
gut werden. Verlanget man aber grobes [Gespinst, Faserwerk], so kann man ihn dünne säen, denn so treibet
... die Krafft der Erde in die dicken Stengel, [so] daß grobe Tücher und Seil=Werck daraus zubereitet
werden können. "71
Nach der Aussaat, die am besten nach einem gelinden Regen erfolgte, wurde der Hanfsamen
gut in den Boden eingearbeitet, auf zuvor gepflügten Feldern mit der Egge, auf den mit der
Hacke oder dem Spaten umgegrabenen mit dem Rechen. Bis die gesamte Aussaat aufgegangen
war, musste das Hanffeld beaufsichtigt werden, damit diese nicht von Tauben und anderen
Vögeln gefressen wurde. Dann, während der Hanf heranwuchs, galt es das Abfressen der Jungpflanzen
durch Tiere zu verhindern. Später musste vorsichtig, damit die jungen Pflanzen nicht
zertreten wurden, Unkraut gejätet und schließlich bei großer Trockenheit gewässert oder gegossen
werden.72 „Wenn das Feld, worauf man Hanf bauet, mit Nahrungssäften wohl angefüllt,
die Erde locker und durch mancherley zu rechter Zeit vorgenommene Arbeiten wohl zubereitet
ist, so treibt dieses Gewächs 8 bis 9 Fuß [ 1 preußischer Fuß = 31,4 cm] hohe und im Durchmesser
5 bis 6 Lin. [1 preußische Linie = 2,18 mm] dicke Stängel."73 Für die Gegenden um
Herbolzheim, Kenzingen, Köndringen bis Emmendingen und Freiburg werden in der Mitte des
19. Jahrhunderts für den geschlossenen Bestand auf dem Hanffeld Wuchshöhen von 8-10 Fuß
und Stängeldurchmesser von 4-6 Linien, für einzeln stehende Pflanzen, besonders für Samenhanf
, 12 bis 16 Fuß Höhe und bis zu einem Zoll Durchmesser angegeben (1 bad. Zoll von 1810
= 10 Linien = 30 mm).74
Der Hanf als einjähriges, zweihäusiges Gewächs brachte nach der Aussaat männliche und
weibliche Pflanzen hervor. Im Widerspruch zu den tatsächlichen biologischen Gegebenheiten
und damit zu den in beiden Bezeichnungen steckenden Bedeutungssilben „*masc"- und
„*fem"- bezeichnete man - darauf weist u.a. die „Encyclopedie" hin - die männlichen, die
Staubbeutel ausbildenden Pflanzen als „chanvre femelle" (lat. femella, Weibchen), im Deutschen
Femel- oder Fimmelhanf, weil man sie aufgrund ihres dünneren, allerdings den Mastelhanf
um etwas übertreffenden Wuchses und ihres Absterbens nach der Bestäubung für die
schwächeren hielt, die kräftigeren weiblichen dagegen, die die Samenkörner ausbildeten, als
„chanvre male", Maskel- oder Mastelhanf. Eine zutreffende Naturbeobachtung zeigen dagegen
die im Deutschen ebenfalls gebräuchlichen Benennungen Hanfhahn für die bestäubende und
Hanfhenne für die samentragende Pflanze.75
Etwa 13 bis 14 Wochen nach der Aussaat war der Hanf reif zur Ernte. In vielen hanfbauenden
Gemeinden im Oberrheingebiet galt traditionell der Laurentiustag (10. August) als Datum
69 Encyclopedie (wie Anm. 8), S. 148.
70 Vogelmann (wie Anm. 31), S. 30.
71 Zedler (wie Anm. 22), Sp. 460; vgl. Krünitz (wie Anm. 7), 775f.
72 Encyclopedie (wie Anm.. 8), S. 148; Krünitz (wie Anm. 7), S. 776ff.
73 Krünitz (wie Anm. 7), S. 774.
74 Dosch (wie Anm. 1), S. 39; ähnlich Vogelmann (wie Anm. 31), S. 22, dort als Vergleichsmaß für die Stängel-
dicke bei kräftigen Pflanzen, die Stärke „des Daumens einer starken Mannshand". 1 badischer Zoll: Huggle/
Ohler (wie Anm. 58), S. 18.
75 Encyclopedie (wie Anm. 8), S. 184. Vgl. Zedler (wie Anm. 22), Sp. 460; Krünitz (wie Anm. 7), S. 780f.; Merck
(wie Anm. 56), S. 190; Grimm (wie Anm. 22), Bd. 10, Sp. 432 und 434.
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