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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
125.2006
Seite: 199
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tur". In regelmäßigen Abständen werden einzelne Abschnitte durch Grauraster hervorgehoben, ohne dass
deutlich wird, worin diese Hervorhebung jeweils ihren Grund hat. Es ist dem Verfasser gelungen, „die Entwicklung
des politischen Systems im Großherzogtum** fundiert und kompakt wiederzugeben (so definiert
er selbst S. 7 die Zielsetzung des Buches). Die geschichtliche Lebenswirklichkeit der Menschen im
Großherzogtum Baden konnte bei dieser Beschränkung indes kaum zum Vorschein kommen.

Wolfgang Hug

Claudius Heitz: Volksmissionen und badischer Katholizismus im 19. Jahrhundert (Forschungen zur
oberrheinischen Landesgeschichte 50). Verlag Karl Alber, Freiburg/München 2005. 456 S., Broschur.

Zwei Drittel der Bevölkerung des Großherzogtums Baden waren Katholiken. Dennoch wurde es im benachbarten
Elsass um 1840 als protestantischer Staat wahrgenommen: regiert von einem evangelischen
Landesherrn und verführt „durch die antikatholischen Doktrinen der berühmten Wessenberg, Reichlin-
Meldegg, Schreiber und Konsorten". Im Archiv zur Verbreitung des katholischen Glaubens (Oeuvre de la
Propagation de la Foi) in Lyon stieß Heitz auf diese Textstelle bei der Suche nach Material für seine Dissertation
über die Volksmission und den Katholizismus in Baden im 19. Jahrhundert. Insgesamt benützte
er 15 Archive: erzbischöfliche in Freiburg und Straßburg, staatliche in Freiburg und Karlsruhe, acht
Ordensarchive, eines davon in Rom, dazu die Pfarrarchive Bad Säckingen, Eschbach bei St. Peter und
Kirchzarten.

Das Zitat, das sich gegen Wessenberg und den im Geist der Aufklärung gebildeten badischen Klerus
richtet, stammt von 1846 und steht im Zusammenhang mit den „badischen Missionen", die in den 1840er-
Jahren in grenznahen elsässischen Orten wie Blodelsheim. Ottmarsheim und Fessenheim abgehalten wurden
. In Scharen strömten „Badenser und Schwarzwälder*' herbei, um 10 bis 12 Tage zu Herzen gehende
Frömmigkeit zu erleben und sich von packenden Predigten aufrütteln zu lassen - ein Votum gegen die gefühlsarme
und der Vernunft verpflichtete Religiosität, die daheim vorherrschte. 100.000 badische Katholiken
wurden zwischen 1841 und 1849 als Teilnehmer an Missionsveranstaltungen im Elsass gezählt; statistische
Ungenauigkeiten und die Mehrfachzählung wegen wiederholter Pilgerschaft abgerechnet, geht
Heitz von 20.000 Personen aus, die damals von elsässischen Missionaren erreicht wurden.

Der Autor deckt interessante Zusammenhänge zwischen der „badischen Mission** und der Gründung
der Redemptoristen-Niederlassung in Landser auf. auch solche finanzieller Natur in Gestalt eines Bauzuschusses
durch das oben erwähnte Glaubenswerk in Lyon. Als prägende Figur aus der Anfangszeit der badischen
Missionen stellt er den Hotzenwälder Bernhard Eckert vor, einen Laien, geboren 1794, der in der
Welt herumgekommen war und sich nach einem Bekehrungserlebnis in Spanien oder Italien berufen
fühlte, die religiösen Verhältnisse in seiner Heimat zu verbessern. 1839 trat er als Laienbruder einem Missionsorden
im Schweizer Kanton Graubünden bei, 1840 organisierte er eine Mission in Steinerberg, Kanton
Schwyz, zu der 200 badische Katholiken auf beschwerliche Weise anreisten. Ab 1842 wirkte Eckert
im Kloster Trois Epis im Elsass, das sich für die Badenmission geographisch besser eignete. Die badischen
Pfarrer sahen das „Auslaufen"' ihrer Pfarrkinder nicht gern. Dem Ordinariat meldeten sie auf Anfrage
die Zahl der Elsasspilger, die teilweise in die Hunderte ging. Etliche Ortspfarrer betonten, dass die
Pilger mehrheitlich Weibspersonen und die weniger Begüterten aus der Gemeinde seien, während die Veranstalter
Besucher jeden Geschlechts, Alters und Standes registrierten.

Heitz bezeichnet die systematische Mission der badischen Katholiken im Elsass während der 1840er-
Jahre als eines der merkwürdigsten Kapitel der oberrheinischen Kirchengeschichte. Er ordnet es in die
Auseinandersetzung zwischen Aufklärung und Ultramontanismus ein. Den breitesten Raum nimmt in seiner
Untersuchung die Zeit zwischen 1849 und 1872 ein. als in Baden selbst wieder Missionen abgehalten
werden durften, der damaligen Rechtslage entsprechend mit kirchlicher und staatlicher Genehmigung.
Unter dem Schock der Radikalität der Revolution von 1848/49 hatten sich Kirche und Staat vorübergehend
etwas angenähert. Ruhe und Ordnung wünschte sich die Regierung mit dem an die Macht zurückgekehrten
Großherzog, Religiosität und Sittlichkeit die Kirche, in der das ultramontane Element unter Erz-
bischof Hermann von Vicari an Einfluss gewonnen hatte. Auch Franz Joseph Büß, der Vorkämpfer des
politischen Katholizismus, hatte Anteil an dieser Entwicklung. Da Männerorden in Baden damals verboten
waren, kamen die Missionare aus Klöstern in anderen (deutschsprachigen) Ländern wie dem zu Frankreich
gehörigen Elsass. Bayern oder dem Rheinland, aus dem Ausland also, denn das Deutsche Reich war
noch nicht gegründet.

In einem 144 Seiten starken Anhang stellt Heitz eine für die Landesgeschichte wertvolle Material-

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