Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
126.2007
Seite: 138
(PDF, 57 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2007/0138
Lombardus und ihrer zeitgenössischen Interpretation durch Thomas Bricot wie sie Fischer
edierte. Fischer hat auch die klassischen Werke des Römischen Rechts publiziert, das an den
deutschen Universitäten eingeführt wurde.

Mit dem aus Italien stammenden Humanismus wurde in Deutschland ein neues Bildungssystem
etabliert.170 Im Studium der antiken Schriftsteller, Redner und Geschichtsschreiber sollten
die Menschen kultiviert und sittlich gebildet werden. Dieses humanistische Bildungsziel
sollte im Fächerkanon der Grammatik, Rhetorik, Geschichte, Poetik und Moralphilosophie verwirklicht
werden. Im Mittelpunkt des Studiums stand anstelle der Logik als Ausbildung des
menschlichen Denkens die Rhetorik als Führerin zur Weisheit. Damit vollzog sich ein Wechsel
von den philosophisch-naturwissenschaftlichen zu den philologischen Fächern. Die neuen
Bildungsziele wurden in die Universität integriert mit der Einrichtung einer „Humanistenlek-
tur", deren Schwerpunkt auf Poetik, Rhetorik und antiker Geschichte lag und die in Freiburg
Jakob Locher innehatte. Lochers Programm, das er im Brief an seinen Lehrer Johannes Vetter
darlegte, und seine humanistischen Werke bei Friedrich Riedrer geben Zeugnis vom Eindringen
des Humanismus in den Lehrbetrieb der Universität. „Humanisten, Literaten und Ästheten
, der Spätscholastik abhold und den Realitäten des Lebens zugewandt, fühlten sich als Exponenten
einer neuen Zeit."171 Auch wenn es zu einem Paradigmenwechsel und zu einer Akzentverschiebung
innerhalb des Bildungssystems kam, blieben jedoch weiterhin die Strukturen
des scholastischen Systems und ihre Inhalte erhalten.

Über die akademische Bildung der Eliten an den Universitäten hinaus wollte der Humanismus
als Lebensform auch den Bürger selbst ansprechen. Diese pädagogische Funktion erfüllte
Friedrich Riedrer mit seinem „Spiegel der wahren Rhetorik". In der Volkssprache vermittelte
er dem Bürger in seinem Alltag die Grundlagen der humanistischen Bildung. Der gleichen Aufgabe
diente auch sein lateinisches Lehrbuch „Es tu Scolaris", das gegen die „Dummheit", nämlich
gegen die Unkenntnis des Lateins als der Grundlage des Wissens zu Feld zog.

Auch im religiösen Leben des Spätmittelalters vollzog sich ein Wandel. Die Kirche bediente
sich schon früh des Buchdrucks und nützte mit dem Druck der Missalia (Messbücher), der lateinischen
Bibeln und der Breviere die Möglichkeiten der neuen Kunst. Diese Werke dienten
dem Klerus für den öffentlichen Gottesdienst in den Gemeinden und den Mönchen für das gemeinsam
verrichtete Stundengebet. Neben der Predigt wurde der Buchdruck zu einem wichtigen
Instrument der Glaubensverkündigung, zur „Propaganda fidei". In der Bewegung der „De-
votio moderna", einer ordensähnlichen Bewegung, wurde die persönliche und private Religiosität
des Laien angesprochen. Der Buchdruck wurde, wie die beiden Andachtsbilder aus der
Offizin Riedrers zeigen, zu einem Medium für die persönliche Meditation, zu einem inneren
Nachvollzug des Leidens Christi.

Medizin und Naturwissenschaften blieben, wie die Texte des Pesttraktats bestätigen, von der
Bildungsrevolution des Humanismus weitgehend ausgespart. Es blieb bei den Lehren und Rezepten
eines Galen und Hippokrates. Erst mit der Aufklärung und dem 19. Jahrhundert sollte
es hier zu einem Wandel kommen.

Der Buchdruck reflektierte nicht nur die Ideen der Zeit. Er trug selbst als ein wichtiges Kommunikationsmittel
zur ihrer Verbreitung bei. Die Scholastiker, vor allem aber die Humanisten,
die Kirche und die Mächtigen entdeckten und nutzten den Buchdruck als Herrschaftsinstrument
. Dazu hat auch der Freiburger Buchdruck entscheidend beigetragen. Die Bedeutung des
Freiburger Buchdrucks in der Inkunabelzeit für die Geistes- und Kulturgeschichte des Spätmittelalters
ist deshalb unbestreitbar.

170 Lewis W. Spitz: Humanismus/Humanismusforschung. In: Theologische Realenzyklopädie. Bd. 15. Berlin 1986,
S. 639-661; Reinhard (wie Anm. 132), S. 244-252.

171 Fuhrmann (wie Anm. 102), S. 31.

138


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2007/0138