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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
126.2007
Seite: 155
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wo Reinhanf (unrecht [fälschlicherweise] Rheinhanf), sowohl Strähn- als Spinnhanf mit Vortheil
commitiret wird". An der Verschiffung des Hanfs auf dem Rhein beteiligten sich beispielsweise
in Greffern (heute Gemeinde Rheinmünster, Kreis Rastatt) damals auch einheimische
Handels- und Schiffleute.23

Im ortenauischen, 1557-1701 und wieder 1771-1805 vorderösterreichischen Marktflecken
Achern spielte der Anbau von Hanf spätestens seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert eine bedeutende
Rolle, wie die aus den 1480 für Ober- und 1563 für Unterachern erlassenen Regelungen
zu Einrichtung, Betrieb und Eigentumsverhältnissen der Hanfrötzen oder -reesen sowie
der Benutzungsordnung für die Hanfpleueln aus dem Jahr 1580 zu ersehen ist.24 Ein Großteil
der Acherner Hanfproduktion wurde nach Württemberg, Bayern, dem Rheinland und nach
Holland ausgeführt. Um die Qualität ihres für den auswärtigen Verkauf bestimmten Hanfes zu
sichern, gaben sich die zunftmäßig organisierten Hänfer in beiden Orten im Jahr 1578 eine eigene
Ordnung. Sie regelte in erster Linie Fragen der Produktprüfung durch die bestellten Hanf-
fasser (Hanfprüfer) auf die Qualitätsstufe von Kaufmanns gut, welche ausschließlich zum Verkauf
gelangen sollte. Um die geprüfte Qualität des Acherner Hanfs zu dokumentieren und auf
auswärtigen Märkten unverwechselbar zu machen, sollten die Säcke, in denen die von den
Hanjfassern für gut befundene Ware verpackt wurde, mit dem Acherner Siegelzeichen, einem
halben Adler und dem halben österreichischen Bindenschild, gekennzeichnet werden. Zur Verhinderung
von Betrug mit den leeren Säcken sollten zusätzlich alle Vierteljahre Blechmarken
geprägt werden, auf denen ein lateinisches A für den Herkunftsort, die Jahreszahl sowie das jeweilige
, von 1 bis 4 durchnummerierte Jahresquartal eingeschlagen wurde.25 Anhaltspunkte für
die Bedeutung des Hanfanbaus und den Produktionsumfang in ausgesprochenen Hanfbaugemeinden
am Oberrhein in der frühen Neuzeit vermitteln, wenn auch als isolierte Einzelinformation
, die Angaben eines Gefällverzeichnisses aus der Zeit um 1520 für das bei Kehl gelegene
, neun Gemeinden umfassende hanau-lichtenbergische Amt Willstätt. Danach lässt sich
aus dem fälligen Hanfzehnten eine Jahresernte von 25 000-26 000 Schaub (Bund) Hanf errechnen
. Für das Jahr 1676 ergibt sich allein für den Flecken Hesselhurst (heute Ortsteil von
Willstätt) aufgrund der Einnahmen aus dem Hanfzehnten in Höhe von 2040 Schaub eine Jahresernte
von reichlich 20 000 Schaub Hanfstängel.26 Um 1540 lebten in Bühl, Oberweier, Vimbuch
und Oberbruch über 200 Familien vom Hanfbau.27

Das bedeutendste Zentrum der Hanfproduktion und vor allem -Verarbeitung ebenso wie des
Handels mit Hanf war in der Ortenau die 18 km Luftlinie nördlich von Kenzingen gelegenen
Stadt Lahr, die seit 1629 im Besitz der Grafen von Nassau war. Aus der Linie Nassau-Oranien
stammten bekanntlich die Statthalter, die die Niederlande im Freiheitskampf gegen Spanien geführt
hatten - durchaus denkbar, dass dieser Umstand zu den Verbindungen im Hanfhandel in
die Niederlande beigetragen hat. „Die vorzügliche Beschaffenheit der Böden in der vor Lahr
liegenden Ebene für den Anbau des damals wichtigsten Webstoffrohmaterials, des Hanfs, hat
den Lahrer Handel aus diesem Gegenstand entstehen lassen. Die Beobachtung, daß Kaufleute
aus dem unteren Hanauerland nach Lahr und Umgebung kamen, um Hanf und Zwilch [dop-
pelfädiges Gewebe] zu kaufen, verleitete die Lahrer, den Handel mit diesen Artikeln selbst an

23 Ludwig Uibel: Hanf rötzen in Lichtenau heißt auch, um Wasser kämpfen. In: Die Ortenau 81 (2001), S. 371-
398. hier S. 378. Das Zitat in Johann Karl Gottfried Jacobsson: Technologisches Wörterbuch oder alphabetische
Erklärung aller nützlichen mechanischen Künste, Manufakturen, Fabriken und Handwerker. Bd. 1-8. Berlin
-Stettin 1781-1795. hier Bd. 2. G-L (1782), Stichwort „Hanf, S. 209f.

24 Vgl. Teil I dieses Beitrags in: Schau-ins-Land 125 (2006), S. 73-102, hier S. lOOff.

25 Eugen Beck: Eine Acherner Hänferordnung vom Jahr 1578. In: Die Ortenau 33 (1953), S. 141-144; mit wortgenauem
Abdruck der einschlägigen Texte: Rainer Vogt: Die Hänferordnung von 1578 und der Hantbau in
Oberachern und Achern. In: Acherner Rückblicke 1 (2001), S. 32-46.

26 Schadt. Hanfanbau Hanauerland (wie Anm. 22), S. 149 und 150; Ders., Hanfanbau (wie Anm. 22), S. 265.

27 Hermann Baier: Wirtschaftsgeschichte der Ortenau. In: Die Ortenau 16 (1929), S. 217-286, hier S. 250.

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