http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2008/0113
Freiburg im Nationalsozialismus:
Eine Stadt gibt sich ein braunes Gesicht
Von
Ute Scherb
Als am Morgen des 6. März 1933 am Freiburger Rathaus die Hakenkreuzflagge gehisst wurde,
bedeutete dies ein Fanal: Von jetzt an hatte die NSDAP mit ihren braunen Helfershelfern in der
SA und anderen Organisationen das Sagen, und zwar nicht nur in Berlin, wo tags zuvor die
Reichstagswahl zwar nicht ganz so überzeugend wie erwartet, so doch reichlich „braun" ausgefallen
war, sondern auch in Freiburg, wo die NSDAP mit 35,8% zur stärksten Partei avancierte
. Obwohl hier noch nicht wirklich installiert, hissten die Nazis trotz des durch den noch
amtierenden demokratisch gewählten Zentrums-Oberbürgermeister Karl Bender ausgesprochenen
Verbots die Hakenkreuzfahne auf dem Balkon des Rathauses, also am zentralen Ort
kommunaler Machtausübung (Abb. I).1
Im Propagandarausch: Fahnen, Pappmache und Hakenkreuze
Wenn man kurz darauf in Freiburg durch die Straßen schlenderte, erst recht aber, wenn man
ein öffentliches Gebäude besuchte, stolperte man allerorten unversehens über die Zeichen der
„Neuen Zeit". Dies begann am Schwabentor, wo man im „Stürmerkasten" die neuesten
Hetzparolen gegen Jüdinnen und Juden nachlesen konnte (Abb. 2), setzte sich in der heutigen
Kaiser-Joseph-Straße fort, die in Adolf-Hitler-Straße umbenannt war,2 und führte zum neu erbauten
Gebäuden der Reichspost, wo das neue „Hoheitszeichen" - ein grimmig blickender
Reichsadler mit Eichenkranz und Hakenkreuz - prangte (Abb. 3). Auch die Innendekoration
des Rathauses, der Universität, der Sparkasse (Abb. 4), von Schulen und vielen anderen öffentlichen
Gebäuden war schon bald „gleichgeschaltet".
Im Dritten Reich hatte die Fahnenindustrie Hochkonjunktur, denn an NS-Feiertagen wurde
überall geflaggt, Girlanden wurden gewunden, hakenkreuzbewehrte Pylonen aufgestellt und
Parolenbanner gespannt (Abb. 5 und 6). Das „nationalsozialistische Feierjahr" begann mit dem
30. Januar, dem Tag der „Machtergreifung", setzte sich mit der Parteigründungsfeier am 24.
Februar, dem „Heldengedenktag" im Frühjahr, Hitlers Geburtstag am 20. April, dem inzwischen
als „Nationaler Feiertag des deutschen Volkes" propagierten 1. Mai, dem Muttertag, der
Sommersonnenwende im Juni, dem „Reichsparteitag" im September und dem Erntedanktag
Anfang Oktober fort, gipfelte im „Gedenktag für die Gefallenen der Bewegung" am 9. November
und fand in der Wintersonnenwende und der „Deutschen Weihnacht" seinen
1 Thomas Schnabel: Krise und Untergang der Weimarer Republik, in: Geschichte der Stadt Freiburg im Breisgau,
Bd. 3: Von der badischen Herrschaft bis zur Gegenwart, hg. von Heiko Haumann und Hans Schadek, Stuttgart
1992, S. 297-309, hier S. 303; Ulrich P. Ecker/Christiane Pfanz-Sponagel: Die Geschichte des Freiburger Gemeinderats
unter dem Nationalsozialismus (Stadt und Geschichte 21), Freiburg 2008, S. 14.
2 Vor 1933 hatte die heutige Kaiser-Joseph-Straße den Namen „Kaiserstraße" getragen.
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