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Im Frühjahr 1938, drei Monate nach dem Tod des ehemals kaiserlichen Generalstabschefs,
wurde dann die Merzhauserstraße in Ludendorffstraße umbenannt.100 Diese grenzt unmittelbar
an das „Heldenviertel", dessen elf Straßen im November 1934 nach neun „Helden" des Ersten
Weltkriegs sowie zwei inzwischen mythisch aufgeladenen Kriegsschauplätzen - Skagerrak und
Langemarck - benannt worden waren.101
Allerdings setzte man längst nicht alle Anregungen um, die aus den Reihen des Stadtrats,
von Interessengemeinschaften oder von Einzelpersonen eingereicht worden waren. Nach dem
Willen der NSDAP-Fraktion und Bürgermeister Hofners beispielsweise hätte eine Straße des
„Heldenviertels" den Namen eines hiesigen „Helden", des badischen Jagdfliegers Albert Dos-
senbach, tragen sollen. Dies scheiterte aber an der Anzahl der verfügbaren Straßen, die ansonsten
ausnahmslos reichsweit bekannten Persönlichkeiten oder Schauplätzen des Ersten Weltkriegs
gewidmet wurden.102
Neben den Straßenbenennungen nach Personen gab es auch solche nach Städten und Flüssen
, die politisch motiviert waren. Es ging in erster Linie darum, auf Orte zu verweisen, die seit
dem Versailler Vertrag nicht mehr zum Reichsgebiet gehörten und deren Rückführung gefordert
wurde beziehungsweise deren Wiedereingliederung soeben geglückt war. Neben einer Me-
mel- und einer Saarstraße103 benannte man, wie in vielen anderen deutschen Städten auch, Ende
1933 einen Platz nach einer damals aktuellen Forderung, die Danzig betraf. Vor der Johanneskirche
befand sich von nun an die „Danziger Freiheit". Heftig war darüber gestritten worden,
dem Platz am Siegesdenkmal diesen Namen zu geben. Allerdings hatte man schon damals Bedenken
, die Bezeichnung der Straßenbahnhaltestelle Siegesdenkmal abzuändern, und lehnte
den Vorschlag deshalb ab.104
Schlussbemerkung
Die Entnazifizierung des Stadtbildes setzte unmittelbar nach der Besetzung Freiburgs durch
französische Truppen am 21. April 1945 ein. Der zum kommissarischen Leiter der Stadtverwaltung
bestellte städtische Oberrechtsrat Max Keller nahm am 22. April seine Tätigkeit auf.
Eine seiner ersten Amtshandlungen bestand in der dringenden Anweisung an das Tiefbauamt
am 24. April, bis heute Abend 8 Uhr sämtliche Schilder, Fotos, Embleme mit Namen Hitler, Goebbels
, Göring etc [zu] beseitigen, ebenso noch vorhandene Werwolf-Inschriften.]Q5 Ein weiterer
Auftrag erging an das Hochbauamt, das entsprechend sämtliche in Stein gehauene Embleme zu
entfernen hatte - meist handelte es sich um Hakenkreuze und so genannte Hoheitszeichen.106
Und selbstverständlich wurden sofort alle noch vorhandenen Hitlerbilder und -Büsten abgeräumt
, sofern sie sich nach der Bombennacht vom 27. November 1944 überhaupt noch an
Ort und Stelle befanden. Bis auf wenige Ausnahmen waren die propagandistischen Spuren des
Dritten Reiches längst beseitigt, als der weiter im Amt befindliche Oberbaudirektor Joseph
Schlippe im Februar 1946 dem inzwischen amtierenden Oberbürgermeister Wolfgang Hoffmann
auf Anfrage mitteilte, in Freiburg befänden sich keine NS-Denkmäler mehr. Überhaupt
seien während des „Tausendjährigen Reiches" nur zwei aufgestellt worden. Zum einen handele
es sich dabei um eine Gedenktafel, die von OB Kerber anlässlich einer Straßenerweiterung ge-
■°° Sacksofsky an Kerber, 15.3.1938, in: Ebd.
101 Bei den „Helden" handelte es sich um Manfred von Richthofen, Max Immelmann, Oswald Boelcke, Otto Wed-
digen, Admiral Graf Spee, Max von Gallwitz und die Dichter Walter Flex, Gorch Fock und Hermann Löns. Vgl.
Ilgen (wie Anm. 86), S. 132-134.
'02 Vgl. ebd., S. 151 f.
«03 Stadtratsbeschluss, 27.2.1935, in: C4/XII729/5; Polizeidirektion an Kerber, 9.9.1937, in: StadtAF, C4/XII/30/1.
km Der Vorgang findet sich in: StadtAF, C4/XII/29/4.
105 Protokoll eines Telefonats von Keller mit Baurat Schneider, Tiefbauamt, 24.4.1945, in: StadtAF, C5/3368.
106 Keller an Hochbauamt, 26.4.1945, in: StadtAF, D.Ga 5/4.
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