http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2008/0166
Die Meldung des Absturzes der NG200 erfolgte jedoch nicht an die zum Zeitpunkt des Absturzes
am Freiburger Flughafen stationierte, nur etwa einen Kilometer entfernte nächstgelegene
Fliegerhorstkommandantur E(v)211/XII. Die erste nachweisbare Abschussmeldung
stammt vielmehr von der Fliegerhorstkommandantur A7/VII und ist mit dem Datum 4. Dezember
1944, sieben Tage nach dem Ereignis, versehen. Dieses Dokument wurde von den Alliierten
im „Dulag Luft" in Wetzlar (Verteilungslager des Durchgangslagers Luft in Oberursel)
beschlagnahmt. Es enthält den Hinweis auf den Bestattungstermin 3. Dezember 1944 und neben
anderen technischen Informationen die Namen von vier toten Soldaten, T. D. Ingle, W. S.
Evans, H. Jackson und G. A. Barrett. Ein Soldat wurde als unbekannter Toter bezeichnet. Es
war nach jetziger Kenntnis der Pilot R. L. Strachan. Diese fünf Soldaten wurden neben dem
Jüdischen Friedhof in einem Bombentrichter bestattet. Das Dokument trägt weder Unterschrift
noch eine Ortsbezeichnung der ausstellenden Kommandantur, liegt im Archiv der RAF,
Ministry of Defence, Bentley Priory, Historical Brauch 2 im Burial File der Mannschaft der
NG200 und wurde nicht zur Kopie freigegeben.28 Zum Erstellungszeitpunkt dieser Abschussmeldung
befand sich die Fliegerhorstkommandantur A7/VII mit großer Wahrscheinlichkeit
nicht mehr auf dem Freiburger Flugplatz. Der Standort dieser Fliegerhorstkommandantur wird
zu dieser Zeit mit „im Raum Luftgaukommando VII"29 angegeben. Es ist jedoch anzunehmen,
dass diese Kommandantur in der Nähe des Absturzortes war und tätig wurde. Zeuge E befragte
F.S. und berichtet:30
Ich sprach mit Nachbar F.S. Jg. 1930, eingesessener Freiburger. Dieser bestätigte den Abschuss, allerdings
in Zähringen, Freiburg Nord, Nähe Flugplatz. (...) Er wisse das insofern ganz genau, da in seinem
Haus ein deutscher Leutnant einquartiert war, der nach dem Angriff ausrückte, die abgesprungenen Briten
gefangen zu nehmen. Es wären derer offenbar mindestens zwei Mann gewesen, der Pilot sei tot am Steuer
gesessen. Nach diesem Einsatz habe der Leutnant die Verpackung der eisernen Ration, allerdings leer,
mitgebracht und F.S. geschenkt. Bemerkenswert sei die Kunststoffverpackung, in Deutschland noch
unbekannt, und die dem Körper angepasste Form. FS. hat dieses Relikt bis vor einigen Jahren aufbewahrt
gehabt.
Dass es sich bei der A7/VH um eine frei bewegliche Kommandantur gehandelt hat, die die
Abschussmeldung der NG200 auf einfachem Papier ohne Formularcharakter verfasste, ist
aufgrund der nicht vorhandenen Unterschrift und Ortsangabe ziemlich sicher. Auch eine
irgendwie geartete Kontaktaufnahme dieser Meldestelle mit den Behörden oder der Luftwaffe
in der Stadt Freiburg ist offenbar nicht erfolgt. Jedenfalls handelte es sich um eine Einheit, die
genau wusste, was den militärischen Vorschriften entsprach. Ihre Abschussmeldung und die
Mitteilung von „Feindbrüchen" erreichte die vorgeschriebene Meldestelle „Dulag Luft" und
wurde in der Zentralkartei und Meldestelle registriert.
Die Kommandantur A7/VII war vor dem Absturz der NG200 von März bis Juli 1944, zusätzlich
zu der Kommandantur E(v)211/XI1, auf dem Flughafen Freiburg stationiert und damit
mit dem örtlichen, militärischen und politischen Umfeld sicher vertraut. Die Handlungsfreiheit
dieser Kommandantur ließ auch eine geheime Bestattung von fünf Besatzungsmitgliedern der
abgestürzten Lancaster zu. Aus einem weiteren von den Alliierten beschlagnahmten deutschen
28 Schreiben vom 1.2.2006, Air Historical Branch (wie Anm. 6), S. 1.
29 Gianfranco Mattiello: Fliegerhorstkommandanturen und Flugplätze der deutschen Luftwaffe 1935-1945.
Einsatzorte und Einsatzzeiten, Osnabrück 2000. S. 77.
30 Schreiben vom 27.1.2004 des Zeugen E an den Autor.
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