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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2009/0024
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(media vita in morte sumus) sollten nach Art einer bildhaften Bußpredigt ins Bewusstsein rufen,
dass nur ein gottgefälliges Leben den Menschen vor Hölle und Purgatorium bewahren
kann.

In diesen Totentänzen war die bildhafte Darstellung wichtiger als die in der Regel hinzugefügten
Begleitverse. Das Motiv des Tanzes wurde ins Bild gebracht durch Tanzformationen,
narrenhaftes Springen des Todes und die von ihm benutzten Musikinstrumente. Durch den Tanz
des Menschen mit dem Todesgerippe sollten die widersprechenden Gefühle von Lebenslust
und Todesangst ausgedrückt werden.

Der Totentanz war zumindest in der Anfangszeit noch kein offizielles kirchliches Thema;
deshalb sind die frühesten Darstellungen auch nicht innerhalb von Kirchen anzutreffen, sondern
an Friedhofsmauern und Kreuzgängen sowie an den Wänden von Beinhäusern. Diese
Wandgemälde und alle anderen ortsgebundenen Darstellungen werden als monumentale
Totentänze bezeichnet - im Gegensatz zu den Totentänzen in Handschriften und in der Druckgrafik
.

IL Verbreitung

Die wohl älteste überlieferte Darstellung eines Totentanzes auf einem Wandgemälde ist die
„Danse macabre", die 1424 auf die Friedhofsmauer des ehemaligen Franziskanerklosters Aux
Saints Innocents in Paris gemalt wurde.7 Dieser Totentanz diente in der Folgezeit vor allem
wegen seiner in Buchform verbreiteten Bilder auch außerhalb Frankreichs als Anregung und
Vorbild für weitere Darstellungen und soll deshalb hier kurz beschrieben werden.

Der Friedhof (heute Place de la Fontaine des Innocents an der Rue de la Ferronnerie) war
umschlossen von Arkadengängen, die als Beinhaus dienten. Auf den Rückwänden der südlichen
Arkaden befanden sich die Fresken mit etwa 30 Tanzpaaren, bei denen der personifizierte
Tod jeweils einem Vertreter der mittelalterlichen Stände entgegentrat. Obwohl die Wandgemälde
schon 1529 zerstört wurden, konnten die einzelnen Szenen des Totentanzes aus dem
bereits 1485 von dem Pariser Drucker Guyot Marchant emittierten Zyklus „Danse macabre"?
einer Holzschnittfolge nach dem Vorbild des Totentanzes Aux Innocents und den zugehörigen
Dialogversen, rekonstruiert werden. Die zweite Auflage von 1486 enthielt zehn zusätzliche
Darstellungen. 1487 erschien „La Danse des femmes",9 eine Holzschnittfolge von 34 Frauen,
weitgehend dem Männerzyklus entsprechend. Zu Beginn der Bilderfolge ist der Autor in
Gestalt eines Mönchs am Schreibpult dargestellt. Unter jeder Szene sind die Anrede des Todes
und die Antwort des Todgeweihten in achtzeiligen französischen Versen beigefügt, in späteren
Darstellungen begleitet von lateinischen Vado-mori-Vtxstn über jedem Bild. Die im 16. Jahrhundert
folgenden weiteren Ausgaben, insbesondere von Nicolas le Rouge aus Troyes und
Jehan Trepperei aus Paris,10 sind bereits von geringerer Qualität.

Noch ein weiterer französischer Totentanz muss in diesem Zusammenhang erwähnt werden:
In der früheren Abteikirche Saint-Robert de La Chaise-Dieu/Auvergne ist eine „Danse macabre
" aus der Zeit um 1435 als Fragment erhalten geblieben.11 Auf drei Wandgemälden an der

7 Wunderlich (wie Anm. 1), S. 17ff.; Kaiser (wie Anm. 1), S. 70 ff.; Hammerstein (wie Anm. 6), S. 167ff.

8 Guyot Marchant: La Danse macabre, Paris 1925; Utzinger/Utzinger (wie Anm. 6), S. 140ff.; Hammerstein
(wie Anm. 6), S. 171ff.

9 Patrick Layet: La Danse macabre des Hommes, in: Frey (wie Anm. 6), S. 27ff.; Patrick Layet: La Danse macabre
des Femmes, in: Frey (wie Anm. 6), S. 43 ff.; Hammerstein (wie Anm. 6), S. 177 und 179f.

10 Willy Rotzler: Die Begegnung der drei Lebenden und der drei Toten - Ein Beitrag zur Forschung über die mittelalterlichen
Vergänglichkeitsdarstellungen, Winterthur 1961, S. 201; Hammerstein (wie Anm. 6), S. 175.

11 Utzinger/Utzinger (wie Anm. 6), S. 127f.; Hammerstein (wie Anm. 6), S. 162ff.; Yves Bonnefoy: Peintures
murales de la France gothique, Paris 1954, S. 30f. mit Abb. 84-91.

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