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wurde 1529 im Zuge der Reformation aufgehoben und gelangte in das Eigentum der Stadt
Basel, die damit auch die Obhutspflicht zu tragen hatte. Die 1269 durch Albertus Magnus
geweihte Klosterkirche dient seit 1877 als Altkatholische („Christkatholische") Kirche.
Der Friedhof lag zwischen dem Petersgraben, der Predigerkirche, den Häusern am Predi-
gergässlein und der Straße zur St. Johannsvorstadt. Heute ist der Platz im Basler Stadtplan
als „Totentanz" eingetragen.
Der Predigertotentanz war in Temperafarben auf den Verputz der zum Rhein hin gelegenen
etwa 60 m langen Friedhofsmauer gemalt. Er stellte den Tanz des personifizierten
Todes mit 37 Figuren aus der ständischen Gesellschaft dar. Die Bildfolge muss nach dem
Pestsommer 1439, also noch während des in Basel tagenden Konzils entstanden sein. Weder
über die Umstände der Entstehung noch über Auftraggeber und Künstler liegen zuverlässige
Nachrichten vor. Es wird vermutet, dass dem Künstler das ikonografische Programm
aus Kirchenkreisen, vielleicht von den Basler Dominikanern vorgegeben worden
ist. Die zunächst versuchten Zuschreibungen des Wandgemäldes an Konrad Witz oder
Hans Holbein d. J. haben sich als nicht haltbar erwiesen.
Bereits 1649 berichtet Matthäus Merian begeistert über dieses Totentanzgemälde seiner
Heimatstadt, das von einem der besten Maler stamme, dessen Namen man aber nicht
kenne: ... massen es noch heutigen tags von allerhand Nationen und Standes durchrey-
senden Personen mit sonderbahrem Lust und Begierde zu Basel an seinem Orth angesehen
unnd beystehende Rhythmi gelesen werden. Für die Vermutung Merians, der Totentanz
sei eine Stiftung der Konzilsväter, gibt es allerdings keinen Nachweis. Noch heute
gilt der Basler Totentanz als der berühmteste monumentale Totentanz des deutschsprachigen
Raums.
Die etwa lebensgroßen Figuren auf der Innenseite des Laienfriedhofs waren durch Vordach
und Eisengitter einigermaßen geschützt. Über den einzelnen Bildern stand ursprünglich
eine Beschreibung in vierzeiligen Versen. Nach der Restaurierung von 1658
wurde die Beschriftung dann auf Holztafeln unter den Bildern angebracht. Bei einem Vergleich
dieser Bildtexte mit dem „Vierzeiligen Oberdeutschen Totentanz" von 1443 (mit
den ursprünglich nur lateinischen Versen aus dem 14. Jahrhundert) ist festgestellt worden,
dass die Basler Verse den Oberdeutschen Totentanz voraussetzen und dass die Tanzpaare
von ursprünglich 24 in Basel um Schultheiß, Vogt, Blinder, Waldbruder, Jüngling, Wucherer
, Jungfrau, Pfeifer, Herold, Narr, Begine, Jude, Heide und Heidin erweitert wurden.
Die von links nach rechts verlaufende Bilderfolge konnte nach den erhaltenen Kopien
weitgehend rekonstruiert werden. Zu Beginn predigt ein Dominikaner auf seiner Kanzel
vor Vertretern des geistlichen Standes, des Adels und des Bürgerstandes. Daneben spielen
zwei als Hautskelette dargestellte tote Männer vor einem Beinhaus mit Pfeife, Längstrompete
sowie Trommel zum Tanz auf und symbolisieren Disharmonie, Chaos sowie ungezügelte
Sexualität. Beide erwarten offensichtlich den langen Zug der von rechts herantanzenden
37 Paare. Es sind die durch ihre Kleidung, Insignien und Attribute kenntlich
gemachten Vertreter aus den gesellschaftlichen Ständen der Entstehungszeit, die jeweils
von einem Skelett zum Tanz oder wenigstens zum Mitgehen aufgefordert werden. In einer
teils systematischen und teils willkürlichen Ordnung werden dargestellt: Papst, Kaiser
(Abb. 2), Kaiserin, König, Königin, Kardinal, Bischof, Herzog, Herzogin, Graf, Abt, Ritter
, Jurist, Ratsherr, Chorherr, Arzt, Edelmann, Edelfrau, Kaufmann, Äbtissin, Krüppel,
Waldbruder, Jüngling, Wucherer, Jungfrau, Spielmann, Herold, Schultheiß, Fronvogt,
Narr, Krämer, Blinder, Jude, Jüdin, Heide, Heidin, Koch und Bauer. Der Tod tritt auf als
Skelett, das zum Teil noch mit Haut und Haaren bedeckt ist und aus dessen Bauchhöhle
Schlangen und Würmer kriechen. Im Bild der Königin ist der Tod als Frau dargestellt und
beim Wucherer als „Schwarzer Tod", der die Pest bringt. Bei der Darstellung des Herold
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