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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2009/0041
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IL Totentanz in Kientzheim / Departement Haut-Rhin (ca. 1517) und im benachbarten
Ammerschwihr (Anfang 16. Jahrhundert)46

An der Außenmauer des Friedhofs neben der Oberen Kirche in Kientzheim (bei Kay-
sersberg) befand sich früher ein Totentanz mit Predigerszene, Beinhausmusik und 25
Tanzpaaren in der gewohnten ständischen Ordnung. Zur Zeit der französischen Revolution
wurde die Malerei überstrichen und im 19. Jahrhundert die ganze Mauer abgerissen.
Dank einer zeitgenössischen Handschrift mit recht genauer Beschreibung der Szenen und
mit dem Text der begleitenden Verse sind wichtige Einzelheiten bis heute bekannt. Aufgrund
der im Text vorkommenden Jahreszahl wird dieser Zyklus auf das Jahr 1517 datiert
.

Da in der Handschrift die Bewegungen der Tanzpaare, die Attribute der Tänzer und die
Farbgebung minutiös beschrieben werden, muss es sich bei diesem Totentanz um ein qualitätvolles
Werk gehandelt haben, das Anklänge an die etwa gleichzeitigen Bilder von Nikiaus
Manuel Deutsch verrät, aber wegen der vom Tod benutzten Musikinstrumente auch
an den Heidelberger Totentanz von 1485/88 erinnert. Die Tanzpaare traten in folgender
Reihenfolge auf: Papst, Kaiser, Kardinal, Kaiserin, König, Bischof, Herzog, Graf, Abt,
Ritter, Pfarrer, Arzt, Mönch, Schultheiß, Ratsherr, Stadtschreiber, Bürgerin, Waldbruder,
Wucherer, Handwerksmann, Bauer, Landsknecht, Jüngling, Jungfrau und Kind.

Die überlieferten Texte des Totentanzes enthalten einige Hinweise auf den Großbasier
Totentanz und den Heidelberger Totentanz. Der vierzeilige Eingangsvers und die acht-
zeiligen Ständeverse waren im elsässischen Dialekt geschrieben. Wortwahl und Ausdrucksweise
sind ständekritischer geworden als die Verse des 15. Jahrhunderts. Mitunter
nimmt der Text auch Bezug auf das begleitende Bild.

Nur etwa 2 km südlich von Kientzheim liegt Ammerschwihr, wo sich nach der örtlichen
Überlieferung Anfang des 16. Jahrhunderts ein Totentanz befunden haben soll, und
zwar in der Nähe des Kirchhofs oder am Beinhaus, der ehemaligen Barbarakapelle. Davon
sind aber weder Szenenfolge und Text noch der Künstler bekannt; es wurden auch
keine Reste gefunden.47

12. Totentanz in Wil / Kanton St. Gallen (ca. 1522)48

Zu der ehemaligen Marienkapelle auf dem Friedhof von St. Peter in Wil gehörte ursprünglich
auch ein Beinhaus, an dessen Nord- und Westwand ein Totentanz aufgemalt
war. Dieses Wandgemälde befand sich auf der oberen Wandhälfte unter der ursprünglichen
Flachdecke. Bei der späteren Einwölbung wurden die Malereien stark beschädigt
und dann beim Abriss des Beinhauses vollkommen zerstört. Vorher hatte man die erkennbaren
Reste abgezeichnet und beschrieben, insbesondere die Szenen mit Chorherr,
Arzt, Bettler, Koch, Bauer, Mutter und Kind. Wahrscheinlich handelte es sich um einen
Totentanz mit Beinhausszene und 24 Tanzpaaren aus der Zeit um 1524. Die Skizzen befinden
sich heute im Historischen Museum St. Gallen.

46 Bruno Stehle: Der Totentanz von Kienzheim im Ober-Elsass, Straßburg 1899; Lefftz (wie Anm. 41), S. 325;
Sörries (wie Anm. 6), S. 103f.; Utzinger/Utzinger (wie Anm. 6), S. 156; Hammerstein (wie Anm. 6), S. 212ff.

47 Sörries (wie Anm. 6), S. 103f.; Lefftz (wie Anm. 41), S. 325; August Scherlen: Geschichte der ehemals
reichsunmittelbaren Stadt Ammerschweier, Colmar 1914, S. 151, mit einer vagen Ortsbeschreibung.

48 Sörries (wie Anm. 6), S. 105; Schulte (wie Anm. 1), S. 179; Hammerstein (wie Anm. 6), S. 192; Wilhelm
Ludwig Schreiber: Die Totentänze, in: Zeitschrift für Bücherfreunde 2 (1888/89), S. 331; Rahn (wie Anm. 25),
S. 197ff. Vgl. hierzu auch Kapitel III, Nr. 10.

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