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(1805) darauf gehofft, mit Repliken der einzelnen Szenen des weithin bekannten Großbasier
Totentanzes ein gutes Geschäft zu machen, und veranlasste deshalb Anton Sohn,
eine Figurenserie anzufertigen nach den Vorlagen des Basler Karikaturisten Hieronymus
Hess, der sich an die Kupferstichserie von Matthäus Merian hielt. Diese halbplastischen,
handbemalten Terrakotta-Figuren erreichten bald internationale Anerkennung. Die bis zu
15 cm hohen Paare bewegen sich in ihrem letzten Tanz noch „lebendiger" als auf den
Wandgemälden von 1440 und auf den Kupferstichen von Merian.
Eine der heute bekannten 14 Figurenserien und die originalen Model werden im Stadtmuseum
Stockach aufbewahrt, sind aber auch im Konstanzer Rosengartenmuseum, im
Kornhausmuseum Bad Waldsee und in anderen Museen zu besichtigen. Außerdem besitzt
das Museum für Sepulkralkultur in Kassel seit einigen Jahren eine vollständige und handwerklich
sehr gut gestaltete Serie mit der Besonderheit, dass die Totentanztexte in englischer
Sprache abgefasst sind.
41. Totentanz von Rheinfelden-Herten (1887)77
In Herten, heute Stadtteil von Rheinfelden, hat Dominik Weber 1887 in der Kapelle
Maria Schnee neben dem Friedhof die Wandmalerei mit einem Totentanz geschaffen. Die
12 Tanzpaare sind dem Freiburger Totentanz nachempfunden, der 1856 ebenfalls von
Dominik Weber restauriert worden war. Das gilt auch für die Begleitverse. Kleidung und
Attribute der dargestellten Personen entsprechen der Malweise des späten 19. Jahrhunderts
. Die Wandbilder wurden 2008 durch den Freiburger Restaurator Eberhard Grether
restauriert.
V. Fazit
Mit der gebotenen Zurückhaltung gegenüber Verallgemeinerungen lässt sich im Anschluss an
diese Übersicht mit Beschreibung und Einordnung der Totentänze des alemannischen Raumes
festhalten, dass „Sterbekunst und Totentanz ... Themen [sind], deren literarische und künstlerische
Ausformungen das moderne populäre Bild des Spätmittelalters in besonderem Maße geprägt
haben".78 Der Totentanz ist ikonografisch eine spezielle Darstellung der Begegnung des
Todes mit dem Menschen, die seit Mitte des 15. Jahrhunderts u.a. im alemannischen Sprachgebiet
vielfach anzutreffen ist.
In der Anfangszeit (ca. 1440) tanzt der Tod in einem Reigen, einem Tanz oder Gruppentanz
mit den nach Standeskategorien geordneten Menschen, von den Künstlern meistens als monumentale
Wandmalerei ausgeführt. Seit Entstehung der „Bilder des Todes" von Hans Holbein
d. J. (1526) ist aus dem Tanz in Form eines Reigens oder einer Prozession eine Begegnung geworden
: Der individualisierte Tod nähert sich einer Einzelperson und überrascht sie bei einer
typischen Beschäftigung in ihrem täglichen Leben; das vom Tod angekündigte Lebensende hat
zwar seinen Schrecken nicht verloren, wird aber in Würde angenommen; es vollzieht sich
gleichsam eine Humanisierung des Todes. Beinahe zur gleichen Zeit gibt es auch einen Wechsel
in dem hauptsächlich verwendeten Medium: An die Stelle des monumentalen Wandgemäldes
tritt nach und nach das gedruckte Buch mit jeweils einer Darstellung von Tod und Mensch
auf einer Buchseite, regelmäßig begleitet von Dialogversen. In den folgenden Epochen gesellt
77 Sibylle Rohdich: Der Hertener Totentanz, in: Das Markgräflerland 1/2007, S. 28 ff.; Sörries (wie Anm. 6),
S. 277ff.; Johannes Helm: Die existierenden, verschwundenen und aufgegebenen Kirchen und Kapellen im
Markgräflerland und in den angrenzenden Gebieten des ehemals vorderösterreichischen Breisgaues sowie des
hochstiftbaselischen Amtes Schliengen - Versuch einer bau- und kunstgeschichtlichen Bestandsaufnahme, Müllheim
1986, S. 270ff.
78 Palmer (wie Anm. 2), S. 313.
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