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bringen könnten. Diese Behauptungen wollten die Bauern nicht auf sich sitzen lassen und wanden
sich an einen Anwalt, der ein Gegengutachten erstellte. Nun lag es an der vorderösterreichischen
Regierung, ein Urteil zu fällen. Scheinbar fand der Abt mit seinen Argumenten
Gehör, denn Andreas Schwär erhielt letztendlich keine Wirtschaftsgerechtigkeit.17
Aufgrund des Mangels an Verleihungsurkunden können für die alten Gasthäuser im Glottertal
keine Aussagen über den Inhalt dieser Wirtschaftsgerechtigkeiten gemacht werden. Nichtsdestotrotz
galten auch für sie allgemeine Regeln, an die sich Wirte und Besucher zu halten hatten
. Schon im Dingrodel von 1456 waren entsprechende Bestimmungen festgelegt: Der Wirt
musste einen Eid schwören und das Gasthaus ein ganzes Jahr betreiben. Alle Gäste sollten
gleich behandelt werden, egal ob reich oder arm, und sie sollten alle auf das Beste versorgt werden
. Ganz allgemein galten, das Verbot, den Wein zu fälschen, und das Gebot, geeichte Maße
zu verwenden. Der Wirt war verpflichtet, Frevel oder Unrecht, die in seinem Haus geschahen,
bei der Obrigkeit zu melden. Die Befragung der Einwohner von Unterglottertal im Jahre 1658
zeigt, dass diese Forderungen nicht unbegründet waren. Die Bewohner beklagten sich über den
bisherigen Wirt Gallus Hagner und warfen ihm vor, dass er gegenüber Gästen, die ihm nicht
gefielen, gewalttätig sei: die einen hasst er, die anderen liebt er.ls Auch die drei Tagelöhner
oder Holzmacher, die sich 1785 in Heuweiler um eine Tavernengerechtigkeit bewarben, erfüllten
in den Augen der Amtleute diese Anforderungen nicht: Die Bauern seien dafür viel besser
geeignet, da sie geräumigere Gelegenheit zum Wirten haben und bei selben bessere Zucht
und Ordnung eingeführt ist.19
Abschließend bleibt anzumerken, dass der Wirt in Wildtal neben den auferlegten Pflichten
eine besondere Befugnis erhielt: Der Vogt übergab ihm einen Stab, mit dem er bei Streitigkeiten
oder Händel Frieden stiften sollte. Bekannt ist auch, dass - außer im Dorf Rohr - die großen
Zehrungen bei Anlässen wie Hochzeit und Kindstaufen im Wirtshaus der jeweiligen Vogtei eingenommen
werden mussten.
Die Existenzgrundlagen des Gastwirtschaftsbetriebs
Die grundsätzliche Bereitschaft der Dorfbewohner, den Feierabend und die Festtage bei einem
Glas Wein im Wirtshaus zu verbringen, reichte als Existenzgrundlage für einen kontinuierlichen
Betrieb eines Gasthauses nicht aus. Weitere Dienstleistungen mussten hinzukommen,
um ein ausreichendes Einkommen zu gewährleisten. Hierzu gehörte das Anbieten von Speisen
und Übernachtungsmöglichkeiten für Reisende.
Die Zahl der Reisenden dürfte um 1500 durchaus nennenswert gewesen sein, da die Straße
durch das Glottertal einer der Zugangswege zur Überquerung des Schwarzwaldes war und ihr
somit überregionale Bedeutung zukam. Dies beweist nicht zuletzt die Verfällung der Straße im
Glottertal durch die Stadt Freiburg 1544.20 Die Straße hatte offenbar die von der Breisgaumetropole
unerwünschte Funktion einer Umgehungsstraße, eines sogenannten Biweges, auf der
Händler die lästigen Zollstellen der Stadt im Dreisamtal und an der Wagensteigstraße auf dem
Weg nach Schwaben vermeiden konnten. Hätten Kaufleute und Reisende nicht bevorzugt diese
Route gewählt, hätte die Stadt Freiburg sicher kein Interesse gehabt, den Verkehr auf dieser
Straße massiv zu behindern. Die Verfällung dürfte somit den Zweck gehabt haben, den Verkehr
auf die von der Stadt kontrollierte Wagensteig- bzw. Höllentalstraße umzuleiten. Sie änderte
jedoch nichts daran, dass zumindest ein regionaler Verkehr weiterhin das Tal benutzte. Wir
hören von dem Zug der Metzger und Viehhändler. Auch für die Versorgung des Klosters St. Pe-
!7 GLA, 229/90972.
!8 GLA, 229/32085b.
!9 GLA, 229/43197.
20 Kreisbeschreibung Freiburg (wie Anm. 6), S. 371.
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