http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2009/0102
I
bauern die Abgaben für mehrere Jahre nachgesehen. Nachdem die Schanze 1744 zerstört worden
war, befänden sich die zum Rheinsberg gehörigen Güter wieder in gutem Zustand. Deshalb
könne und müsse die Gemeinde Rippolingen die Abgaben und Monatsgelder vom Rheinberger
Hof wieder verlangen.16 Der Abgabenerlass konnte den Verlust der Wirtschaftsflächen
jedoch nicht ausgleichen. Die Existenzgrundlage war derart eingeengt, dass der Betrieb nicht
mehr weitergeführt werden konnte. Auch am Hohlengraben sahen die Bauern ihre Existenz
durch die Schanzen bedroht. Dort kam es zudem zu einer kleinräumigen Verlegung der Straße.
Während die Linien noch sichtbare Befunde der Landschaftsgestaltung sind, müssen eine
Reihe weiterer, lediglich durch historische Quellen belegte Einflüsse berücksichtigt werden.
Durch die Schanzarbeiten und Spanndienste fehlten Arbeitskräfte in der Landwirtschaft. Die
durchziehenden oder stationierten Soldaten belasteten die Landschaft und ihre Bewohner daneben
vor allem durch ihren Bedarf an Lebensmitteln und Verbrauchsgütern. Auch der Holzverbrauch
der Linien bedeutete eine Belastung für die Anrainer, insbesondere da sich seit den
1690er-Jahren ein intensiver Holzhandel mit den Niederlanden entwickelte.17 Gerade bei dieser
Thematik ist die Kooperation von Archäologie, Historischer Geografie und Landesgeschichte
gefragt.
Weitere Zeitzeugen der Auseinandersetzungen
Neben den Feldbefestigungen sind weitere archäologisch-historische Quellen überliefert, die
bisher kaum berücksichtigt wurden. Einige Kleindenkmale im Zusammenhang mit den Linien
und den Auseinandersetzungen des Barock sind in bzw. an Kirchen erhalten geblieben, die zusammen
mit den Kirchenbüchern bisher nicht ausgewertete Quellen darstellen. Gleiches gilt
für die Münzschätze des 17./18. Jahrhunderts, die noch nicht im historischen Kontext behandelt
wurden, z.B. Philippsburg, Bosberg-Schweigern, Öschelbronn-Herrenberg oder Höchstberg
. Im Folgenden werden einige Sakralbauten bzw. Kleindenkmale herausgegriffen.
Zu nennen sind zunächst Epitaphien und Grabsteine. Das ca. 2,20 m hohe und 0,75 m breite
Epitaph des am 5. Januar 1676 verstorbenen Elias Gumpp ist im südlichen Teil der Westmauer
der Kirche St. Remigius in Bräunlingen eingelassen. In einem gesprengten Dreiecksgiebel auf
Pilastern befindet sich ein Totenkopf auf zwei gekreuzten Langknochen. Auf dem Kopf steht
eine geflügelte Sanduhr. Unter dem Totenkopf ragen hinter einer Festungsfront Schaufel und
Hacke hervor. Es folgt ein Karniesgesims, d.h. eine konkav-konvexe/s-förmige Profilform, auf
dessen Unterseite sich ein lateinischer Spruch befindet, der wohl direkten Bezug auf das Festungswerk
darüber nimmt:
MORS MONUMENTUM
INEXPUGNABILE
Das Gesims wird von Pilastern getragen, auf deren Schäften Hängefrüchte dargestellt sind. Direkt
unter der lateinischen Inschrift sind zwei gekreuzte Kanonen, Ladestock, Büchse, Fahne
und Trommel im Flachrelief dargestellt, die Elias Gumpp als Angehörigen der Artillerie kennzeichnen
. Gerahmt von den Pilastern folgt unter zwei Puttenköpfen mit Flügeln das Stamm-
16 Ludwig Döbele: Geschichte von Murg am Hochrhein, Murg 1960, S. 107.
17 Vgl. Joseph Ludolf Wohleb: Die Sicherung der Heerstraßen des Südschwarzwaldes im siebzehnten Jahrhundert
, in: ZGO 56 (1943), S. 398-450, hier S. 399; zum Holzhandel: Dietrich Ebeling: Der Holländer Holzhandel
in den Rheinlanden. Zu den Handelsbeziehungen zwischen den Niederlanden und dem westlichen Deutschland
im 17. und 18. Jahrhundert (Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Beiheft 101), Stuttgart
1992, bes. S. 37-44 und 55; Max Scheifele: Schwarzwälder Holzkönige als Industriepioniere im
18. Jahrhundert. Lebensbilder aus der Wirtschaftsgeschichte des Nordschwarzwaldes, in: ZGO 144 (1996),
S. 301-314, hierS. 301f.
102
i
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2009/0102