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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2009/0110
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Hintergrund vermittelt. Das Gesamtprojekt wurde der Öffentlichkeit bereits vor der Fertigstellung
als „Experimentelle Archäologie" oder auch „Archäotechnik" präsentiert, ohne diesen Ansprüchen
jedoch gerecht zu werden. Fragen nach Zeit- und Arbeitsaufwand, Materialbedarf sowie
einzelnen Funktionen lassen sich nicht durch eine Ausführung mit modernen Mitteln
klären. Auch zeitgenössische Aussagen des 17./18. Jahrhunderts können so nicht überprüft
werden.28 Selbst die betonte deutschlandweite Einzigartigkeit ist vor dem Hintergrund der Teilrekonstruktion
der Berghamer Schanze zu hinterfragen.29

Nachbauten und Rekonstruktionen stellen hohe Anforderungen an Detailkenntnisse, die
ebenso wie bei anderen Projekten auch für Gersbach erst noch erforscht werden müssen. Aufgrund
der vorliegenden Datenbasis ist der Nachbau eine materialisierte Hypothese und eine von
mehreren Möglichkeiten, wie es gewesen sein könnte. Darauf wird in Gersbach jedoch nicht
hingewiesen, sondern dem Besucher wird mit der rot hervorgehobenen Aussage auf einer der
Schautafeln, dass die rekonstruierte Schanze der Stolz eines jeden Schanzenbauers gewesen
wäre, der Eindruck von Authentizität vermittelt.

Die erläuternden Tafeln im Schanzennachbau weisen trotz vorliegender Ergebnisse aus
archäologischen Recherchen und Fachberatung einige Mängel auf und zeigen, dass die Thematik
nicht vollständig verstanden wurde. Das betrifft z.B. die Tätigkeit der Ingenieure und den
Schanzenbau oder die Lage von Schanzen. Auf einer Tafel werden ebenso wie in der Broschüre
eine Befunde kartiert und beschrieben, die nicht existieren. Einem entsprechenden Hinweis von
wissenschaftlicher Seite im Vorfeld wurde nicht nachgegangen. Die visuelle und emotionale
Wirkung des umwallten Raumes wird für die meisten Besucher jedoch vermutlich eindringlicher
sein als die Konstruktion der Anlage und die Texte der Tafeln.

Der Dorfweg soll den Besuchern mit Informationen zum Leben in Gersbach während der
Barockzeit einen Gesamtkontext zugänglich machen, was jedoch nur punktuell gelingt. Hier
wären eingehendere Fachrecherchen erforderlich gewesen, zumal einige interessante Befunde
in und um das Dorf erhalten sind, die zur Veranschaulichung hätten herangezogen werden können
.

Ein weiteres wichtiges Medium für Präsentation und Vermittlung sind Ausstellungen und das
Internet. Anlässlich der Jahrestage zum Tod des Markgrafen Ludwig Wilhelm 1956 und 2006
wurden die Schanzen mehr oder weniger am Rande behandelt. Eine Sonderausstellung der Mi-
nifossi AG zu den Linienbefestigungen in Schopfheim 2007/2008 zeigte trotz des Bezuges auf
den Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden im Titel die Entwicklung der Feldbefestigungen
anhand von Modellen und zahlreicher Exponate verschiedener Epochen. Die dazu erstellte Begleitpublikation
ist im Wesentlichen eine Materialsammlung. Für Ausstellung und Katalog
wurde keine Auswahl nach Kriterien einer musealen Präsentation getroffen. Auch auf der
Homepage der Minifossi AG wird das Bestreben deutlich, nach außen hin so viel Materialkenntnisse
wie möglich zu präsentieren. Dadurch fehlen Systematik sowie Übersichtlichkeit
und die Zitierweise der Quellen erschwert die Nachvollziehbarkeit.

Die Basis aller Maßnahmen zur Vermittlung und Präsentation ist ein vollständiges Verständnis
der Linien. Für die Qualität der Interpretationen sind solide Fachrecherche mit Quellenkritik
erforderlich, sodass ausreichendes und wissenschaftlich fundiertes Material zur Verfügung
steht. Eine erste Grundlage bilden die zahlreichen Artikel zu den Linienbefestigungen der Barockzeit
. Diese zeigen jedoch im Wesentlichen die Expertisen der jeweiligen Autoren, die dementsprechend
selektiert haben. Während die meisten das Ergebnis lokalhistorischer Forschun-

28 Vgl. Detlev Jantzen: Erst das Experiment und dann ... Zum praktischen Nutzen experimenteller Archäologie,
in: Experimentelle Archäologie, Bilanz 1994, 1995 (= Archäologische Mitteilungen aus Nordwestdeutschland,
Beiheft 8), S. 15-22, hier S. 15; Hartwig Schmidt: Archäologische Denkmäler in Deutschland - rekonstruiert
und wieder aufgebaut, Stuttgart 2000, S. 63.

29 Ludwig Husty/Maria Pfaffinger: Teilrekonstruktion der Berghamer Schanze, Gemeinde Kirchdorf am Inn,
Landkreis Rottal-Inn, Niederbayern, in: Das Archäologische Jahr in Bayern 1998 (1999), S. 148-150.

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