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wiesen, das er im August verließ. Warum er bei der Aufnahmeprüfung als vertrauenswürdig
eingestuft und dann sogar von Knecht mit einem konspirativen Kommando betraut wurde,
bleibt unklar.
Resonanzen des Kapp-Lüttwitz-Putsches in Freiburg
Bis heute rätselhaft ist die Absetzung Knechts als Kommandant der Einwohnerwehr während
des Kapp-Lüttwitz-Putsches. In der Nacht vom 12. auf den 13. März 1920 waren meuternde
Reichswehreinheiten unter dem Kommando des Generals von Lüttwitz auf Berlin marschiert.
Die Reichsregierung musste aus der Hauptstadt fliehen und der ostpreußische Generallandschaftsdirektor
Wolfgang Kapp wurde von den Putschisten zum Reichskanzler proklamiert.
Die „Freiburger Zeitung" berichtete, dass sich die badischen Einwohnerwehren bereits am
13. März geschlossen hinter die badische Regierung gestellt hätten: „Wie wir weiter hören, hat
der Kommandant der hiesigen Einwohnerwehr, Herr Major Knecht, in Gegenwart des Landeskommissärs
und den Vertretern der sozialdemokratischen Parteien, darunter die Abgg. Königsberger
und Riedmüller, zu Protokoll gegeben, dass er seinen Verpflichtungen auf dem Boden
der jetzigen Verfassung treu zu bleiben gedenke."28 Königsberger war Mitglied im Beirat
der Einwohnerwehr. Allerdings wurden Gerüchte laut, Knecht sympathisiere mit den Putschisten
. Er erhob dagegen am 14. März beim Landeskommissär, dem obersten Vertreter der Badischen
Staatsregierung in Freiburg, schärfsten Einspruch und verlangte eine Untersuchung.29
Dennoch wurde Max Knecht am 15. März von seinem Posten enthoben oder ultimativ zum
Rücktritt gedrängt. Ein paar Tage später war in einer in der „Volkswacht" veröffentlichten Presseerklärung
der badischen Regierung zur zweifelhaften Verfassungstreue zu lesen: „Führer, die
durch ihre bisherige Haltung Anlaß zu Bedenken in dieser Hinsicht gegeben haben, sind zu veranlassen
, von der Führung zurückzutreten."30
Am 21. März erklärte der Freiburger sozialdemokratische Landtagsabgeordnete Prof. Königsberger
, dass die ihm überbrachten, sich gegen Major Knecht richtenden Gerüchte unwahr
sein müssten, und dass er es bedauere, wenn er ihn durch Weiterverbreitung derselben geschädigt
habe.31 Dennoch änderte all dies nichts mehr an der Absetzung. Auf der Mitgliederversammlung
der Ortsgruppe Freiburg der „Deutschen liberalen Volkspartei" (DVP) am 23. März
legte Knecht seine Sicht in Sachen Einwohnerwehr dar. Die Ortsgruppe attestierte ihm daraufhin
, er habe „geraden Kurses und in vornehmer Art das Schifflein der Wehr durch viele widrige
Hindernisse und an drohenden Klippen vorbei" gesteuert.32 Die DVP wandte sich zwar gegen
einen gewaltsamen Sturz der Regierung, freilich treffe auch die jetzige Regierung durch ihre
bisherige fehlerhafte Leitung der Staatsgeschäfte an der Entwicklung eine erhebliche Schuld.
1919 hatte Knecht darüber hinaus die Führung der Ortsgruppe Freiburg des „Deutschen Offiziersbundes
" (DOB) übernommen; ein Amt, das er bis Herbst 1929 innehatte. Wenige Tage
vor dem Kapp-Putsch hielt diese ihre Generalversammlung ab, auf der er betonte, es habe sich
für den DOB bewährt, sich von politisch-parteilichen Tendenzen fernzuhalten und ausschließlich
die wirtschaftlichen Interessen des Offiziersstandes zu verfolgen.33 In der Führung des 500
zahlende Mitglieder umfassenden DOB, der auch eine eigene Frauengruppe besaß, gab es viele
Überschneidungen zur Einwohnerwehr. Bei der Sitzung wurde etwa Oberstleutnant von Stot-
zingen in den Vorstand gewählt, der gleichzeitig Leiter des Abschnittskommandos I der Ein-
28 Freiburger Zeitung, 15.3.1920, 1. Morgenausgabe, S. 2.
29 Freiburger Zeitung, 20.3.1920, 1. Blatt, S. 1.
30 Volkswacht, 24.3.1920.
31 Freiburger Zeitung, 21.3.1920, 1. Blatt, S. 1.
32 Freiburger Zeitung, 25.3.1920, 1. Blatt, S. 1.
33 Freiburger Zeitung, 8.3.1920, 1. Blatt, S. 2.
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