http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2009/0131
I
vatisierung bestanden. Ein besonderes Anliegen war ihm allerdings die Erhaltung des Stadttheaters
, „da wir an der Südwestecke eine kulturelle Mission zu erfüllen haben; es gilt, den Ansturm
des Romanentums abzuwehren, das Deutschtum andererseits also nicht nur zu halten,
sondern vorzutragen in die alemannischen Kulturgebiete".35
1933 erfolgte nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Reich auch die schrittweise
Machtergreifung auf kommunaler Ebene. Der NSDAP-Kreisleiter Dr. Franz Kerber
drängte den amtierenden Oberbürgermeister Bender aus dem Amt und wurde im April von
Reichsstatthalter Wagner selbst zum kommissarischen Oberbürgermeister ernannt. Dem war
eine staatliche Verfolgungs- und Verhaftungswelle vor allem gegen Kommunisten, Sozialdemokraten
und Gewerkschaftler im Allgemeinen und speziell auch gegen alle entsprechenden
Mitglieder des Stadtrates und des Bürgerausschusses vorausgegangen.36 Knecht trat zur radikaleren
, mit der NSDAP koalierenden DNVP über. Im Zuge der „Gleichschaltung" erfolgte
nun unter Führung Kerbers die undemokratische Neubesetzung des Freiburger Gemeinderats
und seiner Ausschüsse.
Knecht wurde Ende April von einer „Wählergruppe" sowohl als Stadtrat (Platz 3 von 4) als
auch als Stadtverordneter (Platz 1 von 12) nominiert.37 Die Wählergruppe bestand im Wesentlichen
aus der „Kampffront Schwarz-Weiss-Rot" (DNVP, „Stahlhelm" und „Landbund") sowie
aus DVP, „Evangelischem Volksdienst" und „Staatspartei". Die Verteilung der Sitze ergab sich
aus dem Gleichschaltungsschlüssel, der auf den Ergebnissen der bereits unter Repression stattfindenden
Reichstagswahlen vom März 1933 basierte. Knecht wurde vom Wahlausschuss am
29. April zu einem der 37 (statt bis dahin 84) Stadtverordneten ernannt.38
Im Mai wählte der Gemeinderat Franz Kerber zum „regulären" Oberbürgermeister. Außerdem
wurde ein Sonderausschuss zur Neubildung der städtischen Ausschüsse gebildet, in dem
auch der ehemalige DNVP-Vorsitzende und nun NSDAP-Mitglied, Stadtrat Dr. Brühler, saß.
Die Mitglieder der Ausschüsse wurden auf einer Sitzung des Stadtrates und des Stadtverordnetenvorstandes
am 24. Mai 1933 ernannt. Knecht hatte an Beratung und Beschlussfassung als
Mitglied des Stadtverordnetenvorstandes mitgewirkt.39 Er selbst kam in mehrere Ausschüsse
und bemerkenswerterweise namentlich für den „Kampfbund für deutsche Kultur" in den Thea-
terausschuss.40 Bereits im April hatte die Freiburger Ortsgruppe des Kampfbundes bei Kerber
Interesse angemeldet, dass Mitglieder aus seinen Reihen in Ausschüsse aufgenommen würden
.41 Der Kampfbund war vom NS-Chefideologen Alfred Rosenberg als „Nationalsozialistische
Gesellschaft für deutsche Kultur" gegründet, dann umbenannt und 1934 mit dem Reichsverbund
„Deutsche Bühne" zur „NS-Kulturgemeinde" verschmolzen worden.
Die Ausschaltung der Opposition war mit den Umbildungen im Mai noch nicht am Ende.
Die verbliebenen Mandatsträger der SPD - Stadtrat Franz Geiler sowie Stadtverordneter und
Landtagsabgeordneter Philipp Martzloff waren im Konzentrationslager Ankenbuck inhaftiert -
und die nicht kooperationsbereiten Teile des Zentrums wurden massiv unter Druck gesetzt, ihre
Ämter niederzulegen. Am 26. August 1933 wurden Stadtrat und Bürgerausschuss nochmals
„bereinigt" und neu gebildet. Knecht war nun einer von nur noch vier verbliebenen DNVP-
Stadtverordneten. Was seine Ämter anging, profitierte er davon sogar: Hatte er nach der Gesamterneuerung
1930 in zwei Ausschüssen gesessen, wurde er mit dieser Neubildung zum
35 Breisgauer Zeitung, 13.11.1930.
36 Vgl. Ulrich P. Ecker/Christiane Pfanz-Sponagel: Die Geschichte des Freiburger Gemeinderats unter dem
Nationalsozialismus (Stadt und Geschichte. Neue Reihe des Stadtarchivs Freiburg i.Br. 21), Freiburg 2008.
37 Wahlvorschläge vom 24.4.1933, StadtAF, C4/VI/7/2 und C4/VI/8/1.
38 Der Alemanne - Kampfblatt der Nationalsozialisten Oberbadens, 4.5.1933. Die Wählergruppe bekam nicht genügend
Sitze, als dass Knecht auch als Stadtrat zum Zuge gekommen wäre.
39 Protokoll der Sitzung des Stadtrats vom 24.5.1933, StadtAF, B5/XIIIa Nr. 591, S. 16.
40 Protokoll vom 31.5.1933, StadtAF, C4/VI/12/3.
41 Schreiben des Kampfbundes an Kerber vom 23.4.1933, ebd.
131
i
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2009/0131