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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2009/0134
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Zwar war die allerhöchste NS-Elite nicht vertreten, aber ansonsten stand die Tagung völlig im
Zeichen des Zusammengehens von Kolonialbewegung und Nationalsozialismus. In riesigen
Lettern rief der NSDAP-Gauleiter und Reichsstatthalter von Baden, Robert Wagner, zur Tagung
auf: „Wir grüßen die Vorkämpfer für Raum und Volk. Aufruf des Reichs Statthalters! Die
Behauptung, Deutschland besitze nicht die Befähigung zu kolonisieren, weist das ganze deutsche
Volk als eine Beleidigung zurück. Deutschland hat wie jede Kulturnation berechtigten Anspruch
auf Kolonien. Diesen Anspruch werden wir auch durch die Kolonial-Ausstellung in
Freiburg erheben und verteidigen." Auf derselben Seite folgte der Aufruf Kerbers: „Aus drei
Gründen ist die Pflege des Kolonialgedankens eine nationalsozialistische Pflicht: Erstens brauchen
wir als „Volk ohne Raum" Kolonien, um deutsche Menschen anzusiedeln und eigene Rohstoffgebiete
zu besitzen. ... Die Stadt Freiburg ist stolz, die erste große Kolonialtagung, welche
in dem wieder souverän gewordenen Deutschland abgehalten wird, in ihren Mauern bergen
zu dürfen. Wir werden im Südwesten des Reiches in der Pflege des kolonialen Gedankens
hinter den übrigen Städten und Gauen nicht zurückstehen."55

Bemerkenswert ist, wie uneingeschränkt Wagner und Kerber im Sinne des radikalen Teils
der alten Kolonialbewegung argumentierten und die explizite Forderung nach Lebensraum in
den Kolonien erhoben, wie ihn auch Knecht forderte. Innerhalb der NSDAP war dies weitgehend
unerwünscht, man sollte sich auf Fragen der Ehre und wirtschaftliche Interessen beschränken
. Der neue „artgerechte Lebensraum" durfte laut Blut-und-Boden-Ideologie nur im
Osten sein, bei überseeischen Kolonien drohe eine Zersplitterung des deutschen Volkes.

Auf dem Programm der Tagung standen zahlreiche Sitzungen der angeschlossenen Verbände
(DKG, Frauenbund der DKG, Deutscher Kolonialkriegerbund, Akademischer Kolonialbund,
Frauenbund für Deutsche über See des DRK, Kolonialkriegerdank, Kolonialwirtschaftliches
Komitee). Hinzu kam an öffentlichen Propagandaveranstaltungen z.B. ein „kolonialer Werbeabend
" im Paulussaal: „Nicht weniger als acht ehemalige Gouverneure - Dr. Schnee (DOA),
Dr. Seitz (DSWA), Kol.-Staatssekretär von Lindequist (DSWA), Dr. Hahl (Südsee), Herzog
Adolf Friedrich zu Mecklenburg (Togo), Ebermaier (Kamerun), Haber (Südsee) und Brückner
(Togo) waren anwesend. Die Großherzogin von Baden, der Fürst zu Fürstenberg und Fürst von
Hohenzollern mit Gemahlinnen, Herzog und Herzogin Adolf Friedrich zu Mecklenburg und
die Königin von Portugal waren zugegen. Zu den schon bei unserer Hauptversammlung
erschienenen Gästen kamen noch SA-Brigadeführer Dr. Ivers, SS-Gruppenführer Diem und der
Vertreter des Propagandaministeriums Pg. Runge u.v.a."56

Bei einer öffentlichen Veranstaltung der Frauenverbände referierte die NS-Reichsfrauenfüh-
rerin Gertrud Scholtz-Klink: „Im Sinne dieses gewaltigen deutschen Gedankens ergibt sich die
Notwendigkeit, auch auf die früheren Kolonien durch ein nationales Lebenswerk zu wirken,
um auch die dort wohnenden deutschen Menschen in die deutsche Volks- und Gedankengemeinschaft
einzuschmieden."57 Höhepunkt war am 16. Juni ein Werbemarsch durch die Stadt
zur „kolonialen Kundgebung" auf dem Münsterplatz mit anschließender Pflanzung einer
Kolonialeiche vor der neuen Universität (Abb. 3).58 Im Sinne doppelter „Südwester"-Symbolik
wurde bei der Pflanzung neben Freiburger Erde auch eigens von Gräbern deutscher Schutz-
truppler aus der Stadt Lüderitzbucht in Südwestafrika (heute Lüderitz in Namibia) hierher verbrachter
Sand verwendet: „Nachdem der Reichsstatthalter Wagner, der OB Dr. Kerber, der Landeskommissar
Schwörer, der Rektor der Universität, Prof. Kern, ein Farmer aus Deutsch-Süd-

55 Der Alemanne, 14.6.1935, Morgenausgabe, S. 1.

56 Kolonial-Post, Nr. 7, 23.7.1935, S. 129.

57 Freiburger Zeitung, 17.6.1935, Morgenausgabe, S. 1.

58 Heiko Wegmann/Joachim Zeller: „Deutsche Erde zu deutscher Erde" - Die Pflanzung einer Kolonial-Eiche
1935 in Freiburg, siehe: www.freiburg-postkolonial.de/Seiten/kolonialeiche.htm (19.3.2009).

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