http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2009/0163
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Am 1. April 1938 verließ Rümmele Freiburg und nahm Arbeit im Konradihaus in Konstanz
auf. Von dort aus schrieb er fünf bis sechs Briefe an German S. Zwei dieser Briefe
sind noch erhalten. Der Inhalt ist nicht eindeutig, wenn man aber zwischen den Zeilen zu
lesen versteht, kann man durchaus Verdacht schöpfen. Gärtnermeister Wacker fand einen
dieser Briefe bei German S. und stellte ihn zur Rede. Am 11. Juni 1938 wurde Rümmele
verhaftet und kam zunächst ins Gerichtsgefängnis Konstanz, dann ins Gerichtsgefängnis
Freiburg. In einem Prozess vor dem Landgericht Freiburg wurde Rümmele am 4. August
1938 zu 2 Jahren und 6 Monaten Gefängnis sowie 3 Jahren Ehrverlust verurteilt. In der
Begründung heißt es u.a.:
Das Gericht billigte dem Angeklagten trotzdem noch einmal mildernde Umstände zu, da er in weitem
Umfang geständig war, da die Gelegenheit sich wohl in besonders versucherischer Weise sich darbot
und da es für den Angeklagten als sehr tapferen Soldaten besonders schwer wäre, durch eine Zuchthausstrafe
völlig aus der Volksgemeinschaft ausgestoßen zu werden.
Vom Gefängnis Freiburg aus wurde Rümmele am 30. November 1938 mit dem „Sammelschub
" in das Strafgefängnis Mannheim verbracht. Von dort ging es am 11. Januar
1939 weiter in das Strafgefangenenlager Rodgau (Lager II Rollwald Nieder-Roden), Kreis
Dieburg, in Hessen. Er blieb etwa 16 Monate dort und wurde am 5. Mai 1941 um 18 Uhr
nach Verbüßung seiner Strafe entlassen.
Die NS-Personenbeschreibung von Edwin Rümmele aus dem Lager Rollwald existiert
noch: 1,70 m groß, Vollbart, Haare und Augen dunkel, Gestalt, Gesicht und Kinn breit,
Nase gerade, Mund und Ohren gewöhnlich, Zähne lückenhaft, Stirn frei.
Im Jahre 1947 ist Rümmele in Konstanz erneut wegen „widernatürlicher Unzucht" angezeigt
worden. Über seinen weiteren Lebensweg ist nichts bekannt.29
Gotthold Sch.
Gotthold Sch. wurde 1895 in einem kleinen Ort im Markgräflerland geboren. Sein Vater
war evangelischer Pfarrer. Gotthold hatte mehrere Geschwister und lebte in geordneten
Verhältnissen. Zuerst besuchte er die Realschule, wo er aber schwer mitkam. Er wechselte
daher die Schule und schaffte schließlich den Volksschulabschluss. Danach machte er eine
Gärtnerlehre. Ab 1914 bis Kriegsende diente er als Kriegsfreiwilliger. Anschließend arbeitete
er wieder als Gärtner. Eine 1923 eingegangene Ehe wurde 1925 für nichtig erklärt,
weil er sie nicht vollzogen hatte. 1935 wurde er wegen drei „Sittlichkeitsverbrechen" vom
Landgericht Freiburg zu 10 Monaten Gefängnis verurteilt. Er verbüßte seine Strafe im
Landesgefängnis Freiburg, aus dem er Anfang 1936 entlassen wurde. Am 16. September
1938 stellte er, während er schon in Untersuchungshaft wegen Unzucht mit Männern und
Verführung dazu in zwei Fällen saß, einen Antrag auf freiwillige Entmannung. Wegen seiner
sexuellen Vergehen wurde Gotthold am 20. Oktober 1938 vom Landgericht Freiburg
zu einer Gefängnisstrafe von 1 Jahr verurteilt und Unterbringung in einer Heil- und Pflegeanstalt
angeordnet. Die Entmannung fand während der Haft Anfang August 1939 statt.
Nach Verbüßung seiner Strafe kam er am 16. August 1939 in die Heil- und Pflegeanstalt
Emmendingen. Dort wurde berichtet, er hält sich tadellos, vollkommen unauffällig, ist willig
, freundlich, zurückhaltend. [Er] ist dauernd ein sehr fleissiger Haus- und Gartenarbeiter
, bereitet keinerlei Schwierigkeiten, nimmt lebhaft Anteil an den Weltereignissen.
[Er] kümmert sich sehr um seine Familienangehörigen. In einem ärztlichen Bericht vom
5. Oktober 1939 über die Folgen der Entmannung heißt es, er sei zufrieden und glücklich,
29 StAF, Bestand A 40/1, Nr. 21, Prozessakte.
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