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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2010/0009
aber auch als Einsiedler in der Nähe seines Klosters. Ihm zu Ehren wurde Gellone später Saint-
Guilhelm-du-Desert (St. Wilhelm von der Einöde) genannt. Der Name verweist auch auf die
Wasserarmut der Gegend. Wer den durch Seeräuber gefährdeten Weg der Küste entlang
scheute, wählte den mühsamen, dafür relativ sicheren Weg durch das Landesinnere. Wenig später
, um 720, ließ sich der Franke Sigisbert als Einsiedler am Vorderrhein nieder, an einem de-
sertinas (Einöde) genannten Ort. Aus der abgeschiedenen Behausung hat sich das bedeutende
Kloster Disentis entwickelt.5 Dank des selbstlosen Einsatzes von Männern wie Wilhelm und
Sigisbert durften Fremde in Klöstern, in denen die Regel Benedikts galt, mindestens mit einem
geschützten Nachtlager, vielleicht auch mit Speis und Trank rechnen.

In Höhlen haben hier und dort Einsiedler gelebt, in Ägypten, im Vorderen Orient und in der
von Konstantinopel geprägten Christenheit sogar Gemeinschaften von Mönchen. Im Abendland
hat es mindestens ein Höhlenkloster gegeben: La Cava in Kalabrien.6 Die Ausnahme erklärt
sich vielleicht damit, dass diese Provinz länger als das übrige Italien zum Oströmischen
Reich gehört hat.

Ende des 11. Jahrhunderts haben Mönche das Eremitendasein und klösterliche Gemeinschaft
miteinander verbunden. In einem abgelegenen Tal der Alpen entstand bei Grenoble im Jahr
1084 die Grande Chartreuse, das Mutterkloster vieler Kartausen.7 Jeder Mönch lebt dort in
einem eigenen Häuschen mit eigenem Garten; er ist jedoch verpflichtet, sich regelmäßig, wenn
auch in eingeschränktem Maß, zu Formen gemeinschaftlichen Lebens einzufinden. Wie andere
monastische Reformbewegungen passten sich die Kartäuser im Laufe der Jahrhunderte der veränderten
Umwelt an. Kartausen entstanden auch in der Nähe von Städten, bei Dijon war es
Champmol, mit der Grablege der Herzöge von Burgund, bei Pavia die Certosa, bei Burgos die
Kartause Miraflores. Weitere Kartausen wurden bei Basel, Freiburg, Köln und Nürnberg gegründet
.8 Auch wenn die Kartäuser nahe bei einer Stadt lebten, hielten sie sich daran, Elemente
des Einsiedlerlebens mit solchen klösterlicher Gemeinschaft zu verbinden.

Ein 1098 in Citeaux gegründeter Konvent wollte die Regel Benedikts wieder in ihrer ganzen
Strenge leben, in Armut, Einfachheit und fern vom Treiben der Menschen.9 Die nach ihrem
ersten Kloster Zisterzienser genannten Mönche bildeten den ersten ,Orden', das heißt, sie
wussten sich in allen ihren weit über Europa verstreuten Niederlassungen zu einer einzigen
Gemeinschaft verbunden. Zwar wollten sie sich aus der ,Welt' zurückziehen, doch manche
Zisterze ist in einer Gegend gegründet worden, die alles andere als einsam war. So heißt es in
einer Lebensbeschreibung des hl. Bernhard, Clairvaux, das Mutterkloster zahlreicher Zisterzen,
habe zuvor Räubern als Schlupfwinkel gedient.10 Unweit von Clairvaux muss es also einen Weg
gegeben haben, auf dem auch Wohlhabende durchs Land gezogen sind.

5 Arno Borst: Mönche am Bodensee 610-1525, Sigmaringen 1978 (Nachdruck Berlin 1998), S. 43.

6 Giovanni Vitolo: (La) Cava, in: Lexikon des Mittelalters (LexMA), Bd. 5, München/Zürich 1991, Sp. 1603f.;
Marcell Restle: Höhlenkirchen, -klöster, ebd., Sp. 85f.; Christian Hannick: Kiev, Höhlenkloster, ebd., Sp.
1131.

7 Vgl. Atlas zur KG (wie Anm. 1), S. 51. Plan einer Kartause in: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 6, Freiburg
21961, nach Sp. 352, ebd. der Plan von St. Gallen.

8 Ein Stich (1771) der Freiburger Kartause in: Hans Schadek/Jürgen Treffeisen: Klöster im spätmittelalterlichen
Freiburg. Frühgeschichte, Sozialstruktur, Bürgerpflichten, in: Geschichte der Stadt Freiburg im Breisgau, Bd. 1:
Von den Anfängen bis zum „Neuen Stadtrecht" von 1520, hg. von Heiko Haumann und Hans Schadek, Stuttgart
1996, S. 421-467, hier S. 441. Vgl. auch die Pläne in: Freiburg i.Br. Eine Stadt braucht Klöster. Begleitbuch
zur gleichnamigen Ausstellung. Freiburg 2006. Die Nürnberger Kartause lag außerhalb der beiden Stadtkerne,
doch schon innerhalb der spätmittelalterlichen Stadtmauer; die ehemalige Kartause beherbergt seit 1866 das Germanische
Nationalmuseum.

9 Vgl. Atlas zur KG (wie Anm. 1), S. 52f.; Großer Historischer Weltatlas (GHWA), Teil 2: Mittelalter, hg. vom
Bayerischen Schulbuchverlag, München 21978, S. 27, die Legende zur Karte weist 729 Klöster nach.

10 Das Leben des heiligen Bernhard von Clairvaux (vita prima), hg., eingeleitet und übersetzt von Paul Sinz (Heilige
der ungeteilten Christenheit), Düsseldorf 1962, S. 58. Ähnliches ist von Maulbronn überliefert.

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