http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2010/0013
Kloster verlaufen heute Eisenbahn und Bundesstraße. Amorbach im Odenwald wurde als planmäßige
Rodung angelegt; heute schneiden sich hier Fernstraßen, wie auch in Hersfeld.
Ellwangen wurde an der Stelle gegründet, wo es eine für die Straße Stuttgart-Nürnberg günstige
Furt durch die Jagst gab, Gandersheim an einem für die West-Ost-Fernstraße Mainz-
Fulda-Hildesheim wichtigen Übergang über die Gande. Wieder andere Klöster entstanden an
Schnittstellen von Land- und Wasserweg. Der Hellweg kreuzt beim Weserübergang von Corvey
eine Nord-Süd-Straße. In Corvey, in (Köln-)Deutz am Rhein und in Jumieges an der Seine
werden die Aufgaben der Hilfe, des Schutzes und der Kontrolle unmerklich ineinander übergegangen
sein.
An Knotenpunkten des Verkehrs gelegene Konvente haben sich in den Dienst durchreisender
Fremder gestellt. Menschenfreundlichkeit ist, wie im zweiten Teil des Aufsatzes zu zeigen
ist, in den Namen mindestens eines Klosters eingegangen. Von dem im 8. Jahrhundert am Oberlauf
des Rheins gegründeten und schon erwähnten Disentis aus hatten Reisende bis zur Passhöhe
des Lukmanier ,nur' noch gut 770 Höhenmeter zu überwinden.17 Kloster Iburg, bei Osnabrück
auf einer älteren Bergfeste errichtet, beherrschte den wichtigsten Pass des Teutoburger
Waldes. Das Hospiz Sankt Bernhard duckt sich ein wenig unterhalb der Passhöhe des Großen
St. Bernhard. Gegründet wurde es vom hl. Bernhard von Menthone; im Jahr 1145 werden erstmals
dort lebende „Brüder" (fratres) erwähnt; zum Jahr 1191 ist von Chorherren zu lesen.
Bekannt geworden sind auch deren Helfer, die Bernhardinerhunde.
Wer über ein Kloster in solcher Lage gebot, hatte es leicht, den Verkehr zu überwachen und
Feinden den Weg zu versperren. Das gilt auch für andere Engstellen. Vom Kloster Weltenburg
aus, im Donaudurchbruch bei Kelheim, konnten Mönche Schiffern und Reisenden helfen, von
ihnen aber auch Abgaben fordern. Auf markanter Erhebung oberhalb des Donautals liegen -
wie soll man es nennen: gebieterisch, majestätisch, einschüchternd? - Göttweig und Melk.
An Gewässern
Monialen und Mönchen war das Fleisch von Vierfüßlern untersagt (eine Ausnahme galt für
Kranke), der Verzehr von Fisch dagegen gestattet. Schon deshalb schätzten Klostergründer
Plätze an einem Gewässer. Gründungsurkunden heben hervor, der Ort sei „geeignet zum Bau
einer Mühle", „zur Anlage von Fischteichen". Zisterzienser haben meisterhaft die Energie des
Wassers genutzt, um Land zu bewässern, Mühlen, Schmiedehämmer und andere Maschinen
anzutreiben, um ein Brunnenhäuschen mit Wasser zum Händewaschen vor und nach Tisch zu
versorgen und um Fäkalien rasch zu entsorgen.
Wer am Wasser baute, sollte um dessen Gefahren wissen. 1307 zerstörte ein Hochwasser des
Rheins Kirche und Klostergebäude in Selz, südlich von Lauterburg im Elsass, das Kaiserin
Adelheid, die 999 verstorbene Gemahlin Kaiser Ottos L, sich als Alterssitz hatte bauen lassen.18
Für den Bau von Fleury/St. Benoit, östlich von Orleans, nützte man die Loire als Transportweg
, errichtete das Kloster aber so weit oberhalb des Flusses, dass dessen Überschwemmungen
den Bauten nichts anhaben konnten.
Lang würde die Liste von Klöstern, die an einem See liegen; in ihr dürfen Maria Laach {Maria
ad lacum, „Maria am See") in der Eifel sowie Mattsee, Mondsee und Tegernsee im Bereich
der Alpen nicht fehlen. Noirlac wurde in den - wohl wie ein schwarzer See wirkenden -
Sümpfen des Cher in Mittelfrankreich gegründet.
17 Vgl. Norbert Ohler: Reisen im Mittelalter, 4., Überarb. und erw. Auflage München/Zürich 2004, S. 75.
18 Hubert Seibert: Selz, in: LexMA (wie Anm. 6), Bd. 7, München/Zürich 1995, Sp. 1738. Ebenfalls als Alterssitz
wurde Kloster Kaufungen bei Kassel gegründet, von Kaiserin Kunigunde (f 1033), der Gemahlin Kaiser
Heinrichs II.
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