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Unbestimmte Zeit nach der Errichtung wurde die Türschwelle erhöht, indem auf den großen
Schwellenstein eine Lage Mauersteine gesetzt und darauf wiederum ein Schwellenstein, der
sich nicht erhalten hat, gelegt wurde. Eine dadurch entstandene Beschädigung in der Seitenwandung
wurde sorgfältig mit Putz ausgestrichen, in diesem mit einer vertikalen Ritzung die
Flucht der Wandung nachgezeichnet und die Stelle in der Farbe des Buntsandsteins in roter
Farbe kaschiert. Grund für die Aufhöhung dürfte das Außenniveau des Gebäudes gewesen sein,
das seit der Erbauung um etwa 40 bis 60 cm angewachsen war. Eine Erhöhung des Bodens im
Kircheninneren ging damit offenbar nicht einher, da in einer archäologischen Sondage vor dem
gotischen Chorbogen kein entsprechender Boden erreicht werden konnte.
Umwandlung zur Burgkapelle, 12. Jahrhundert
Eine grundlegende Zäsur ereignete sich im 12. Jahrhundert. In der Zeit um 1150/1170 wurde
auf dem Michaelsberg eine Burg errichtet, was umfangreiche Veränderungen an der Kirche mit
sich brachte (Abb. 7). Die Innenflucht der südlichen Langhauswand wurde um 1,5 m in den
Kirchenraum hinein verschoben und gleichzeitig das Bodenniveau im westlichen Teil des
Langhauses stark erhöht. Beides geschah zur gleichen Zeit, sodass das Mauerwerk miteinander
verzahnt werden konnte. Da die Erhöhung in den Bereich des Rundbogenportals stößt, kann
davon ausgegangen werden, dass es ebenfalls zur gleichen Zeit zugemauert worden ist. Mit diesen
Maßnahmen war ganz offensichtlich auf umfangreiche Erdarbeiten, die in Zusammenhang
mit der Etablierung der Burg stehen und zu veränderten Bodenniveaus im Außenbereich geführt
haben, reagiert worden.
Der wesentliche strategische Nachteil des Standorts für den Bau einer Burg war die gute
Erreichbarkeit aus südlicher Richtung über den flachen Höhenrücken des Michaelsbergs. Um
diesem abzuhelfen wurde dort ein tiefer Halsgraben gezogen. Die Unmengen ausgehobenen
Lösses wurden zur Gewinnung eines erhöhten Plateaus zwischen Graben und Kirchenbau und
zur Schaffung steilerer Geländekanten umgeschichtet, wo die Kernburg Platz finden sollte
(Abb. 8). Aus den Erdbewegungen rühren wohl auch römische und einige frühmittelalterliche
Einzelfunde her. Einige Leistenziegelfragmente aus der Lössauffüllung des Außenbereiches
zeigen an, dass im Umfeld ein römisches Gebäude vorhanden war. Ein verbogener Bronzedraht
mit Öse und Hakenende war wohl ursprünglich ein spätmerowingerzeitlicher Ohrring und wirft
die Frage nach den Anfängen des ehemaligen Friedhofs auf. Für die zeitliche Einordnung
dieser Lössumlagerungen können zwei Wandscherben nachgedrehter Ware des 12. Jahrhunderts
als jüngste Funde herangezogen werden.
Um das erhöhte Plateau wurde eine Ringmauer gezogen, in die man zur Verstärkung hölzerne
Ankerbalken längs einlegte. Ein Stück der Ringmauer, das Kleinquadermauerwerk und
einen offenen Balkenkanal erkennen lässt, ist unter dem Gebüsch des nördlichen Plateaurandes
neben dem heutigen Zugangsweg erhalten. Ein östlich gelegenes Ringmauerstück stieß offenbar
stumpf gegen den Rechteckchor der Kirche, ist irgendwann aber nach außen umgekippt,
wo es heute in vorgeschobener Lage mit offenliegendem Balkenkanal liegt.
Offenbar stieß man bei den Erdarbeiten auf Körpergräber, die vermutlich dem christlichen
Friedhof der Kirche zuzuweisen sind. Man versorgte einen Teil der Skelettreste, indem man sie
in den offenen Gerüstlöchern der Nordwand deponierte, jedoch nur in diejenigen, die unter der
Erdauffüllung zu liegen kamen. Dort konnten die Toten an gewissermaßen geweihter Stelle das
Jüngste Gericht erwarten.
Die rund 7 m hohe Aufschüttung des erhöhten Plateaus führte zwangsläufig zu einem hohen
Erddruck auf die südliche Außenwand des Langhauses. Dem sollte mit der Errichtung einer
neuen Mauer in 1,5 m in den Innenraum vorgerückter Lage entgegengewirkt werden. Unklar
ist, ob die frühere Südwand eingedrückt worden war und Ersatz dafür geschaffen werden
musste oder ob in Voraussicht eines solchen Szenarios bereits vor der Aufschüttung eine zusätzliche
Innenschale als Stützmauer errichtet worden war, hinter der die alte Südwand folg-
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