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Die Errichtung von Bädern, die am Oberrhein auf die römische Eroberung im 1. Jahrhundert
n. Chr. zurückgeht,67 eröffnete auch im Breisgau eine neue Art der Wassernutzung, die das
gesamte Mittelalter überdauerte. Tatsächlich führte die Entdeckung von Thermalwassern in
direkter Konsequenz zur Gründung von Strukturen, mit denen es möglich war, ihren therapeutischen
Gehalt zu nutzen und zugleich zu sozialisieren, freie Zeit mit der eigenen Körperpflege
zu verbringen und für einen Moment die Sorgen des alltäglichen Lebens zu vergessen.
Die Praxis des wiederholten Thermalbadbesuchs durch die am Oberrhein lebende Bevölkerung
ist zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert durch die Badenfahrtbücher belegt. Diese
Bücher dienten dank des Buchdrucks als Mittel zur Vertiefung und Verbreitung des Wissens um
die richtige Nutzung der Thermal- und Wildwasser der verschiedenen Orte. Sie enthielten eine
detaillierte Beschreibung der geografischen und balneologischen Besonderheiten der örtlichen
Thermalquellen und Wildbäder. Aus der Lektüre eines solchen Buches, das 1560 von dem Gelehrten
der freien Künste und der Medizin Georg Pictorius veröffentlicht wurde, ist zu erfahren
, dass die Bürger Freiburgs sich häufig im sogenannten Kybbad einfanden, das sich im Kleinen
Tal oberhalb von Kappel befand und den Freiburger Wilhelmiten gehörte.68
Das aus dem Kybbad sprudelnde Wasser eignete sich aufgrund seines Kupferanteils und seines
Sulfatgehalts besonders dazu, kälteempfindliche Körper zu erwärmen, es ist gut für die
Augen, es hält Nierengrieß und Krätze fern und es hilft Knochenbrüche zu heilen.69
Vom 14. bis 16. Jahrhundert verbreitete sich in den Städten die Tendenz, Badehäuser einzurichten
. Charakteristisch sind die Fälle der Wiederverwendung alter Wohnstrukturen als Bäder
wie z.B. im Fall Wimpfens, wo im Jahr 1352 die Dominikaner ein Stück Land erwarben, um
in den bestehenden Gebäuden ein Bad zu errichten. Selbstverständlich gab es auch Gebäude,
die von vornherein als Bäder bestimmt waren wie das 1531 gebaute Bad des Spitals von Biberach
.70 Die Art des Umgangs mit dem Wasser war in Thermen und Badstuben grundlegend
verschieden: Wurde das Thermalwasser wegen ihrer therapeutischen Wirkung genutzt, so
diente das Wasser in den Badestuben der Städte überwiegend der körperlichen Reinigung.
Im Unterschied zu Thermalbädern, deren Betrieb gewöhnlich in der Hand religiöser Orden
lag,71 wurden die Bäder in den Städten auch von Familien geführt. Für die Stadt Freiburg
kommt uns ein Dokument vom 13. Februar 1318 zu Hilfe, in welchem Graf Konrad II. von
Freiburg einen Johannes Klingelhut autorisierte, ein Bad in der Au in unmittelbarer Nähe des
Schwabentors zu erbauen.72 In der Regel war es der Stadtherr, der die Errichtung von Bädern
autorisierte, in anderen Fällen waren es Institutionen wie die klösterlichen Orden oder die
Spitäler.73
Für die Funktionalität einer Badestube war neben der unabdingbaren Existenz eines Brunnens
oder eines Wasserlaufs das Vorhandensein von Bottichen nützlich, in denen die Kunden
sich am Ende eines Dampfbades entspannen konnten, und ein Umkleideraum, der im Bedarfs-
67 Vgl. Dieter Planck: Die Römer in Baden-Württemberg, Stuttgart 2005.
68 Georgius Pictorius: Badenfahrtenbüchlein. Wie und wo man richtig badet. Ein kommentierter, übersetzter und
mit zeitgenössischen Bildern versehener Nachdruck des Werkes von D. Georgius Pictorius aus dem Jahre 1560,
hg. von Udo Becker, Freiburg u.a. 1980. Sein in zwei Teile gegliedertes Werk präsentiert im ersten Teil eine Beschreibung
der Art der in den Thermen vorhandenen Wasser und gibt Empfehlungen für die richtige Anwendung
derselben. Der zweite Teil des Buches enthält eine Beschreibung von 38 Thermalorten zwischen dem heutigen
Baden, dem Elsass, Lothringen und der deutschsprachigen Schweiz. Vgl. ebd., S. 5-7 und HOf. Siehe zum Kybbad
auch Alois Mezger: Der Kibfelsen und das Kibbad, in: Schau-ins-Land 3 (1876), S. 73-76 und 80-82.
69 Pictorius (wie Anm. 68), S. 63.
70 Tuchen (wie Anm. 66), S. 148 und 150.
71 Beispielsweise wurde das in der Nähe von Freiburg gelegene Kybbad vom Eremitenorden des Heiligen Wilhelms
verwaltet. Vgl. Pictorius (wie Anm. 68), S. 62.
72 Himmelsbach (wie Anm. 28), S. 141, Anm. 123.
73 Ebd., S. 70f.
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