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Sturmbataillone suggerierenden Haupttitel nicht unbedingt zu entnehmen ist. Anhand der erhalten gebliebenen
Bataillonsbefehle - der letzte datiert vom 22. November 1918 - entsteht der Mikrokosmos einer
Spezialeinheit in den beiden letzten Kriegsjahren, der jedoch eher den organisatorischen und ausrüstungsspezifischen
Sektor denn die taktischen Einsatzbedingungen abbildet. Der reich aus den Beständen
des Wehrgeschichtlichen Museums in Rastatt bebilderte Band, ausgestattet mit einem üppigen Anmerkungsapparat
, schildert im Einzelnen den Übungsbetrieb und die Übungsplätze am Kaiserstuhl wie z.B.
auf dem Pulverbuck, dem Spielberg oder der Mondhalde, die infolge der Rebumlegungen der 1960er- und
1970er-Jahre restlos verschwunden sind, die zahlreichen Lehrgänge und Vorführungen vor höheren Offizieren
und Generälen verbündeter Staaten sowie Ausrüstung und Alltag der Sturmtruppe in den örtlichen
Quartieren, der zwar von der allgemeinen Lebensmittelknappheit geprägt war, dennoch im Unterschied
zur Fronttruppe geradezu als Sinekure bezeichnet werden kann. Bei den kleineren Delikten stand bezeichnenderweise
der Obstdiebstahl (Trauben!) an vorderster Stelle. Über die sexuellen Bedürfnisse der
jungen Soldaten und deren Lösung in einer noch stark agrarisch und religiös geprägten Bevölkerung vermögen
die Bataillonsbefehle naturgemäß keine Auskunft zu geben.
Der Verfasser hat sich und dem Leser leider ein Lektorat versagt, das die gröbsten orthografischen
Schnitzer (z.B. „Musikappelle" statt „Musikkapelle", S. 69), sprachliche Ungereimtheiten (z.B. „Generale
" und „Generäle") und Wiederholung ganzer Textpassagen (z.B. S. 73 und 77) hätte vermeiden helfen
. Dass es nach Eingliederung der großherzoglich badischen Armee in das preußische Kontingent keine
„badischen Offiziere" (S. 24) mehr gegeben hat, sollte dem Verfasser eigentlich bekannt sein. Seine
offenkundigen Schwierigkeiten mit der Frakturschrift zeigen sich in der falschen Lesung der Grabinschriften
dreier auf dem Bischoffinger Friedhof erhaltener Steinkreuze für im Einsatz gefallene Sturmtruppler
(„Frant" statt „Frank", „Simda" statt „Simon", gefallen am „5.11." statt „5.9.", S. 69). Die vornehmlich
auf Nachkriegswerken der Zeitzeugen basierende Literaturliste weist zudem erhebliche Lücken
bezüglich neuerer Veröffentlichungen auf. So fehlen neben Lanz (1929) und von Schwerin (1939) die
fremdsprachigen Autoren wie Gudmundsson (1989), Kincaide (1989), Larcade (2003) und Bull (2007).
Dessen ungeachtet kann die Erscheinung dieses Werkes begrüßt werden, richtet sie doch das Augenmerk
auf eine weitgehend in Vergessenheit geratene organisatorische Facette in der Geschichte taktischer Entwicklungen
im Weltkrieg vor regionalgeschichtlichem Hintergrund. Karlheinz Deisenroth
Florian Lamke: Cluniacenser am Oberrhein. Konfliktlösungen und adlige Gruppenbildung in der Zeit
des Investiturstreits (Forschungen zur oberrheinischen Landesgeschichte 54), Verlag Karl Alber, Freiburg
/München 2009, 560 S.
Nach den Studien von Ulrike Denne über die Frauenklöster im spätmittelalterlichen Freiburg im Breisgau
(1997), von Yu-Kyong Kim über die Grundherrschaft des Klosters Günterstal bei Freiburg im Breisgau
(2002) und von Philipp Rupf über das Zisterzienserkloster Tennenbach im mittelalterlichen Breisgau
(2004) veröffentlicht in ihrem jüngsten Band die renommierte wissenschaftliche Reihe „Forschungen zur
oberrheinischen Landesgeschichte" eine Untersuchung über das Mönchstum des 11./12. Jahrhunderts am
Oberrhein. Die seitens der Philosophischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg mit dem
„Waldseemüller-Preis 2008" ausgezeichnete Dissertation analysiert die enge Beziehungen zwischen den
cluniacensischen Niederlassungen und der Adelspolitik im oberrheinischen Gebiet vom Beginn der 70er-
Jahre des 11. Jahrhunderts bis zum Ende des Investiturstreits im 1. Viertel des 12. Jahrhunderts. Schon die
Formulierung der Fragestellung in der thematischen Hinführung (S. 13) bietet dem Leser den Leitfaden
des Werkes. Am Beispiel der Geschehnisse des Cluniacenserpriorates Zell/St. Ulrich in der Mitte des
12. Jahrhunderts stellt sich der Autor folgende Fragen: „Welche Rolle kommt dem Cluniacenserkloster in
diesen Entwicklungen zu, in welchen personellen Netzwerken ist es zu situieren, welche Trägerschichten
begünstigen seine Ausstattung und Entwicklung? In welchem Zusammenhang steht die cluniacensische
Niederlassung zu den Zähringern und ihren Gefolgsleuten? Und - in der Forschung immer wieder gefragt
- wie ist überhaupt die Ausdehnung der Cluniacenser in das Oberrheingebiet und damit in den Südwesten
des Reiches zu bewerten?"
Auf eine solide Quellen- und Literaturbeherrschung gestützt, versucht der Autor, eine Antwort - außer
dem schon zitierten Fall des Priorates Zell - über die rätselhafte Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte
der Priorate Bollschweil, St. Alban in Basel, Kaltenbrunn, Altkirch und Feldbach im Sundgau sowie der
Abtei Selz zu finden. Die Zusammenfassungen am Ende eines jeden Kapitels helfen dem Leser, den
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