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Die Pforte, hg. von der Arbeitsgemeinschaft für Geschichte und Landeskunde in Kenzingen e.V., Redaktion
: Roland G. Foerster, Helmut Reiner, Klaus Weber, 28. und 29. Jahrgang, Nr. 54-57 (2008/2009),
251 S., S/W-Abb.
Schwergewicht des vorliegenden Bandes ist eine Quellenpublikation von Norbert Ohler: „Die Geschichte
der Ortsgruppe Teningen der NSDAP". „Ein bemerkenswertes Dokument" wählt er als Untertitel. Fundort
ist das Gemeindearchiv Teningen, Fundstelle sind die 1937 begonnenen „Amtlichen Nachrichten der
Gemeindeverwaltung". In dem anfangs auf Wachsmatrizen getippten Blatt veröffentlichte Ortsgruppenleiter
Wilhelm Heß in Fortsetzungen seine Erinnerungen an die sogenannte „Kampfzeit" von den Endzwanzigern
bis zur Kanzlerschaft Hitlers 1933. Heß war Werkmeister im Tscheulinwerk. Er konnte gewandt
formulieren und vermittelt unmittelbar seine unkritische Begeisterung und sein blindes Vertrauen
in den „Führer". Ohler ordnet die Texte chronologisch, verbindet die Zitate und stellt den Bezug zum Erscheinung
sdatum her: Heß' Schilderung seiner Gefühle und Aktionen vom 30. Januar 1933 erschienen am
2. September 1939, als gerade der Zweite Weltkrieg begonnen hatte. In über 70 Anmerkungen erschließt
Ohler Namen und Hintergründe.
Mit 17 Beiträgen und einem breiten Themenspektrum wendet sich die Vereinszeitschrift an ihr Publikum
. Bertram Jenisch informiert über die Ergebnisse der Burgenforschung. Er benennt drei mittelalterliche
Wehranlagen auf Kenzinger Gemarkung: eine frühmittelalterliche Wallanlage auf dem Nier-
linsberg, den ehemaligen Üsenbergschen Herrensitz in der Stadt an der Stelle des Alten Amtshauses und
- durch Heiko Wagner archäologisch gut nachgewiesen - eine verkehrsgünstig gelegene Höhenburg auf
einem Sporn des Hausabtenberges südlich der Stadt, markiert durch ein kleines Steingebäude mit Staffelgiebel
. Walfried Müller erklärt die Hecklinger Familiennamen, beginnend mit Belegen aus mittelalterlichen
Urkundenbüchern wie „Cunrat der gesseler" oder „Burcart der wirt" bis herauf in die Jetztzeit
mit den Folgen der Zuwanderung und der Änderungen der Gesetzgebung über Familiennamen. Der
Forstmann Ulrich Rothfuss schreibt die Geschichte des Forstbezirks Kenzingen von 1834 bis 2004,
nicht ohne Wehmut, denn er war der letzte von elf Amtsleitern. Er erwähnt ein interessantes Detail
bezüglich des ehemaligen Forstamtsgebäudes: Es ist ein Werk von Horst Linde aus der Vorkriegszeit
und steht heute zusammen mit der Gartenanlage, die ebenfalls von Linde konzipiert war, unter
Denkmalschutz.
Die Foto-AG der Hauptschule Kenzingen ist mit 88 Abbildungen von Stadtansichten, historischen
Gebäuden und Denkmälern vertreten. „Markiert Kenzingen von Weitem" schreiben die Schüler zur
Laurentiuskirche, deren Türme in der Tat das Stadtbild dominieren. Die jüngere Baugeschichte der
65 m hohen Chorflanken-Türme wird fachgerecht erklärt: Walter Heß würdigt anhand seiner Erfahrungen
bei der 2006 abgeschlossenen Sanierung und Renovierung die kühne und elegante Konstruktion
der 24 m hohen neogotischen Turmhelme von 1903. Die Pläne hatte der erzbischöfliche Baumeister
Raimund Jeblinger gefertigt. Schon 20 Jahre früher hatte sich sein Vorgänger Max Meckel
Gedanken um die Regotisierung der Kenzinger Kirche gemacht, um den Zustand zu beenden, den
Christoph Arnold um 1820 geschaffen hatte. Gerhard Everke hat diese klassizistische Phase der Laurentiuskirche
und das Werk des Weinbrenner-Schülers Arnold weit über Kenzingen hinaus erforscht
und in Wort und Bild präsentiert. Der Restaurator Berthold Mäntele stellte Kopien der Putten vom
Haupteingang des Kenzinger Friedhofs her, die er ins 20. Jahrhundert datiert und dem Offenburger
Bildhauer Peter Valentin zuweist.
Helmut Reiner erinnert an die Schicksale der Kenzinger Juden und berichtet über Initiativen zur Aufarbeitung
des dunkelsten Kapitels der NS-Zeit: Herstellung von Kontakten zu Nachfahren, Verlegen von
Stolpersteinen und den Inge-Auerbach-Tag in der Grundschule, der auch in einem ausdrucksvollen Bild
belegt ist. Zwei Beiträge gehen auf Vorträge zurück: Philipp Rupf bietet einen Überblick über die Geschichte
des Elsass. Norbert Ohler sprach und schreibt über das Mönchtum im Mittelalter und zeigt Beispiele
von Buchmalereien aus dem ehemaligen Kenzinger Frauenkloster Wonnental. Lothar Herb schreibt
über die Aktivitäten des Kreisverbandes Obstbau, Garten und Landschaft Emmendingen e.V. im Wonnental
.
Das Bombacher Weinfest hatte 2007 Pfarrer Hanns-Heinrich Schneider zu einer Predigt über gottgefälliges
Genießen angeregt. Im Ausklang lässt Bianca Weber-Lewerenz heimatliche Gedanken von Peking
nach Kenzingen wandern. Gerne werden die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft im Grußwort von Bürgermeister
Guderjan lesen, dass die Stadt „Die Pforte" gerne fördert. Renate Liessem-Breinlinger
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