http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2011/0038
ten Engel goldgelbe Haare haben." Der Autor kannte den Namen der Malerin nicht. Die Schreiberin
hat sich selbst in der Handschrift genannt: Elisabeth, von anderer Hand wurde eingefügt
Vögtin. Die beschriebene Handschrift stammt, wie die der Franziskus-Legende, aus dem
Klarissenkloster in Freiburg.10 Die Identität der Malerin konnte erst 1901 ermittelt werden, allerdings
wurden damals der Sibilla nicht nur die Miniaturen, sondern auch die Schrift und die
Übersetzung aus dem Latein zugeschrieben.11 Im Jahr 1967 wurde dann geklärt, dass Sibilla „nur"
die Schreiberin der Franziskus-Legende, nicht aber die Übersetzerin des Textes gewesen sei.12
Zugleich konnte in dieser Arbeit auch Sibillas Urheberschaft für die in München liegenden neun
Miniaturen einer anderen Franziskus-Vita festgestellt werden, deren Text nur in Bruchstücken
vorhanden ist. In der ersten Beschreibung dieser Miniaturen13 wurde auf deren Verwandtschaft
mit den Bildern der Karlsruher Klarenlegende14 hingewiesen. Die Handschrift Thennenbach 4
der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe, die auch aus dem Freiburger Klarissenkloster
stammt, enthält 33 Miniaturen, die ebenfalls Sibilla gemalt hat. In der Summe liegt also ein
oeuvre von etwa 150 Miniaturen vor: 72 in der Franziskus-Legende von 1478, 14 in der
Elisabeth-Legende von 1481, 33 in der Klara-Legende (Thennenbach 4) von 1490, neun in der
Münchner Franziskus-Vita15 (undatiert) und acht in der Klarissenregel aus Villingen, die vor
1450 geschrieben und nach 1460 neu gebunden wurde, wobei wahrscheinlich die Miniaturen
hinzu kamen. Diese Bilder haben alle das gleiche Format von 7 x 10 cm. Einige weitere
Zeichnungen der Sibilla scheinen in einem Freiburger Sequentiar enthalten zu sein.16 Mindestens
drei der fünf Büchlein wurden von Rolet Stos aus Freiburg im Uechtland, einem der besten
Buchbinder seiner Zeit, gebunden: die Franziskuslegende, das Freiburger Sequentiar sowie
Thennenbach 4 und vielleicht auch die Elisabeth-Handschrift.17 Interessanterweise war Rolet
Stos auch Beichtvater {confessor) der Freiburger Klarissen. In Zusammenhang mit der Frage,
wer jeweils die Legenden und die Klarissenregel übersetzt hat, sollte berücksichtigt werden,
dass die Nonnen selbstverständlich Latein konnten. Die meisten ihrer Bücher waren in Latein
geschrieben und natürlich alle ihre „Gesangbücher". Die Freiburger Klarissen besaßen auch ein
Wörterbuch („Vocabularius latino-germanicus"), das Stos 1483 offensichtlich neu gebunden
hat: Hoc vocabularium emit ho[norabi]Iis fr. frater roletus stoss confessor huius almi monaste
Werner Heiland-Justi: Königstochter von Ungarn, Landgräfin von Thüringen und Heilige, Lindenberg 2007.
Aus der Freiburger Elisabeth-Handschrift in der Deutschen Nationalbibliothek Leipzig (DNB Leipzig), Klemm-
Sammlung I 104.
11 Robert Priebsch: Deutsche Handschriften in England, Bd. 2, Erlangen 1901, S. 140.
12 David Brett-Evans: Sibilla von Bondorf - Ein Nachtrag, in: Zeitschrift für deutsche Philologie 86 (1967), S. 91-
98.
13 Erich Steingräber: Neun Miniaturen aus einer Franziskus-Vita, in: Zeitschrift für schweizerische Archäologie
und Kunstgeschichte 13 (1952), S. 237-241; München, Graphische Sammlung Nr. 39837-39845.
14 Franz Anselm Schmidt/Fritz Mühlenweg: Clara und Franciscus von Assisi. Eine spätmittelalterliche alemannische
Legende der Magdalena Steimerin, Konstanz 1961. Hierbei handelt es sich um eine Übertragung der
Legende aus dem lateinischen Text des Thomas von Celano, Badische Landesbibliothek Karlsruhe (BLB
Karlsruhe), Thennenbach 4.
15 Die neun Münchner Blätter sind veröffentlicht in Jeffrey Hamburger: Sibylla von Bondorf, 9 Einzelblätter mit
der Legende des hl. Franziskus, in: Krone und Schleier - Kunst aus mittelalterlichen Frauenklöstern, Katalog zur
Ausstellung im Ruhrlandmuseum Essen 2005, München 2005, S. 518-520.
16 Die Musikhandschriften der Universitätsbibliothek und anderer öffentlicher Sammlungen in Freiburg im Breisgau
und Umgebung, beschr. von Clytus Gottwald (Kataloge der Universitätsbibliothek Freiburg im Breisgau 1, Teil
2), Wiesbaden 1979, S. 60f, Hs. 1131.
17 Abraham Horodisch: Die Buchbinderei zu Freiburg (Schweiz) im 15. Jahrhundert, in: Zeitschrift für schweizerische
Archäologie und Kunstgeschichte 6 (1944), S. 207-243; Gottwald (wie Anm. 16), S. 61; Werner
Heiland-Justi: Drei Handschriften aus dem Klarissenkloster in Freiburg im Breisgau: Eine Untersuchung zu den
Einbänden von Rolet Stos und den Miniaturen von Sibylla von Bondorf, in: Zeitschrift für schweizerische
Archäologie und Kunstgeschichte 63 (2006), S. 277-290.
38
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2011/0038