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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2011/0075
Die Rechtslage

Nach Eberhard Gothein wurde den Schwarzwäldern die Sitte, ihre Hochzeiten ausschließlich
im Wirtshaus zu feiern, erst im 16. Jahrhundert durch vielfache obrigkeitliche Befehle „eingelernt
".8 Diese generelle Aussage darf infrage gestellt werden. So wie sich die oben dargestellten
Abläufe der mehrere Tage andauernden Hochzeitsfeierlichkeiten darstellen, liegt die Schlussfolgerung
nahe, dass, selbst wenn diese Festlichkeiten von Obrigkeiten anerzogen worden waren,
sie von der Bevölkerung sehr gerne angenommen wurden.

In Bezug auf die Rechtsverhältnisse konnte es hinsichtlich der Großen Zehrungen im
Simonswälder Tal zu Problemen kommen, da das Tal zu drei verschiedenen Vogteien gehörte:
der großstiftischen, der kleinstiftischen und der herrschaftlichen Vogtei. Die Gebiete dieser drei
Vogteien verteilten sich bunt gemischt durch das ganze Tal, ja selbst innerhalb der Familien
waren einzelne Familienmitglieder unterschiedlichen Vogteien zugehörig. Aus diesen Gegebenheiten
folgte, dass sich die Bewohner des Tales nicht einem bestimmten Gasthaus zur Abhaltung
ihrer Großen Zehrungen zugehörig fühlten. Immer wieder entstand Streit, in welchem
Gasthaus derartige Veranstaltungen abgehalten werden sollten.

Um 1660 entschied ein Gerichtsurteil, dass die Mahlzeiten aus privaten Anlässen wie Hochzeiten
oder Kindstaufen jeder abhalten konnte, wo er wollte. Diejenigen Zehrungen jedoch, die
mit Hofkäufen und Teilungen verbunden waren, sollten nur im Gasthof der jeweiligen Herrschaft
stattfinden, d.h. dort, wo auch das Gericht der jeweiligen Vogtei abgehalten wurde.9 Es
ist dies ein deutlicher Hinweis auf den Gasthof als öffentliche Einrichtung mit Verwaltungsfunktion
sowohl für die Obrigkeit als auch die Gemeinde. Das Gasthaus war sozusagen ein
Vorläufer des späteren Gemeindeamtes.

Konsequent gingen in der Regelung der Großen Zehrungen die Klosterherrschaften vor. Im
15. Jahrhundert hatte das Kloster St. Blasien in den Orten seines Herrschaftsgebietes systematisch
Tavernen10 errichtet. Hierzu zählen die in späterer Zeit belegten sogenannten „Tavernenhöfe
" u.a. in den Orten Schluchsee, Grafenhausen, Faulenfürst und Bonndorf. Dabei handelte
es sich um Häuser, auf denen eine Gastwirtschaftsgerechtigkeit ruhte und die mit ganz spezifischen
Rechten und Pflichten ausgestattet waren. In einem erhaltenen Pachtvertrag aus dem 18.
Jahrhundert für das klostereigene Tavernenwirtshaus in Grafenhausen wurden auch die hier
interessierenden Rechte und Pflichten eindeutig festgeschrieben. Gemäß dieser Urkunde erhielt
Jakob Fritz einen Leiblehensbrief für das herrschaftliche Wirtshaus zu Grafenhausen mit allen
Gerechtigkeiten. Ausdrücklich wurde dabei geregelt, daß alle Eheabredungen, Kauf- und
Tauschverhandlungen, Hochzeiten und dergleichen des Amtes Grafenhausen in diesem Gasthaus
stattzufinden hätten.11 Die beiden Gemeindestubengasthäuser in der Klosterherrschaft St.
Trudpert im oberen und unteren Münstertal12 erfüllten - wie in der Einleitung beschrieben - die
gleichen Funktionen für Herrschaft und Gemeinde (Abb. 3).

Auch in den weltlichen Herrschaften wurden zum Teil klare Festlegungen zur Abhaltung der
Großen Zehrungen getroffen. Die schon oben erwähnte Ordnung des Prechtals enthält die
unmissverständliche Aussage: Alle hochzeiten und schenkinen, desgleichen taufungen samt
allen andern gesellschaften im Brechtaler kilchspiel solen gleichsfals wie die gerichtstag in des
Ladhoffs würtshaus und anders niendert gehalten werden.13 Es gab zu dieser Zeit im Prechtal

Gothein (wie Anm. 5), S. 40.

9 GLA, 229/97477.

10 Gasthäuser, die im Besitz einer vollständigen Gastwirtschaftsgerechtigkeit waren (warme und kalte Speisen sowie
eine Übernachtungsmöglichkeit anbieten) werden in den Urkunden meist als Tavernen bezeichnet.

11 GLA, 340/13la.

12 Die Gasthäuser „Adler-Stube" in Untermünstertal und „Spielweg-Hirschen" in Obermünstertal.

13 Mitteilungen aus dem F. Fürstenbergischen Archive (wie Anm. 7), S. 241.

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