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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2011/0084
zeiten abhalten durften. In diesem Fall konnten die badischen Juristen den Argumenten des
Steinbachwirtes gar nicht folgen. Ganz im Sinne der damaligen Rechtsinterpretation wurde u.a.
argumentiert, dass das Privilegium des Klägers eine offenbare Verletzung der Rechte Dritter
neun lieh der Beklagten ... enthalten würde. Außerdem wurde entgegnet dass Privilegien solcher
Art im Zweifel als erschlichen und damit ungültig und unwirksam zu betrachten sind.36 Völlig
anders sahen die Juristen den Sachverhalt im Fall des Löwenwirts in Fahrenberg bei Breitnau,
als dieser 1812 um die Erlaubnis bat, dass die Bewohner von Fahrenberg auch bei ihm - statt
wie bisher im Gasthaus „Kreuz" zu Breitnau - die Großen Zehrungen abhalten durften. Das
Gesuch des Löwenwirtes wurde abgelehnt, da in dem zwischen den Grundherrschaften von
Pfirdt und Sickingen im Jahre 1651 ... geschlossenen Teilungs-Vergleichs-Instrument bedungen
wurde, dass die Pfirdtschen Unterthanen ab dem Fahrenberg in dem Wirtshaus zu Breitnau, wo
sie in die Kirche gehen, wegen der Nähe die Hochzeitsmahle halten können und sollen, so muss
es auch für die Zukunft sein Bewenden haben.31 In diesem Fall galt also 1812 noch ein Vertrag
zwischen zwei Grundherren aus dem Jahr 1651!

Insgesamt setzte sich jedoch ein neuer Geist durch. Im Jahr 1818 nahm der Ochsenwirt von
Neukirch das Recht für sich in Anspruch, dass jede zweite Große Zehrung in Neukirch in seinem
Gasthaus abgehalten werden müsse. Er berief sich dabei auf eine Urkunde aus dem Jahr
1708. Das zuständige Bezirksamt in Triberg ging zunächst auf seine Argumentation ein und
beschloss eine Teilung der Gemeinde in der Form, dass jeder Bewohner zur Abhaltung dieser
Zehrungen einem der zwei Wirte zugeteilt wurde. Der Rösslewirt von Neukirch erhob Beschwerde
gegen diesen Bescheid bei der dem Bezirksamt übergeordneten Landesbehörde. Diese
entschied völlig im Sinne der nun geltenden Auffassung und erklärte ausdrücklich, dass es der
Landesherrschaft frei stehe, bei der jetzigen Landes-Constitution die Gemeinde von dem drük-
kenden Zwang zu befreien, weil es gar nicht der jetzigen Gesetzgebung angemessen ist, die
Untertanen in ein Wirtshaus zu bannen, denn es muss jedem derselben frei stehen, in einem ihm
beliebiges öffentliches berechtigtes Schankhaus gehen zu dürfen; es wird niemand verbindlich
erklärt werden wollen, seine Feste in einem vielleicht schlechtem Wirtshaus halten zu müssen
und sich auf diese Art von Amts wegen beschädigt zu sehen.3*

Ausklang

Auch die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eingetretenen Veränderungen hatten auf die
Sitten und Gebräuche der Schwarzwälder im Hinblick auf die Abhaltung der Großen Zehrungen
in den Gasthäusern keinen großen Einfluss.

Aus eigener Anschauung schildert August Meitzen, wie 1848 im Schwarzwald gefeiert wurde
: „Will man den Schwarzwälder näher kennen lernen, so muss man ihn bei den Festen aufsuchen
... Die Festlichkeiten selbst zeigen immer denselben Charakter, mag eine Hochzeit, eine
Kirmess ... oder sonst ein Ereignis Veranlassung sein. Die ganze Gemeinde und sogar die
Nachbarn kommen mit ihren Frauen einige hundert Köpfe stark in einem Wirtshaus zusammen.
Dabei sind alle im höchsten Glänze, die Männer oft in sehr feine Stoffe gekleidet, und mit
Uhrenketten, Busennadeln u. dgl. geputzt. Die Weiber tragen dabei große, buntseidene sogenannte
Mailänder Halstücher ... auch bemerkt man sehr feine Strohhüte, die 1 Louisdor kosten,
und hie und da ... eine lange silberne Kette, die sie als Gürtel mehrmals um die Taille winden
... Die Gäste sitzen Kopf an Kopf an langen Tafeln in bunter Reihe, und wechseln kaum einmal
den Platz, obgleich die Mahlzeit von früh um 11 Uhr bis zum späten Abend dauern. Während

Gemeindearchiv St. Märgen, V, 2. Gewerbebetriebe, Gastwirtschaften.
GLA, 229/100086.
GLA, 229/73718.

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