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Der Verein „Frauenbildung-Frauenstudium" honorierte das Engagement von Adelheid Steinmann
umgehend und wählte sie noch im Jahr 1900 zur Vorsitzenden des reichsweiten Vereins.34
Von dieser Position aus beförderte sie weiter das Frauenstudium und war beteiligt an der Öffnung
der Universitäten in Bayern 1903, in Württemberg 1904, selbst in Preußen, das sich sehr
viel Zeit ließ, denn hier wurde Frauen das Studieren erst 1908 erlaubt.
Freiburg stand nun als Hauptort des Vereins „Frauenbildung-Frauenstudium" im Zentrum
der Frauenbildungsbewegung, und auch die hiesige Dependance des Vereins übertrug Adelheid
Steinmann den Vorsitz. Diesen behielt sie bis 1906, als die Familie ihr Domizil in der Freiburger
Mozartstr. 20 aufgab, weil Gustav Steinmann einen Ruf an die Bonner Universität angenommen
hatte.35
Bis dahin allerdings sollte sie für die Freiburger Frauen noch viel bewirken: So richtete der
Verein unter ihrer Leitung ab Januar 1902 einen mehrwöchigen Kurs in Handelswissenschaften
für Frauen ein, der zweimal wöchentlich abends von 8 bis 10 Uhr in der städtischen Handelsschule
abgehalten wurde. Hierfür stellte der Stadtrat auf Antrag von Adelheid Steinmann nicht
nur kostenlos die Unterrichtsräume zur Verfügung, sondern erlaubte auch den städtischen Handelsschullehrern
, Frauen zu unterrichten. Der Kurs wurde von 20 Schülerinnen, in der Mehrzahl
Handelsgehilfinnen, besucht und zwar mit befriedigendem Resultat, wie der Verein Mitte
1902 mitteilte.36 Im Jahresbericht 1904 wurde über den Fortgang der Kurse bemerkt: Die von
der Abteilung gegründeten Handelskurse sind eingegangen. Was sich hier nach Rückschritt
anhört, war jedoch ein voller Erfolg, denn tatsächlich hatte die Stadt an ihre Handelsschule eine
Schule für Mädchen angegliedert.31
Das Thema „Frauenbildung" wurde vom Freiburger Verein ebenso wie von seiner Vor-
sitzenden Adelheid Steinmann sehr weit ausgelegt. Aus der Überlegung heraus, dass sich die
Überlegenheit und damit natürlich auch die Macht der Männer über die Frauen im öffentlichen
, im beruflichen wie auch im privaten Bereich nicht selten schlicht in deren Wissensvorsprung
auf juristischem Gebiet begründete, eröffnete der Verein Anfang 1902 in
Freiburg eine Rechtsberatungsstelle für Frauen. Es handelte sich dabei freilich nicht um eine
hiesige Erfindung, denn die erste Rechtsberatungsstelle für Frauen war bereits 1894 in Dresden
eröffnet worden, und Das Beispiel hatte schnell Schule gemacht. 1901 gab es bereits 20 derartige
Einrichtungen im Deutschen Reich, in Baden existierten welche in Mannheim und in
Heidelberg.38 Während aber in den anderen Städten zur Unterhaltung der Rechtsberatungsstellen
eigene Rechtsschutzvereine für Frauen gegründet worden waren, übernahm diese Rolle
in Freiburg der Verein „Frauenbildung-Frauenstudium" mit Adelheid Steinmann an der Spitze.
Das bedeutete in erster Linie, dass die Kräfte gebündelt wurden - hätte sich ein eigener, neuer
Verein gegründet, dann wäre dies möglicherweise auf Kosten der Durchsetzungskraft des
bereits bestehenden geschehen.
So aber war es wieder Adelheid Steinmann, die sich Ende November 1901 nicht nur wegen
der Handelsschulkurse, sondern auch wegen der Rechtsberatung an den Stadtrat mit der Bitte
wandte, kostenfrei einen städtischen Raum zugeteilt zu bekommen. Da ihr jedoch klar war, dass
Vgl. Merk (wie Anm. 3), S. 286.
Adressbuch der Stadt Freiburg für das Jahr 1906, S. 418; vgl. Helmut Stubbe-da-Luz: Adelheid Steinmann -
Frauenrechtlerin und Bonner Stadtverordnete, in: Das Rathaus. Zeitschrift für Kommunalpolitik 9 (1986), S. 527-
531, hier S. 528.
Vgl. Briefwechsel zwischen dem Stadtrat und dem Verein „Frauenbildung-Frauenstudium", 1901-1902, Stadtarchiv
Freiburg (StadtAF), C3/354/14. Darin Schreiben von M. Agnes Rebmann an Stadtrat, 15.7.1902.
Jahresbericht des Vereins „Frauenbildung-Frauenstudium" und seiner Abteilungen, Freiburg 1904, S. 22.
Vgl. Beatrix Geisel: Patriarchale Rechtsnormen und Frauenrechtsschutzvereine, in: Mascha Rieplschmidt/
Sybille Osswald-Bargende (Red.): 50 Jahre Grundgesetz. Menschen- und Bürgerrechte als Frauenrechte, hg.
von Frauen und Geschichte Baden-Württemberg, Königstein/Ts. 2000, S. 114-131, hier S. 117f.
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