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(Mai 2011) Spuren von Bombensplittern, eins der inzwischen wenigen Zeugnisse in der Stadt,
die unmittelbar an den Luftangriff 1944 erinnern.69
Der Weg vom Haupteingang des Kollegiengebäudes I zum Senatssaal führt an einer
Gedenktafel vorbei: „Im Kriege von 1914 bis 1918 kämpften und starben für die Rettung des
Reiches." Die anschließend aufgezählten Kampfplätze umspannen die ganze Welt: Im Westen,
im Osten, in den Alpen, auf dem Balkan, in der Türkei, in Syrien und Mesopotamien, in den
Kolonien, auf den Weltmeeren ... Es folgen lange Listen mit den Namen der Gefallenen,
zunächst der Lehrenden und Bediensteten (nach Stand bzw. Besoldungsgruppe getrennt: von
den Professoren über die Privatdozenten und Assistenten bis zu einem „Gartengehilfen"), dann
der Studenten, nach Fakultäten unterschieden. Zum Schluss heißt es: „Den Toten zum Gedächtnis
, den Lebenden zur Mahnung".
Darunter hat die Universität in den 1980er-Jahren (?) eine weitere Inschrift anbringen lassen:
„Den Opfern von II. Weltkrieg und Gewaltherrschaft". Die Worte müssen auf die Jahre 1933 bis
weit über die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht (8./9. Mai 1945) hinaus bezogen werden
. Auf Namenslisten hat man wahrscheinlich deshalb verzichtet, weil allzu viele Opfer unbekannt
geblieben sind. Anders als am Kopf der oberen Gedenktafel hat man nicht einmal versucht
, den Opfern einen Sinn zu geben.70 Besser als Worte es vermöchten, lassen die offenkundig
fehlenden Aussagen das Ausmaß der Katastrophe erahnen, in die seit 1933 zunächst die
Deutschen, seit 1938 auch die Bewohner „heimgeholter", annektierter und eroberter Länder
gestürzt sind.
Im Vorraum der Aula, ein weiteres halbes Stockwerk höher, sind seit den 1960er-Jahren (?)
in goldener Schrift auf schwarzem Grund die Namen von Wohltätern der Universität festgehalten
, angefangen mit Johannes Kerer, dem schon erwähnten Stifter des Collegium Sapientiae.
Anfangs haben vor allem Geistliche, auch solche aus Basel, seit dem 18. Jahrhundert zunehmend
Weltliche die Universität gefördert. Die Jahreszahl 1998 ergänzt den letzten Namen
(Stand Mai 2011). Es bleibt noch Platz, um weitere Gönner zu ehren.71 Die Tafel lässt sich, wie
auch der Dankstein am Alten Wiehre-Bahnhof, als sichtbares Zeichen einer Tugend verstehen,
die im öffentlichen Leben nur noch wenig geachtet wird. Stifter erinnern sich dankbar der
Förderung, die sie selbst erfahren haben, und die Universität bekundet auf noble Weise ihre
Dankbarkeit den Spendern gegenüber.
Die Skulpturen von Homer und Aristoteles, die den Haupteingang des Kollegiengebäudes I
flankieren, verweisen seit bald hundert Jahren auf antike Wurzeln der europäischen Kultur.
Darüber hinaus lassen sich die Bronzen, wie auch das schmiedeeiserne Gitter am Haupteingang
des gegenüberliegenden Kollegiengebäudes IV, als Zeugnis dafür verstehen, dass der Zweite
Vgl. Festschrift 550 Jahre Albert-Ludwigs-Universität (wie Anm. 8), Bd. 1, S. 225 mit Abb. 259 (Foto vom
Zustand dieser Ecke des Kollegiengebäudes I nach der Zerstörung).
Die seinerzeitige Tageszeitung „Der Alemanne" hat im März und April 1945 Sammel-Todesanzeigen veröffentlicht
, in die auch Kinder aufgenommen sind. Lange, alphabetisch geordnete Listen stehen unter dem Eisernen
Kreuz, mit Hakenkreuz, das von den Worten gerahmt wird: „Bei dem Terrorangriff auf Freiburg i.Br. am 27.11.44
sind für die Freiheit unseres Volkes und Reiches gefallen". In Einzelanzeigen für gefallene Soldaten hieß es oft:
„Für Führer, Volk und Vaterland".
Vor Jahren hat der Autor als Mitglied des Großen Senats der Universität nach der Höhe der Summe gefragt, die
man mindestens spenden müsse, um in diese Tafel aufgenommen zu werden. Voller Entrüstung hat der seinerzeitige
Kanzler eine Antwort abgelehnt. Die Treuhänder des Münsters geben sich heute ganz unbefangen. Wer seinen
Namen in einen der Poller vor dem Renaissanceportal eingemeißelt sehen möchte, muss 500 Euro oder mehr spenden
, wer in eine der Stiftertafeln unter der Traufe des Chordaches aufgenommen werden will, soll sich mit mindestens
5.000 Euro beteiligen, nach Münsterblatt. Jahresschrift des Freiburger Münsterbauvereins 11 (2004), S. 46,
und 9 (2002), S. 38, jeweils mit Abb.
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