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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2011/0215
hältnis der Freiburger Bürger zu „ihrem" Münster, insbesondere nach der Erhebung der Pfarrkirche zur
Kathedrale, dargelegt wird. Die Regelung der Zuständigkeiten zwischen Stadt, Kirchengemeinde und Erzbistum
erwies sich das ganze 19. Jahrhundert hindurch als schwierig und konfliktbeladen. So wollte der
1890 auf Initiative von Oberbürgermeister Otto Winterer gegründete Münsterbauverein nicht nur dem
Verfall entgegenwirken, sondern auch die früheren Zuständigkeitsverhältnisse zumindest gefühlsmäßig
wiederherstellen. Er sah sich deshalb weniger als Unterstützer des Sakralbaus, sondern vielmehr in der
Rolle eines Treuhänders und Pflegers für das Münster als Kulturträger und Symbol der Bürgermacht. Ein
Exkurs nach dem folgenden Kapitel zeigt, dass auch bei der Beleuchtung des Münsterturms der Streit um
die Zuständigkeiten und Rechte zwischen Stadt und Klerus eine Rolle spielten.

Das Kapitel „Auftritt der Elektrizität" informiert zunächst über die Einführung der neuen Technik im
Allgemeinen und insbesondere im Bereich der Kirche, wobei das Verhältnis der Kirche und ihrer Vertreter
zum technischen Fortschritt und zur Moderne im Mittelpunkt steht. Dabei bedeutet die antimodernistische
Haltung der katholischen Kirche, die im modernen Zeitgeist eine Gefahr für die römische Autorität sieht,
keine Technikfeindlichkeit. Zahlreiche Belege zeigen, dass die technische Aufrüstung der Kirche durch
Licht, Ton oder Heizung auch vom Klerus durchaus als Segen und „Fortschritt zum Wohle der Menschheit
" empfunden wurde.

Licht und Beleuchtung spielen für die Rauminszenierung des Kircheninneren eine wichtige Rolle.
Zunächst betrachtet die Autorin Raum und Licht der Gotik, die Deutung des Lichts im Mittelalter und
schließlich den durch die farbige Verglasung geprägten Lichtraum des Freiburger Münsters und dessen
Veränderungen bis ins 20. Jahrhundert. Neben Öllampen als wichtiger künstlicher Lichtquelle kommt Kerzen
eine besondere Bedeutung zu. Sie haben in der katholischen Kirche eine primär rituelle und symbolische
Funktion. Das Anzünden bestimmter Kerzen während des Gottesdienstes - etwa der Sanctus- oder
Wandlungskerzen - hebt für die Gläubigen bestimmte, bedeutende Momente hervor. Dabei spielt auch das
Material der Kerze eine wichtige Rolle zur Unterscheidung zwischen liturgischem Licht und rein funktionaler
Beleuchtung. Reines Bienenwachs oder ein hoher Anteil sind für den Gebrauch in der Liturgie vorgeschrieben
; Unschlitt-, Talg- und später Stearinlichter sind auf dem Altar nicht zugelassen.

Die 1850 in der Stadt Freiburg eingeführte Gasbeleuchtung veränderte die Wahrnehmung von Licht im
öffentlichen und privaten Raum und hatte auch bei den Gottesdienstbesuchern zu einem größeren Bedürfnis
nach Helligkeit geführt. Nicht zuletzt machte das neue Gesangbuch „Magnificat", das die aktive
Teilnahme der Gläubigen am Gottesdienst fördern sollte, helleres Licht notwendig. Für das Münster wurde
die Installation von Gaslicht 1888 beschlossen und bis Ostern 1890 umgesetzt

Freiburg erhielt 1901 - also vergleichsweise spät - ein städtisches Elektrizitätswerk, das zunächst Energie
für die elektrische Straßenbahn und für die „Bequemlichkeit der Bürger" - vor allem der gehobenen
Kreise - lieferte. Zu den ersten Stromkunden gehörte 1901 die Münsterfabrik, die beschlossen hatte, die
beiden noch immer mit Kerzen bestückten Kronleuchter im Chor elektrisch auszurüsten. Sie wurden nur
an Festtagen zur zusätzlichen Illuminierung eingesetzt und waren deshalb keine Konkurrenz für die bestehende
Gasbeleuchtung. Das Ende des Gaslichts kam mit der Gasnot nach dem Ersten Weltkrieg: 1919
wurde eine elektrische „Notbeleuchtung" installiert, die allerdings keineswegs als Provisorium diente,
sondern, wenn auch ohne raumkünstlerischen Anspruch, auf Jahre hinaus die Beleuchtung des Raums
sicherstellte. Erst im Zuge einer Innenrenovierung des Langhauses Mitte der 1950er-Jahre machte man
sich Gedanken um eine „würdigere und festlichere Beleuchtung". 1955 wurden die schlichten Pendelleuchten
in den Arkaden aufgehängt, die bis zur Umsetzung neuen Beleuchtungskonzeptes 2010 ihren
Dienst taten.

Das letzte Kapitel von „Das Münster unter Strom" widmet sich schließlich der Beschallung des Raumes
und setzt wieder mit allgemeinen Betrachtungen des Zusammenhangs von Predigt und Raumakustik, der
sich wandelnden Rolle der Predigt im christlichen Gottesdienst und die allgemeine technische Entwicklung
der Elektroakustik ein. Für das Freiburger Münster wurde 1926 erstmals die Einrichtung einer
„Vielhöreranlage" vorgeschlagen, die es vor allem Schwerhörigen ermöglichen sollte, den Worten des Predigers
zu folgen. 1934 wurde die Firma Siemens um ein Angebot für eine Lautsprecheranlage im Münster
gebeten. Sie hatte fünf Jahre zuvor eine mobile Anlage für den Katholikentag in Freiburg zur Verfügung
gestellt. Vermutlich wegen der im selben Jahr erfolgten Installation des Personenaufzugs im Treppenturm
zur Michaelsempore wurde das Beschallungsprojekt zunächst zurückgestellt, jedoch bis Ende 1935 soweit
vorangetrieben, dass durch die Firma Telefunken erste Tests im Oktober/November durchgeführt werden
konnten. Im Dezember stimmte das Ordinariat dem endgültigen Einbau einer Lautsprecheranlage zu. Die

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