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Erste städtische Einflüsse und Eröffnung des Vorlesungsbetriebes im Münster
Die Anfangsbedingungen der Universität waren aufgrund der besonderen Gründungsumstände
erheblich erschwert, da sich Albrecht zur Konsolidierung seiner Herrschaft seit Anfang 1456
nicht mehr in Freiburg aufhielt. Erstmals übernahm die Stadt Freiburg in dieser Situation eine
gewichtige Rolle im Entwicklungsprozess der Universität, indem sie 1.000 Gulden zur Vorfinanzierung
für die Anwerbung der ersten Professoren und erste Räumlichkeiten bereitstellte.53
Dabei ist sich die besondere Situation innerhalb der mittelalterlichen Stadtmauern bewusst zu
machen. Die Universitätsmitglieder mit ihren Steuerprivilegien und eigenen Gerichtsbarkeit,
wie es sie für alle geistlichen Anstalten des Mittelalters gab, lösten die Universität genauso wie
den Klerus aus dem städtischen Rechtsbereich heraus und ließen sie wie einen Fremdkörper im
Stadtbild erscheinen. Die prekären Raumverhältnisse in einer mittelalterlichen Stadt und die
universitäre Exemtion aus dem Stadtbereich standen sich diametral gegenüber. Konflikte waren
nahezu vorprogrammiert, weshalb die Stadtobrigkeit alljährlich und bei einer Neuwahl dem
Rektor die sehr weitgehenden Vorrechte der Universität schwören musste.54
Die Versammlung im Münster anlässlich eines Gottesdienstes war eine ideale Gelegenheit
für öffentliche Bekanntmachungen und feierliche Erklärungen. Bereits am 25. April 1456 war
der Sonntagsgottesdienst genutzt worden, um die Freiburger Bürger mit den Gründungsplänen
zu konfrontieren. Der Münsterpfarrer Siegfried Kugler gab damals ein entsprechendes Schreiben
des Konstanzer Bischofs bekannt.55 So wie im Stiftungsbrief angewiesen, wurde dieser von
nun an jedes Jahr von der Kanzel des Münsters verlesen, um die Privilegien der Universität und
die darin getroffenen Vereinbarungen mit der Stadt den Universitätsmitgliedern sowie den
Stadtbewohnern in Erinnerung zu rufen.56 Die Statuten wurden sogar halbjährlich im Münster
und später in der Aula der Universität verlesen.57
Im April 1460 fand endlich die feierliche Eröffnung des universitären Lehrbetriebes im
Freiburger Münster statt. Sie stellte den öffentlichen Vollzug der universitären Schwureinung dar,
bei der sich beide Gemeinschaften, die universitas studii und die universitas civium, einander vertraut
machen konnten. Zugleich demonstrierte sie die neu entstandene universitäre Gemeinschaft
sowohl in ihrer Verbundenheit mit der Bürgerschaft als auch in ihrer Andersartigkeit zu ihr.58 Die
Eröffnungsfeier fand vom 25. bis 27. April 1460 im Freiburger Münster ebenfalls im Beisein der
Universitätsangehörigen und der versammelten Stadtgemeinde statt. Neben der Rektorenwahl,
zahlreichen Gottesdiensten, Vorträgen und Prozessionen durch die Stadt hielt Matthäus Hummel,
der erste Rektor der Universität, seine bekannte Rede „Die Weisheit hat sich ein Haus gebaut".59
Am dritten Festtag begannen die Erstvorlesungen im Münster in der Rangfolge der Fakultäten.
Damit wurden sie explizit in den Festgottesdienst aufgenommen und „so weit in die Liturgie einbezogen
, daß es [...] den Laien wie ein gleichsam liturgischer Akt erscheinen" und „das tägliche
Geschäft der Magister und Scholaren selbst an Gottesdienst gemahnen mußte"60.
Rest (wie Anm. 18), S. 128.
Stiftungsbrief vom 21.9.1457, in: Gerber (wie Anm. 1), Dok. Ah, S. 34.
Frank Rexroth: Städtisches Bürgertum und landesherrliche Universitätsstiftung in Wien und Freiburg, in: Stadt
und Universität, hg. von Heinz Duchhardt (Städteforschung A 33), Köln 1993, S. 13-31, hier S. 26, Anm. 68.
Stiftungsbrief vom 21.9.1457, in: Gerber (wie Anm. 1), Dok. Ah, S. 34f.; Herzig (wie Anm. 16), S. 7.
Heinrich Schreiber: Geschichte der Albert-Ludwigs-Universität zu Freiburg im Breisgau, Bd. 2: Von der
Kirchenreformation bis zur Aufhebung der Jesuiten (Bd. 2), Freiburg 1859, S. 44.
Mertens (wie Anm. 3), S. 38f.
Die einzelnen Programmpunkte, die den religiösen Charakter dieses Festaktes eindeutig widerspiegeln, werden
bei Mertens (wie Anm. 3), S. 38-43, ausfuhrlich erläutert. Die Programmschrift findet sich im Stadtarchiv
Freiburg (StadtAF), B2/39, fol. 2r-3r.
Rexroth (wie Anm. 55), S. 28 und 31.
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