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damit seinen adligen Nachbarn, Graf Wilhelm von Öttingen. Da dieser nun Beschwerde einlegte
, wurde die Stadt angewiesen, der Graf solle neben dem Rektor gehen. Nun aber trat der
Umstand ein, dass die Vertreter der Stadt plötzlich beiden vorangingen, was wiederum eine
ungewollte Standesherabsetzung bedeutete. Die Situation schien so verfahren, dass die Universität
extern um Rat suchte und die Nachbaruniversitäten in Ingolstadt, Tübingen und
Heidelberg anfragte, wie sie verfahren würden. Da trotz allem keine Einigung in Sicht war, bat
man sogar den Erzherzog 1589 um Hilfe und Vermittlung.103 „Soziale Ordnung wurde [...] hier
nicht bloß abgebildet, sondern konstituierte sich stets aufs Neue."104 Trotz der vielen Kompromisse
und Konkordate zwischen Universität und Stadt schwelten die Konflikte aufgrund der
zahlreichen Zwischenfälle über die Jahrhunderte hinweg weiter. Erst im 18. Jahrhundert einigte
man sich endgültig auf die pragmatische Lösung, dass Stadtvertreter und Universität nebeneinander
schreiten sollten.105
Aufnahme des Basler Domkapitels im Freiburger Exil
Allein die Tatsache, dass das Basler Domkapitel 1529 nach Freiburg ins Exil flüchtete, spricht
unter den Rahmenbedingungen des reformatorischen Aufbruchs für relativ gefestigte und stabile
konfessionelle Verhältnisse in Freiburg.106 Zunächst wollten die Basler Domherren nur vorübergehend
in Freiburg bleiben, bis sich die Verhältnisse in Basel normalisiert hätten, doch
letztlich währte ihr Aufenthalt bis 1678. Mit der Stadt einigte man sich schnell über die Bedingungen
für eine Aufenthaltsgenehmigung, die in einer vertraglichen Rahmenvereinbarung,
vorwiegend wegen der Gerichtshoheit, die beim Bischof von Basel verbleiben sollte und wozu
der Bischof von Konstanz seine Zustimmung geben musste, festgehalten wurde.107 Für die
Aufnahme der Basler Domherren in das Münster musste nun aber auch die Zustimmung der
Universität eingeholt werden und eine Einigung über die Überlassung von liturgischen Diensten
gefunden werden. Als der Bevollmächtigte des Basler Domkapitels, Johannes Fabri, am 23.
Mai 1529 vor dem Senat vorsprach und eine sofortige Verfügung forderte, drang der Senat zur
Wahrung der universitären Rechte auf die Ausstellung eines Revers. Darin sollten die Domherren
die Widerruflichkeit der Zulassung anerkennen und versprechen, die Pfarrrechte und die
bestehende Gottesdienstordnung zu achten.108 Die Ausstellung des Revers verzögerte sich allerdings
um mehrere Jahre. Als Grund wird das provokante und anstößige Auftreten von Kapitelsangehörigen
gegenüber der Universität angegeben, was das gegenseitige Verhältnis anfangs
stark belastete.109 Als sich Teile des Domstifts zu einem Kollegiatstift am Münster zusammenfinden
wollten, widersetzte sich die Universität beharrlich. „Erst nachdem der Senat mit einem
Ausschluss des Domkapitels aus dem Münster gedroht hatte und dessen Position sich durch
Pest, Dekanatsstreit und die wider Erwarten anhaltende Exilssituation stark verschlechtert
Füssel (wie Anm. 95), S. 302f. Der ganze Vorfall ist nachzulesen bei Mayer (wie Anm. 34), S. 349ff.
Füssel (wie Anm. 95), S. 297.
Herzig (wie Anm. 16), S. 8.
Zur Haltung Freiburgs gegenüber der Reformation siehe z.B. Horst Buszello/Dieter Mertens/Tom Scott:
„Lutherey, Ketzerey, Uffrur". Die Stadt zwischen Reformation, Bauernkrieg und katholischer Reform, in:
Geschichte der Stadt Freiburg im Breisgau, Bd. 2: Vom Bauernkrieg bis zum Ende der habsburgischen Herrschaft
, hg. von Heiko Haumann und Hans Schadek, Stuttgart 22001, S. 13-68; Winfried Hagenmeier: Das
Verhältnis der Universität Freiburg i. Br. zur Reformation. Untersuchungen über das Verhalten der Universität und
die Einstellung einzelner Professoren und Studenten gegenüber der reformatorischen Bewegung in den Jahren
1517-1530, Freiburg 1968.
Eisele (wie Anm. 22), S. 204 und 207.
Franz-Josef Gemmert: Das Basler Domkapitel in Freiburg, in: Schau-ins-Land 84/85 (1966/67), S. 125-159, hier
S. 130; Stutz (wie Anm. 9), S. 22.
Schreiber (wie Anm. 57), S. 26f.; Gemmert (wie Anm. 108), S. 133.
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