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besonders in weltlichen Belangen für sich genutzt. So hatte das Interesse an finanzieller Selbstständigkeit
und ein Streben nach Profilierung ein großes Gewicht im Auftreten gegenüber städtischen
und kirchlichen Interessengruppen. Die besondere Gründungskonstellation brachte dazu
ein einzigartiges und ambivalentes Verhältnis der beteiligten Parteien hervor. Universitäre,
städtische und klerikale Strukturen griffen im Knotenpunkt des Münsters deutlich ineinander.
Auffällig wird im Gesamtblick, dass die Konfliktfelder zwischen der Stadt und der Universität
sich mit kirchlichen Gruppen, sowohl mit Pfarrklerus als auch mit Mendikanten, sehr
ähnelten. Maßgebliche Reibungspunkte waren in beiden Fällen die Sonderstellung im Gerichtsstand
und die Steuerprivilegien, letzteres verbunden mit Bürgerrechten und -pflichten und städtischem
Grundbesitz. Die umfangreichen Konflikte, die sich in den zahlreichen Konkordaten
zwischen Universität und Stadt niederschlagen, nahmen jedoch erst größeren Umfang an, als
die Universität Ende des 15. Jahrhunderts eine gewisse Konsolidierung erfahren hatte und die
Universitätsangehörigen erst jetzt zahlenmäßig ins Gewicht fielen. Parallel zu dieser Entwicklung
konnte sie sich nun wirtschaftlich über ihre eigenen Pfarreien versorgen und entschlossener
gegen drohende Einschnitte in ihre Autonomie vorgehen. Auch wenn die Freiburger Universität
in ihrem Grundgerüst mehr als geistliche Institution erscheint, täuscht nichts über die
weltlichen diffizilen Interessenlagen hinweg. Die verschiedenen aufgezeigten innerstädtischen
Verbindungslinien lassen einen Rückschluss auf das entstehende Selbstbewusstsein der Universität
zu. Die eindeutige Distanzierung gegenüber Eingriffen in die universitäre Autonomie
steht für bewusste Abgrenzungsversuche. Dabei zeigt sich eine recht ambivalente Haltung der
Universität: Sie berief sich vor allem dann auf ihren Status als kirchliche Institution, wenn
Reibungspunkte mit weltlichen Autoritäten dies erforderten. Die kirchliche Zuordnung wurde
demnach genutzt, um sich gegen die weltliche Macht zu positionieren. Auf der anderen Seite
versuchte man auch gegenüber kirchlichen Autoritäten Distanz zu wahren. Dieses Verhalten
deutet auf ein ständiges Austarieren zwischen Abhängigkeitsverhältnissen und ein fortwährendes
Neuverorten zwischen weltlicher und kirchlicher Sphäre hin. Dieser Umstand erzeugte den
wechselvollen Umgang mit den verschiedenen Interessengruppen, welcher hier in seinen ganzen
Ausprägungen nur umrissen werden konnte. Zudem trägt die besondere Beziehung zwischen
Universität und Münster eher exponierende Charakterzüge, sodass sie nur bedingt allgemeingültig
für die Verbindung zwischen Universität und kirchlichen Einrichtungen innerhalb
der Stadt stehen kann. Es ist anzunehmen, dass die Dominanz des Münsters in der städtischen
Religiosität auch der Universität ein größeres Gewicht verschafft haben könnte. Ein abschließendes
Urteil dazu muss jedoch offen bleiben und erfordert aufgrund des breiten Spektrums der
städtischen Kirchenlandschaft im Spätmittelalter eine eigenständige Betrachtung.
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