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Von der Bundesordnung liegen noch zehn handschriftliche Exemplare vor.16 Fünf von ihnen
stimmen textlich mit den Druckfassungen überein. Anders steht es mit fünf weiteren Handschriften
, die nach ihren Lagerorten als Augsburger, Freiburger (ein vollständiges und ein
unvollständiges Exemplar17), Karlsruher und Basler Handschriften bezeichnet werden. Sie bringen
den Text der 1. Druckfassung, formulieren mehrere Artikel jedoch ausführlicher und haben
gegenüber den Druckfassungen noch weitere, zusätzliche Artikel. Drei Handschriften: die Freiburger
, Karlsruher und Basler, kennen einen Artikel der Druckfassungen, den sogenannten
„Schlösserartikel" nicht.18 In diesen fünf Fällen handelt es sich also nicht um bloße Abschriften,
sondern um eigenständige (Lang-)Fassungen der Bundesordnung. Dabei stehen sich die Karlsruher
und die Basler Handschrift im Text so nahe, dass man von einer Karlsruher/Basler Fassung
sprechen kann.19
4. Das Verhältnis der Druck- und handschriftlichen (Lang-)Fassungen
der Bundesordnung zueinander
Die im Freiburger Stadtarchiv lagernde Handschrift der Bundesordnung wurde 1864 von
Heinrich Schreiber ohne Kommentar unter der Überschrift „Feldartikel der Bauern" ediert.20
Zwei Jahre später unternahm C. A. Cornelius eine zweite Edition und deutete den Freiburger
Text als Entwurf der Memminger Bundesordnung bei den Beratungen in der oberschwäbischen
Reichsstadt am 6.11. März 21. Nach der Arbeit von Cornelius wurde von Wilhelm Vogt die Augs-
16 Sie sind erfasst und beschrieben bei SEEBAß (wie Anm. 14), S. 55-66.
17 Das unvollständige Exemplar bricht im 8. Artikel ab. Es ist nicht ediert und befindet sich im Stadtarchiv Freiburg
(StadtAF) unter der Signatur Cl Militaria 101, fol. 44r-45r. Der Schreiber dieses Exemplars war nach einer freundlichen
Mitteilung von Dr. Hans Schadek, dem ehemaligen Leiter des StadtAF, Ulrich Wirtner, eine der herausragenden
Persönlichkeiten Freiburgs zu jener Zeit (Magister Artium, Stadtschreiber, Ratsherr von 1505 bis 1532, Obristzunft-
meister, Münsterpfleger). Wirtner weilte nach dem 24. Mai 1525 als Vertreter der Stadt im Lager der Bauern; Anfang
Juni nahm er an den Verhandlungen zu OfTenburg (s. u. S. 79f.) teil. Vgl. Der deutsche Bauernkrieg. Gleichzeitige
Urkunden und Akten, hg. von Heinrich Schreiber (Urkundenbuch der Stadt Freiburg im Breisgau. Neue Folge), Bd.
2: Jahr 1525. Januar bis Juli, Freiburg 1864, Nr. 271, S. 142f. (26. Mai), Nr. 311, S. 185f. (8. Juni), Nr. 334, S. 210 (13.
Juni). Wenn ich im Folgenden von der Freiburger Bundesordnung/Freiburger (Lang-)Fassung der Bundesordnung
/Freiburger Handschrift der Bundesordnung spreche, ist stets das vollständige Exemplar gemeint.
18 Die Freiburger und die Karlsruher Handschrift datieren die Bundesordnung auf den 6. März. SEEBAß (wie Anm.
14), S. 104-106, erklärt diese Abweichung (sonst 7. März; die Basler Handschrift hat keine Datumsangabe) mit
einem „Abschreibfehler im Laufe der Überlieferung".
19 Die Augsburger, Freiburger und Karlsruher (Lang-)Fassungen sind ediert bei Seebab (wie Anm. 14), S. 77-87. Von
älteren Editionen seien hier die folgenden erwähnt. Augsburger Handschrift: Wilhelm Vogt: Die Correspondenz
des Schwäbischen Bundeshauptmanns Ulrich Artzt von Augsburg aus den Jahren 1524-1527, in: Zeitschrift des
Historischen Vereins für Schwaben und Neuburg 6 (1879), Nr. 110, S. 356-359. Freiburger Handschrift: Schreiber
(wie Anm. 17), Nr. 158, S. 18-20; Franz (wie Anm. 5), Nr. 50, S. 193-195. Das Basler Exemplar hat Heinrich
Ryhiner in seine Chronik des Bauernkriegs aufgenommen und ist ediert in: Basler Chroniken, Bd. 6, hg. von
August Bernoulli, Leipzig 1902, S. 470-524, die Bundesordnung S. 491-494. Der Herausgeber Bernoulli gibt
die Artikel der Bundesordnung allerdings nicht nach Ryhiners Abschrift, sondern nach der Vorlage im Staatsarchiv
des Kantons Basel-Stadt; s. ebd., S. 491 Anm. 1. Das Karlsruher Exemplar auch in Peter Blickle: Die Zwölf
Artikel der Schwarzwälder Bauern von 1525, in: Reformation und Revolution. Beiträge zum politischen Wandel
und den sozialen Kräften am Beginn der Neuzeit. Festschrift für Rainer Wohlfeil zum 60. Geburtstag, hg. von
Rainer Postel und Franklin Kopitzsch, Stuttgart 1989, S. 90-100, hier S. 96-100.
20 Schreiber (wie Anm. 17), Nr. 158, S. 18-20.
21 „Die Versammlung der Bauernräthe ist [in Memmingen] am 6. März zusammen getreten [...]. Sie berathen am 6.
und 7., und trennen sich am 8. März. Der Gegenstand der Berathung ist die Bundesordnung, für welche am 6. ein
Entwurf aufgestellt, am 7. - wir würden sagen, in zweiter Lesung - revidirt, verbessert und angenommen wird."
C. A. Cornelius: Studien zur Geschichte des Bauernkriegs, in: Abhandlungen der historischen Classe der königlich
bayerischen Akademie der Wissenschaften 9 (1866), S. 143-204, Zitat S. 157f.; Abdruck des „Entwurfs der
Bundesordnung" ebd., S. 187-190.
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