http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2012/0061
burger Handschrift der Bundesordnung entdeckt und 1879 ediert. 1887 ordnete Max
Radlkofer diesen Text in das von Cornelius aufgestellte Deutungsraster ein: Die Augsburger
Fassung war für ihn eine Zwischenstufe zwischen Entwurf und endgültiger Fassung der
Memminger Bundesordnung.23 Franz Ludwig Baumann übernahm und stützte 1896 die Interpretation
von Cornelius und Radlkofer.24 Der Deutung von Cornelius, Radlkofer und Baumann
schloss sich Günther Franz in seiner 1933 erstmals erschienenen, für Jahrzehnte kanonischen
Bauernkriegsmonographie an: „Die Baltringer brachten [für die Beratungen in Memmingen am
6. März] den Entwurf einer Bundesordnung mit. Vermutlich stammt [...] er von Lotzer. [Nach
einem heftigen Disput über das weitere praktische Vorgehen siegte erst] am Abend [...] die
Einsicht, dass man zusammenhalten müsse. Allgäuer und Seebauern erboten sich, Leib, Ehre
und Gut zu den Baltringern zu setzen. Die grundsätzliche Einigung war vollzogen. Am folgenden
Tag einigte man sich auch über die Bundesordnung."25 Dementsprechend nahm Franz den
Text der Freiburger Handschrift nach der Edition von Cornelius - als „Entwurf der Bundesordnung
der oberschwäbischen Bauern in den von ihm herausgegebenen Band „Quellen zur
Geschichte des Bauernkriegs" von 1963 auf.26
Erst 1982 wandte sich Peter Blickle dem Gegenstand wieder zu, wobei er eine weitere, im
Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt befindliche Handschrift der Bundesordnung in seine Überlegungen
einbeziehen konnte.27 Die Texte der Freiburger, Basler und auch Augsburger Handschriften
repräsentieren, so Blickle in Abweichung von den bisherigen Deutungen, eine früh (d.h.
deutlich vor dem 6./7. März 1525) am Oberrhein entwickelte und kursierende „Oberrheinische
Bundesordnung". Sie gelangte auf welchem Weg bleibe unklar - nach Memmingen, wo sie
Sebastian Lotzer als Vorlage für seine Memminger Bundesordnung diente. Diese wurde gedruckt,
während die Oberrheinische Bundesordnung immer nur handschriftlich verbreitet war.28
S. o. S. 58 Anm. 19.
„Wie nun als die letzte Fassung zweifellos die gedruckte erscheint, so wird als erste sowohl durch das Datum als
auch den Reichtum an Motiven die der Freiburger Handschrift gekennzeichnet." Der Augsburger Text war ,,[d]ie
2. Fassung", Max Radlkofer: Johann Eberlin von Günzburg und sein Vetter Hans Jakob Wehe von Leipheim.
Zugleich mit einem Überblick über die Bauernbewegung in Oberschwaben im Februar und März 1525 bis zum
Ausbruch des Krieges und einer Geschichte des Leipheimer Haufens, Nördlingen 1887, S. 290 und 292.
Auch ,,[d]ie zweite Fassung der Bundesordnung [...] fand [...] nicht die Zustimmung des Memminger Bauerntages
. Um diese zu erlangen und damit die christliche Vereinigung der drei Haufen Allgäu, Baltringen und Bodensee
in's Leben zu rufen, mußte der Verfassungsentwurf noch weitere Änderungen sich gefallen lassen." Franz
Ludwig Baumann: Die Zwölf Artikel der oberschwäbischen Bauern 1525, Kempten 1896, S. 76.
Franz (wie Anm. 2), S. 127f.
Franz (wie Anm. 5), Nr. 50, S. 193-195.
Zur Basler Handschrift s. o. S. 58 Anm. 19.
„Die unbezweifelbare Abhängigkeit der gedruckten Memminger Bundesordnung von den im Kern verwandten
[Freiburger und Basler] Fassungen [...] zwingt zu der Annahme, dass die Oberschwaben eine dieser Fassungen
oder eine weitere, nicht mehr überlieferte Fassung redaktionell überarbeiteten. Nun ergibt sich aus der Datierung
[der Freiburger Texte] auf den 6. März, dass man diese beiden Fassungen als Vorlage in Memmingen wird ausschließen
müssen, weil schwerlich der Text in einem Tag vom Oberrhein nach Oberschwaben gelangen konnte.
Von daher ist es wahrscheinlicher, dass Lotzer die ältere, vor dem 6. März liegende [Basler] Fassung [...] oder
eine ihr verwandte Fassung kannte." Peter Blickle: Nochmals zur Entstehung der Zwölf Artikel im Bauernkrieg
, in: Bauer, Reich und Reformation. Festschrift für Günther Franz zum 80. Geburtstag, Stuttgart 1982, S.
287-308, Zitat S. 295. - Blickles Aussagen zur Bundesordnung stehen im übergreifenden Zusammenhang einer
Neuinterpretation der Entstehung der Zwölf Artikel. Die Basler Handschrift der Bundesordnung enthält am Ende
einen Einschub, in dem Blickle eine „embryonale Form der Zwölf Artikel" erkennt. Die Oberrheinische Bundesordnung
in der Basler oder in einer ihr verwandten Fassung diente, so Blickle, als Grundlage sowohl der Memminger
Bundesordnung als auch als Ausgangspunkt für die „Memminger Eingabe" sowie für die Zwölf Artikel.
„Damit werden die bisherigen Forschungsleistungen nicht entwertet; denn die verantwortliche redaktionelle
Tätigkeit Lotzers (und Schappelers) bleibt von den hier vorgetragenen Argumenten unberührt. [...] Eine Ergänzung
des bisherigen Forschungsstandes allerdings ist der hier versuchte Nachweis, dass die prinzipielleren Forderungen
und ihre göttlich-rechtliche Begründung auf eine ältere bäuerliche Vorlage aus dem Oberrheingebiet
zurückgeführt werden können." Ebd., S. 306.
59
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2012/0061