http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2012/0067
- für die gepürlichen sacken des sogenannten „Artikelbriefs". Es handelt sich bei ihnen um diejenigen
„Sachen", die in den „Artikeln", die dem sogenannten „Artikelbrief' zur näheren
Erläuterung beigelegt werden sollten, höchste legitimierende Kraft hatten und dort an vorderster
Stelle genannt waren.
Es bleibt noch zu ermitteln, welches „Papier" dem sogenannten „Artikelbrief' beigelegt werden
sollte. Dabei muss es sich um ein Schriftstück von einiger Länge handeln, sodass es nicht
in den laufenden Text des sogenannten „Artikelbriefs" eingearbeitet werden konnte. Es muss
deutlich in Artikel gegliedert sein. Und es muss die oben ermittelten Leitgedanken der „Christlichen
Vereinigung" (Evangelium, Göttliches Recht und Frieden) enthalten. Alle drei Bedingungen
, vor allem die letztere,44 erfüllt die Bundesordnung (in welcher Fassung auch immer).
Entscheidend aber ist ein Weiteres. Anhand des Vertrags, den die Bauern unter Führung der
Schwarzwälder mit der Stadt Freiburg gut zwei Wochen später, am 24. Mai, abschlössen, kann
der Nachweis erbracht werden, dass es die Idee der „Christlichen Vereinigung" auf der Grundlage
der Bundesordnung (und zwar in der Freiburger Fassung) war, die das Denken der
Schwarzwälder beherrschte. Das alles macht es mehr als wahrscheinlich, dass es ein Text der
Bundesordnung war, der dem sogenannten „Artikelbrief' beigefügt werden sollte.45
Am 9. Mai rückten die Schwarzwälder aus Vöhrenbach ab. Ziel war das vorderösterreichische
Freiburg im Breisgau, neben Radolfzell und Villingen eine dritte Bastion der Herren. Am
15. und 16. Mai erschien der Haufe vor Freiburg, wo er sich mit dem Breisgauer Haufen und
den gleichfalls anrückenden Bauern aus dem Markgräflerland, der südlichen Ortenau und der
Markgrafschaft Hachberg vereinigte. Am 24. Mai schlössen sich die Bauernhaufen und die
Stadt Freiburg zu einer „Christlichen Vereinigung" zusammen (Abb. 4).46 Ihr „Grundgesetz"
war die Bundesordnung in der Freiburger (Lang-)Fassung, wie im Folgenden gezeigt werden
soll.
Der Beitritt der Stadt Freiburg zur „Christlichen Vereinigung" geschah durch eine sichtbare
Handlung: durch einen eid liplich [leiblich] zu gott vnd den heiligen, sowie durch einen schriftlichen
„Vertrag".47 Der Vertrag besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil nennt die vertragschließenden
Parteien, formuliert die leitenden Ideen und beurkundet den durch Schwur und Eid
erfolgten Abschluss der „Christlichen Vereinigung".48 Der zweite Teil, gegliedert in vier Punkte,
listet die Inhalte der vertraglichen Absprache auf.49
Dazu des Näheren u. S. 67f.
Die Ansicht, dass es sich bei den beigefugten Artikeln um einen Text der Bundesordnung handelte, hat bereits
Seebab (wie Anm. 14), S. 50-54, mit anderen Argumenten vertreten.
Vgl. etwa den Bericht in Heinrich Hugs Villinger Chronik (wie Anm. 31), S. 122. Auch u. S. 74f.
Der Vertrag in Schreiber (wie Anm. 17), Nr. 260, S. 131-133. Die Handschrift liegt im StadtAF unter der Signatur
Cl Militaria 101, fol. 121r-122r. Den leicht modernisierten Text bei Schreiber korrigiere ich hier und im
Folgenden nach der Handschrift im StadtAF. - Dort liegt noch ein zweites Exemplar des Beitrittsvertrags,
StadtAF, Cl Militaria 101, fol. 119r-120r. Es ist weniger sorgfältig geschrieben und enthält zahlreiche Verbesserungen
. Ob es sich bei diesem Exemplar des Beitrittsvertrags um den Entwurf oder um eine Abschrift des Originals
handelt, ist von mir nicht geprüft worden.
Bekennen, das wir [...] in ein Bruderschaft vnd ewigen pundt zusamen gehuldigt, gelopt, versprochen vnd uffge-
hept eid liplich zu gott vnd den heiligen gesworn haben.
Die Bauernhaufen und die Stadt Freiburg haben sich zusammengeschlossen zu vffrichtung vorgemeldten Landt-
fridens vnd hinlegung der armen beswerden, zu vffnung vnd vffenthalt der ler vnd wort Cristi. Sie leisten sich
wechselseitige, auch militärische Hilfe.
Die Stadt Freiburg behält sich ihre Eide und Pflichten gegenüber dem Haus Österreich vor. Ebenso soll der Stadt
an ihren obrigkeitlichen Rechten kein Abbruch geschehen.
Die Stadt zahlt den bäuerlichen Haufen für Klerus, Prälaten, Adel und Ritterschaft, die in der Stadt ansässig sind,
die Summe von 3.000 Gulden, wofür jene den Schutz der Haufen genießen.
Über das Schicksal der Freiburger Klöster und Gotteshäuser wird die Stadt Freiburg zusammen mit den Bauernhaufen
später entscheiden.
65
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2012/0067