http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2012/0072
wälder Haufe in den Schreiben an Villingen vom 8. Mai; sie war konstitutiver und bindender
Teil des Vertrags, den die Bauern mit der Stadt Freiburg am 24. Mai 1525 schlössen.
Diese Erkenntnis ist nicht folgenlos. Sie wirft ein neues Licht auf den Bauernkrieg im
Schwarzwald und am Oberrhein.
Der zweite Aufstand im Schwarzwald und auf der Baar begann in den ersten Tagen des April
1525.62 Am 9. des Monats erschien ein wohlorganisierter Haufe von etwa 1.500 Bauern bei
Löffmgen und Bonndorf: hattend irn profossen, ire hoptlutt und iere empter alle. Innerhalb weniger
Tage soll dieser Haufe auf 4.000 Mann angewachsen sein, die puren luffend züsamend, alls
ob ess schnigte. Oberster Hauptmann vom Schwartzwalld und uß der Bar war Hans Müller von
Bulgenbach, der bereits 1524 die Stühlinger Bauern geführt hatte. Zu den Schwarzwäldern stieß
bei Löffmgen der Hegauer Haufe unter seinem Führer Hans Bienckler.63 Vom 12. bis 16. April
fielen die Orte bzw. Städte Neudingen, Pfohren, Hüfmgen, Bräunlingen, Fürstenberg, (Donau-)
Eschingen, Geisingen und Möhringen. Danach marschierte das vereinte Bauernheer über Engen
und Aach in den Hegau, wo die Stadt Radolfzell zur Ubergabe gezwungen werden sollte.
Es gibt deutliche Hinweise darauf, dass die Hegauer nicht in den Schwarzwald gezogen
waren, um dem dortigen Haufen kurzfristige militärische Unterstützung zu leisten. Vielmehr
schlössen sich beide Haufen zu einer dauernden, ewigen Bruderschaft zusammen, deren Grundlage
die Bundesordnung, wohl in der Augsburger Fassung, war.
Zunächst ist es auffallend, dass der gut unterrichtete Villinger Ratsherr Heinrich Hug bei der
Schilderung der Ereignisse von Mitte April davon spricht, die Orte auf der Baar seien von den
Aufständischen aufgefordert worden, nach irm bruch, den sy hattend, zu ir brüderschafft zu
kumend.64 Ebenso schreibt Andreas Lettsch, Notar im Kloster St. Blasien, die Stühlinger Bauern
hätten den Prozess vor dem Reichskammergericht abgesagt und seien vom rechten gefallen, und
haben erst ain bruderschafft gemacht.65 Noch aussagekräftiger dürfte es sein, dass sich Hans
Müller am 16. April in einem Geleitsbrief für die Besatzung von Fürstenberg Hoptmann der großen
cristenlichen Bruderschaft nannte.66 Noch zwei Monate später, am 20. Juni, heißt es: Hans
Müller, Hainrich Maler, die Obersten im Schwartzwald und Högöw, mit sampt andern Hoptlüten
und Räten der gantzen Bruderschafft.61
Zum Folgenden s. Heinrich Hugs Villinger Chronik (wie Anm. 31), S. 111-113. Auch - auf der Grundlage der
Villinger Chronik - Christian Roder: Villingen und der obere Schwarzwald im Bauernkrieg, in: Zeitschrift für
die Geschichte des Oberrheins 70 NF 31 (1916), S. 321-416, hier S. 356ff. Dazu die in Anm. 2 angegebene
Literatur: Franz, S. 134-140; Buszello, S. 71-80; Oka, Schwarzwald, S. 379-386; Kamber, S. 401-409.
Hierzu auch aus der Eingabe der Stühlinger und Fürstenberger Bauern an das Reichskammergericht vom 20. April,
worin sie erklären: Wytter ist newlich ain menge volcks zu uns in unser land und über uns gezogen on weren und
zuhilfkumen der herren. Die habend uns ersucht und ermant christlicher lieb und briederlicher truw, dem göttlichen
Rechten ain beystand zu thun und anhang dem heiligen ewangelion. Franz Ludwig Baumann: Akten zur
Geschichte des deutschen Bauernkrieges in Oberschwaben, Freiburg 1877, Nr. 239, S. 250.
Heinrich Hugs Villinger Chronik (wie Anm. 31), S. 112.
Chronik des Andreas Lettsch, in: Franz Joseph Mone: Quellensammlung der badischen Landesgeschichte, Bd. 2,
Karlsruhe 1854, S. 42-56, hier S. 48.
Schreiber (wie Anm. 17), Nr. 181, S. 43.
Ebd., Nr. 345, S. 226. Die Hegauer unterscheiden also zwischen den einzelnen Haufen, Schwarzwald oder Hegau,
und der Bruderschaft. - Zur Frage, wann die Schwarzwälder Bauern eine „evangelische Bruderschaft" errichteten,
s. Gustav Scheidel: Kritik der Villinger Chronik die Anfänge des Bauernkrieges betreffend nebst einer
Quellenkunde und bibliographischen Übersicht zur Geschichte des Bauernkrieges. Beilage zum Jahresbericht der
kgl. Studienanstalt Ansbach für 1884-1885, Ansbach 1885, hier bes. S. 44-60. Scheidel kommt zu dem Ergebnis,
dass von der Existenz einer „evangelischen Bruderschaft" im Schwarzwald erst ab dem April 1525 die Rede sein
kann. Allerdings bringt Scheidel diese Bruderschaft nicht mit der „Christlichen Vereinigung" auf der Grundlage
der Bundesordnung in Verbindung, sondern mit dem durch die Zwölf Artikel verbreiteten Prinzip des Göttlichen
Rechts: Der Schwarzwälder Haufe habe sich ab April 1525 eine „evangelische" Bruderschaft genannt, weil er sich
nun zum Evangelium, proklamiert durch die Zwölf Artikel, bekannte und seine Beschwerden mit dem Evangelium
begründete. Die an sich zutreffende Kritik Scheideis an der Villinger Chronik in der Ausgabe durch Mone ist
überholt durch Roders Edition dieser Chronik (s. o. Anm. 31).
70
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2012/0072