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Die kurze Selbstdarstellung der christenlichen Versammlung und Vereinigung (so nannte sich
der Haufe einmal) mündete in der wiederholten Aufforderung an Freiburg: Ihr wollen in unser
Brüderschaft stöhn.100
Wohl am 16. Mai verbrüderten sich die Haufen aus dem Schwarzwald und dem Breisgau.
Denn am 17. Mai erging die schriftliche Mitteilung an Freiburg: Wir laßen Euch wissen, daß
die zween evangelischen Haufen im Breisgau und wir [die Schwarzwälder] vereint und verbrüdert
sind, und handelt keiner nicht ohn den andern.m Die Breisgauer wiederum schlössen sich,
wie sie am 21. Mai schrieben, mit den „vier markgräflich-badischen Landschaften", mit den
Untertanen der südlichen Ortenau („Lahr") und mit mehreren genannten Städten zusammen -
das Wort Christi, die Gerechtigkeit Gottes und das kayserlich Recht zu uffnen, Merung und
Uffenthalt der Armen an Tag zu bringen. Der Breisgauer Haufe nannte sich jetzt cristenliche[...]
Bruderschaft des bryßgowischen Hüffens™1
Ebenfalls am 21. Mai wandte sich der Schwarzwälder Haufe an die ,,gantze[...] arme[...]
Gemeind in Freiburg.103 Diese sei willens, unser Brüderschaft an[zu]nemen [und] nit folgen dem
Adel noch den Herren. Der Haufe bekräftigt, daß er nichts Unbilliges begehre; er wolle nur dem
Geltung verschaffen, was das Gotteswort und das heilige Evangelium vorschreibe; er wolle Frieden
und keinen Unfrieden.104 Zum Beweis verweist er auf „Artikel", die das christliche Vorhaben belegen
und die der Stadt Freiburg vor kurzem zugesandt worden seien: Wir haben Euch vormals
geschriben unser Artikeln und christenlich Fürnemen, aber wir besorgen, es sye euch nit fürkomen.
Die Gemeinde wird brüderlich ermahnt, noch hützu Tags zu uns zu stan (Abb. 5).
Die Entscheidung um und in Freiburg fiel am Morgen des 23. Mai, als die Schwarzwälder in
einem überraschenden Handstreich das „Blockhaus" auf dem Schlossberg oberhalb der Stadt
einnahmen und von dort in die Stadt hinabschossen. Bürgerschaft und Rat waren uneins über
das weitere Vorgehen. Am Abend öffnete die Stadt den Hauptleuten und Räten der Haufen die
Tore.105 Am folgenden Tag verbanden sich die Stadt Freiburg und die Haufen aus der südlichen
Ortenau, dem Markgräflerland, aus dem Schwarzwald, dem Breisgau und der Markgrafschaft
Hachberg durch Eid und Schrift zu einer christenliche[n] Vereinigung [...] in ein Bruderschaft
und ewigen Pundt.m Zweifelsfrei ließ sich nachweisen, dass das vertragliche Fundament der
Vereinigung oder Bruderschaft die Bundesordnung in der Freiburger Fassung war.107
Ebenfalls am 24. Mai trat auch die Stadt Waldkirch der „Christlichen Vereinigung" bei. Die
Stadt Breisach konnte sich dagegen einem Beitritt entziehen. Sie musste den vereinten
Bauernhaufen lediglich zusagen, keine feindliche fremde Nation, sie sei deutsch oder welsch,
durch die Stadt oder über die Brücke passieren zu lassen.108
Mit der Gründung einer „Christlichen Vereinigung und Bruderschaft" verwirklichten die vor
Freiburg lagernden Haufen, unter gedanklicher Führung der Schwarzwälder, ein klares politisches
Programm:109
100 Etwa ebd., Nr. 238, S. 109.
101 Ebd., Nr. 243, S. 113; dazu Nr. 238, S. 109, und Nr. 249, S. 118.
102 Ebd., Nr. 253, S. 121-123. Die „vier markgräflichen Landschaften" sind die Herrschaften Rötteln, Sausenberg
und Badenweiler sowie die Markgrafschaft Hachberg.
103 Ebd., Nr. 251, S. 120.
104 [...] daß wir nütz onbillichs begeren, besonder was das Gotzwort und das heilig Evangelium begriffen ist, und
begeren Friden und kein Unfriden.
105 Vgl. Heinrich Hugs Villinger Chronik (wie Anm. 31), S. 122.
106 So im Vertrag vom 24. Mai; Schreiber (wie Anm. 17), Nr. 260, S. 131-133, hier S. 132.
107 S. o. S. 65-69.
108 Schreiber (wie Anm. 17), Nr. 261, S. 133-135 (Waldkirch), und Nr. 273, S. 145-147 (Breisach).
109 Vgl. zum Folgenden Blickle (wie Anm. 13), S. 6f. und 152-160; Horst Buszello: Modelle und Programme politischer
Gestaltung im Bauernkrieg, in: Mühlhausen, der Bauernkrieg und Thomas Müntzer. Protokollband zum wissenschaftlichen
Kolloquium am 27. Mai 2000 in Mühlhausen/Thüringen, hg. von den Mühlhäuser Museen in Zusammenarbeit
mit dem Stadtarchiv Mühlhausen, Mühlhausen 2000, S. 28-65, bes. S. 37-44; Ders.: Die Christliche Vereinigung
und ihre Bundesordnung, in: Blickle/Kuhn (wie Anm. 2), S. 141-173, hier S. 157-159.
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