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fen: und zwifelt uns gar nit, ihr haben in guttem Wissen, wie und in welcher Gestalt wir mit euch
in die Bruderschaft gangen und nämlich uns in derselbigen Bruderschaft gegen den vier
Regimenten [Vertretern der Bauernhaufen] so zugegen gewesen, begeben. Daß wir euch wollend
euwer Beschwerden erledigen und zu einem Landtfriden verhelfen, als wir dann sollichs
zu thun erbietig allweg und noch sind.121
Mit anderen Worten und im Klartext: Freiburg sah sich, wiewohl Mitglied der „Christlichen
Vereinigung und Bruderschaft", nicht (mehr) als Partei im Streit des Gemeinen Mannes mit seinen
Obrigkeiten und Herren, sondern als Vermittler und Friedensstifter. Auffallend in der Argumentation
der Stadt ist es, dass diese helfen wolle, die „unbilligen" Beschwerden der Bauern
zu beseitigen. Geflissentlich vermied sie es, von Beschwerden gegen das Göttliche Recht zu
sprechen - auf das sich die Bauern nach wie vor bezogen.122
An dieser Stelle muss daraufhingewiesen werden, dass der Schwarzwälder Haufe nicht nur
die Stadt Freiburg an die mit dem Beitritt zur „Bruderschaft" eingegangene Beistandsverpflichtung
mahnte. In dringlichen Worten und mit eingehender Begründung forderte er ebenso die
Brüder im Hachberger Haufen by der Pflicht, damit ir uns verbunden und die Bruderschafft
vermag, um TAXTWg mit Knechten und Geschütz auf, dann es die Nott haischt und thut Nott,
Nott, Nott!123
Es lag ganz auf der Linie, die die Stadt Freiburg eingeschlagen hatte, dass sie am 17. Juni
durch eine Gesandtschaft in Innsbruck erklären ließ, warum sie in [der Bauern] Bruderschafft
geschworen habe: Die Stadt habe den Vertrag über den Beitritt zur „Christlichen Vereinigung"
aus getrungner Not, so euer fürstl. Durchlaucht nit nachteilig, noch gmeiner Statt Freyburg ver-
derplich, gueter Maynung, damit solche erliche Statt nit zerstert und die Burger zu tod geschlagen
wurden, angenommen, der Zuversicht euer fürstl. Durchlaucht werde darab kain ungnedigs
Mißvallen haben. Dann sie in berührtem Vertrag, Kayserlich Majestät und euer fürstliche Durchlaucht
bevorgesetzt [vorbehalten] haben.124 - Am 17. Juli tat Freiburg den letzten Schritt. Die Stadt
kündigte den Bauern den geschlossenen Vertrag, die Pflicht und Huldigung, formell auf.125
In den letzten Tages des Monats Mai war die Stadt Straßburg, unterstützt von eidgenössischen
Städten, verstärkt bemüht, Herren und Bauern an den Verhandlungstisch zu bringen - um
künftigen Schaden, Blutvergießen und Stiftung der Wittwen und Waisen, ouch Verhergung der
Lande und Leut zu allen Theilen [zu] verhüten.126 Während die Bauern nach den Ereignissen um
Zabern bedingungslos eine friedliche Verständigung suchten, zögerte im Bewusstsein des
bevorstehenden Sieges - die Gegenseite. Erst als sich Markgraf Ernst zu Verhandlungen bereit
erklärte, war der entscheidende Schritt getan. Am 31. Mai meldete Straßburg nach Freiburg,
dass für den 5. Juni ein „Tag gen Offenburg" angesetzt sei.127
Anwesend bei den Offenburger Verhandlungen waren Vertreter des Markgrafen Philipp (mit
Vollmacht für dessen Bruder Markgraf Ernst), des Landvogts zu Hagenau und des Bischofs
121 Ebd., Nr. 325, S. 198f. Ebenso Nr. 284, 291, 298 und 338 (S. 154f., 160f., 168f. und 217-219).
122 Ebd., Nr. 330, 353 und 363 (S. 203f., 235f. und 246f.).
123 Ebd., Nr. 343, S. 224f. (Schreiben vom 19. Juni). S. dazu auch ebd., Nr. 326, S. 199f.: Die oberrheinischen
Bauernhaufen verwiesen am 13. Juni darauf, dass sie auf Grund ihrer Eidspflichten gezwungen sein könnten, den
Schwarzwäldern zuzuziehen, falls die Bedrückungen, denen jene ausgesetzt seien, nicht aufhörten.
124 Der Text des Vortrags mit der Antwort der Innsbrucker Regierung und der abschließenden Danksagung der Stadt
ebd., Nr. 339, S. 219-221. In der Schilderung der Ereignisse, die zur Kapitulation der Stadt Freiburg führten, tischten
die Freiburger Gesandten ein wahres Greuelmärchen auf.
125 Heinrich Schreiber: Der deutsche Bauernkrieg. Gleichzeitige Urkunden und Akten (Urkundenbuch der Stadt
Freiburg im Breisgau. Neue Folge), Bd. 3: Jahr 1525. Juli bis Dezember, Freiburg 1866, Nr. 385, S. 50. Zur Begründung
führte Freiburg an, dass die Bauern gegen den Vertrag mehrfach verstoßen hätten, weshalb dieser auch die
Stadt nicht mehr binde. Am gleichen Tag ging eine Meldung an Erzherzog Ferdinand, dass die Stadt die Pflicht und
Huldigung der Gepursame us bewegenden redlichen Ursachen uffgesagt und abkindt habe; ebd., Nr. 386, S. 50f.
126 Schreiber (wie Anm. 17), Nr. 279, S. 149f.
127 Ebd., Nr. 290, S. 160. - Zu den Verhandlungen in OfTenburg und Basel s. Hartfelder (wie Anm. 94), S. 333-362.
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