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vieler Wege, weil die Anstrengung außergewöhnlich groß ist und gewaltige Steine beseitigt werden
müssen, Folgendes zugestanden. 1. Für die Seelguter und Eschbacher Arbeiten je einen
Vorarbeiter [lat. director operis], folglich zwei Vorarbeiter, denen vom Kloster Lohn bezahlt
wird. 2. Sprengpulver [lat. Pulverem nitratum] zum Zertrümmern der Steine. 3. Jedem Arbeiter
täglich ein Viertel Schwarzbrot, welches aus einem halben Scheffel Mehl hergestellt wird. 4.
Eisernes und hölzernes Werkzeug, das zur Wegereparatur nötig ist, nämlich Schubkarren,
Spaten, Hacken usw. So versprachen die Untertanen, diese Arbeit fortzufuhren, bis der Weg fertig
ist" (29.5.1761). Die Maßnahmen scheinen gewirkt zu haben, denn Jahre später hält Abt
Steyrer fest: „Heute habe ich alle Vögte der Bauern unseres Gebietes gemeinsam mit den
Abgeordneten der Gemeinden zusammengerufen und ihnen ernsthaft eingeschärft: 1. Dass sie
die mit großer Anstrengung und hohen Kosten instand gesetzten Wege teils wieder instand setzen
und teils weiterfuhren müssten. 2. [...] Das Erstere versprachen alle bereitwillig"
(9.2.1771).
Spannungen zwischen Bauern und Kloster
Der Wegebau war jedoch bei weitem nicht der einzige Anlass für Spannungen zwischen Bauern
und Kloster. Für Reibungsflächen sorgte sicherlich die starke Abhängigkeit der Untertanen von der
Obrigkeit in wirtschaftlichen wie in persönlichen Belangen. Für beides hier jeweils nur ein
Beispiel: „Heute habe ich dem Schuster Martin Winterhalter ab dem Sauwasen die Erlaubnis
erteilt, zwischen den Häusern des Schulmeisters Fackler und des Metzgers Jakob Dold bei unserem
Gut Scheuerhof ein Haus zu bauen, und habe ihm zum Anlegen einer Wiese ein bestimmtes
Stück Land für einen jährlichen Pachtzins zugewiesen. Dabei ist die Bedingung, dass das
Grundstück, auf dem er bauen und den Garten und die Wiese anlegen wird, immer Eigentum des
Klosters bleiben wird, und dass es - wann immer es mir oder meinen Nachfolgern beliebt - jederzeit
zurückgefordert werden kann" (31.12.1750). Später ergänzt der Abt, er habe dem Schuster
Winterhalter die Erlaubnis zum Hausbau erteilt, „weil das Grundstück, auf dem das Haus erbaut ist
und das ich ihm für das Anlegen einer Wiese für einen jährlichen Zins überlassen habe, zuvor
unbrauchbar war, sumpfig und mit Binsen bedeckt" (15.4.1751). Wer heiraten wollte, brauchte
nicht nur das Ja-Wort des Partners oder der Partnerin, sondern auch das der Obrigkeit. So konnte
der neue Bauer N. Dold auf dem Platten seine Braut von Steinbach zunächst nicht heiraten, weil
Abt Steyrer und der neue Probst von Waldkirch (den er einen Severus criticus, einen sturen
Querkopf nennt) sich stritten, wer von ihnen für diese Zustimmung zuständig sei; erst als der St.
Petermer Abt sich durchgesetzt hatte, konnte die Hochzeit stattfinden, und zwar (wie Steyrer triumphierend
berichtet) „in unserer Kirche und in unserem Wirtshaus" und nicht in Simonswald
(8.1.1770).
Die folgende Anekdote, die Steyrer über einen seiner Vorgänger, den hundert Jahre vor ihm wirkenden
Abt Paulus Pastor (1670-1699) erzählt, klingt zwar lustig, veranschaulicht aber das
gespannte Verhältnis zwischen den Bauern und dem Kloster: „Dieser [Abt Paulus] kam eines Tages
um die Zeit des Mittagessens zum Huloch-Hof, und als er ins Fenster schaute, sah er auf dem Tisch
des Bauern eine Wachtel auf eingemachtem Kraut liegen. Sogleich ging er hinein, nahm die
Wachtel weg und sagte: Diese gehört mir, o Bauer, und das eingemachte Kraut dir. Morgen wirst
du vor Gericht erscheinen und die Strafe wegen Verletzung des Waldrechts erleiden" (22.11.1752).
Manche Bauern versuchten, die Grundstücksgrenzen heimlich zu verändern, so dass das Kloster
dagegen vorgehen musste: „Heute beginnt P. Großkeller [diesen Titel trug der Leiter der
Wirtschaftsverwaltung im Kloster] zusammen mit dem Schreiber Schienle damit, die Äcker und
Wiesen, welche die Einwohner in der Nähe des Klosters mit widerruflichem Jahreszins besitzen,
zu beschreiben, zu vermessen und mit gesetzten Steinen zu begrenzen, damit sie künftig nicht wie
bisher die Grenzen ausdehnen und die steuerpflichtigen Güter erweitern können" (17.10.1765).
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