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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
131.2012
Seite: 111
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Starrköpfigkeit bis jetzt nicht getan haben" (6.3.1761). Erst ein volles Jahr später haben sich die
St. Petermer dazu durchgerungen, die ihnen befohlene Verzeihung einzuholen: „Vor meiner
Abfahrt vom Kloster [nach Freiburg] haben die Untertanen, nachdem sie ihren Irrtum eingesehen
hatten, endlich wegen der Lügen, die sie im vergangenen Jahr beim Steuerkommissar
gegen das Kloster ausgestreut haben, um Verzeihung gebeten, die ich ihnen auch gewährt habe;
wobei ich die Drohung anfügte, künftig jeden hart zu bestrafen, der dieses ganze alte
Kohlgericht an Lügen wieder aufwärmt" (1.3.1762). Manche dieser St. Petermer „Starrköpfe"
hat Abt Steyrer im Tagebuch ,verewigt', ein paar von ihnen sollen hier vorgestellt werden.

St. Petermer Köpfe: Einzelpersonen und -Schicksale

Aus offiziellen Dokumenten erfahrt man wenig über das Alltagsleben der kleinen Leute. In Abt
Steyrers Tagebuch hingegen begegnen uns St. Petermer Menschen von damals teils in leidvollen
Schicksalen, teils in witzigen Kurzportraits, selbst ein wenig Dorftratsch aus dem 18.
Jahrhundert ist gelegentlich dabei.

Als einen Kauz ganz besonderer Art schildert Steyrer den Bauern Georg Schneider, nach
dem der Schneider]örgenhof in St. Peter benannt ist: „Heute ist Georg Schneider, Bauer beym
Schmittenbach, an der Gelbsucht gestorben. Er war ein Mensch von äußerst kauziger Wesensart
, geizig, hinterlistig usw. Mit verschiedenen unehrlichen Tricks versuchte er immer wieder
, die Äcker und Wiesen seines Hofes, den er sein schmales Gütle zu nennen pflegte, zu
erweitern. Aus diesem Grunde ergaben sich mit seinen Nachbarn unentwegt Gerichtsstreitigkeiten
; er hörte aber nicht damit auf, obwohl er des öfteren wegen dieser Sache schwer verprügelt
wurde. Ob er dies aus Bosheit tat oder weil es ihm am gesunden Menschenverstand fehlte,
ist ungewiss. Auch bewarb er sich über mehrere Jahre um das Vogtsamt, und als ihm gesagt
wurde, dass keiner hierzu befördert werden könnte, der einen Bart trage, nahm er diesen sofort
ab. Nachdem unsere neue Basilika unter Abt Ulrich erbaut worden war, wurde ihm ein Sohn
geboren. Als P. Prior ihn fragte, welchen Namen er ihm in der Taufe geben wolle, antwortete
er: Moses. Nach dem Grund hierfür befragt, antwortete er: Damit dieser Name mir immer die
vielen Steintafeln in Erinnerung rufen möge, die ich zusammen mit anderen Untertanen zum
Bau des neuen Tempels heranzufahren gezwungen wurde. Seiner Frau, die häufig die Kommunion
empfing, warf er bisweilen vor, dass sie wegen einiger Weintropfen die Heilige Messe
besuche; er behauptete, dass sie nur aus diesem Grunde so oft kommuniziere. Dies und noch
vieles andere Kuriose und Einfaltige sagte und tat er. R.I.P." (10.12.1756). - In Wirklichkeit
hieß keiner der Söhne Georg Schneiders ,Moses'; der 1731 geborene, von Steyrer erwähnte
Sohn wurde auf den herkömmlichen Namen ,Jakob' getauft.10 Der aufmüpfige Bauer wollte
ganz offensichtlich nur den Prior ärgern, und mit seiner Anspielung auf die steinernen
Gesetzestafeln des Moses greift er geschickt und schlagfertig die Geistlichkeit auf ihrem eigenen
Feld - nämlich der Bibelkenntnis und des Bibelzitats - an.

Recht reizvoll ist es zu erfahren, wie dörfliche Spitznamen entstanden sind, zum Beispiel der
Hofname ,Gerngroßhof: „Hochzeit [...] des Bauern Simon Hättich am Hugsberg [...]. Sein
Gutshof wird von den Leuten der Gerngroßen Hof genannt; diesen Spitznamen hat Abt Paul
[1670-1699] seinem Großvater beigelegt, weil er bei seiner äußerst kleinen Gestalt sehr stark
erhöhte Stiefel trug" (23.10.1758).

Der Mesner der Lindenbergkirche wurde damals traditionell als der ,Lindenbruder' bezeichnet
. Abt Steyrer schreibt über ihn: „Der Lindenbruder. Der Mesner der Kirche der seligen Jungfrau
Maria auf dem Lindenberg wohnt in einer Flechthütte, er ist unverheiratet. Er trägt aber kein

Weber, Höfechronik (wie Anm. 2), Bd. 1, S. 181.

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