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mit der Stadt und die organisatorischen Fähigkeiten Finkes unter Beweis.27 Als Erster Vorsitzender
des Ortskomitees lud Finke am 19. August den Freiburger Oberbürgermeister Otto Winterer ein,
Grußworte im Namen der Stadt zu sprechen. Der Stadtrat beschloss jedoch, sich an den Grundsatz
zu halten, dass hier tagende Kongresse religiösen oder politischen Charakters durch die Stadtverwaltung
nicht zu begrüßen sind.28 Dies hielt die Stadt (wie schon vorher die Universität) jedoch
nicht davon ab, der Görres-Gesellschaft ihre Räume zur Verfugung zu stellen. Die städtische
Festhalle am Karlsplatz wurde sogar auf Kosten der Stadtkasse am Abend des 7. Oktobers für den
Empfang der Teilnehmer der Generalversammlung geschmückt.29 Vor der Kulisse des wunderbar
schön gelegenen, in seinen Herbstfarben alles entzückenden Freiburg ging Finke in seiner Begrüßungsrede
vor den ca. 1.800 versammelten Anwesenden auf die Geschichte der 1876 gegründeten
Wissenschaftsgesellschaft ein, deren Fundament darin bestand, daß es nun einmal fiir jeden Menschen
ewige Wahrheiten gibt, an denen der größte Gelehrte nicht rütteln kann.30 Während des
Verlaufs der Generalversammlung tauchte zum ersten Mal der Name „Finke" in den Schlagzeilen
der Lokal- und Regionalpresse, d.h. im „Freiburger Tagblatt" und in der „Kölnischen Volkszeitung",
auf.31
Im Vorkriegsjahr 1913 konzentrierte sich Finke fast ausschließlich seiner akademisch-publizistischen
Tätigkeit. Die Widmung seines jüngsten Buches „Die Frau im Mittelalter" an seine Gattin bezeugt
nochmals die tiefe Zuneigung zu ihr. Das hier in paulinischer Auslegung von Finke verwendete
Zitat „Hieme et aestate, et prope et procul usque dum vivam et ultra"32 sollte seine Gemahlin
ehren, deren „künstlerisch-gesellige Fähigkeiten" es erlaubt hatten, dass er im Kreis seiner Familienangehörigen
und der Hausgäste ein „wahrhaft kollegial behagliches Klima" genießen konnte.33
Im „Großen Krieg" (1914-1918)
Auch in Freiburg wurde der Ausbruch des „Großen Krieges", wie der Erste Weltkrieg auch
genannt wurde, der mit der Mobilmachung vom 1. August 1914 für das Deutsche Reich begann,
mit patriotischem Eifer begrüßt: Anfang Oktober 1914 standen schon ca. 6.000 Freiburger „im
Felde". Vaterländische Veranstaltungen mit verschiedensten Inhalten gehörten von nun an bis 1918
zu den Hauptereignissen des städtischen Gemeindelebens.34 Hierzu trug auch der längst hochgeschätzte
Historiker Heinrich Finke durch seine moralische Unterstützung der Soldaten im Kampf
sowie durch seinen Einsatz an der Heimatfront bei. Bedauerlicherweise lässt der Mangel eines privaten
schriftlichen Nachlasses auch in diesem Fall keine Antwort auf die Frage zu, wie der tiefgläubige
Christ Finke zu dem fortgesetzten Völkermorden stand. Sogar das „Blutopfer" seiner beiden
Söhne, des Kriegsfreiwilligen Ludwig und des Leutnants Carl, aber auch vieler seiner begabtesten
Schüler, wie Hans Eduard Klemens Rohde, hat keine überlieferten schriftlichen Spuren hinterlassen
.35 Der Akademiker Finke, ab 26. Januar 1915 zum Dekan der Philosophischen Fakultät
Zur Geschichte der Görres-Gesellschaft siehe Rudolf Morsey: Die Görres-Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaft
. Streiflichter ihrer Geschichte, Paderborn 2009, bzw. im Internet unter www.goerres-gesellschaft.de/die-
goerres-gesellschaft.html.
8 Beschluss des Freiburger Stadtrats vom 18. September 1912, Stadtarchiv Freiburg (StadtAF), C4/IX/9/13.
9 Beschluss des Freiburger Stadtrats vom 11. September 1912, ebd.
0 Kölnische Volkszeitung vom 8. Oktober 1912.
1 Ebd.; Freiburger Tagblatt vom 9. und 10. Oktober 1912.
2 Heinrich Finke: Die Frau im Mittelalter, Kempten/München 1913.
3 Finke (wie Anm. 6), S. 114.
4 Heiko Haumann/Hans-Georg Merz/Thomas Schnabel: Kartoffelbrot, Soldatenräte und Arbeitskämpfe. Erster
Weltkrieg, Revolution, Stabilisierung (1914-1929), in: Geschichte der Stadt Freiburg (wie Anm. 2), S. 255-296,
hier S. 256-258.
5 Finkes ältester Sohn Ludwig fiel am 9. Mai 1915 vor Nieuport (Belgien), der zweite Sohn Carl am 17. Juli 1917
am Toten Mann (Berchtesgadener Alpen). Hans Eduard Klemens Rohde starb am 20. Februar 1915 bei Pohär
(Galizien), siehe dazu Wilhelm Fladt: Freiburger Ehrenbuch des Weltkriegs, Freiburg 1930, S. 52 und 173.
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