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bezeichnete ihn dieser als in diesen Dingen, d.h. der Kartografie, kundigsten Fachmann (tali-
um verum scientissimus).5

Gauthier Lud und das Gymnasium Vosagense in Saint-Die

Die Stadt Saint-Die liegt in einer Talmulde am Ufer der Meurthe am Westrand der Vogesen,
etwa 80 km von Straßburg entfernt, der Hochburg des elsässischen Humanismus und neben
Basel eine der bedeutendsten Metropolen der Buchdruckkunst. Saint-Die war aus einem ehemaligen
Benediktinerkloster hervorgegangen und Sitz eines Stiftskapitels. Das Stift war
exemt, also von den örtlichen kirchlichen Behörden unabhängig, und unterstand direkt dem
Heiligen Stuhl. Es wurde verwaltet von einem Stiftskapitel unter einem Grand Prevöt und
stand unter dem Patronat des Herzogs von Lothringen, der für die Verteidigung zuständig war.
Nur 10 km entfernt lagen die ergiebigen Silberminen von La Croix. Das Herzogtum gehörte
dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation an. Es wurde seit 1473 von Herzog Rene IL,
Titularkönig von Jerusalem, regiert. In der Schlacht von Nancy am 5. Januar 1477 besiegte
Rene II. mit Hilfe der Eidgenossen Herzog Karl den Kühnen von Burgund, der dort den Tod
fand. Nach seinem Sieg belohnte Herzog Rene II. seine Getreuen mit gut dotierten Stellen.
Gauthier (Voudrin, Walter) Lud (1448-1527) stammte aus dem elsässischen, also deutschsprachigen
Pfaffenhofen und wurde nach dem Studium der Theologie zum Priester geweiht. Rene
II. erlangte für ihn 1484 eine Präbende, also kirchliche Pfründe, im Kapitel von Saint-Die.
1490 wurde er Hofkaplan und Sekretär des Herzogs, 1504 Nachfolger seines Bruders Johannes
als Generaldirektor des Bergwerks von St. Croix-aux-Mines und 1505 Verwaltungschef des
Stifts. Im Dienst der Kirche errichtete er am nördlichen Stadtrand von Saint-Die auf seine
Kosten ein Haus für Pestkranke, verbunden mit einer Rochuskapelle. Als Förderer der Künste
stiftete er zwei kostbar illuminierte Seiten eines Graduale, eines liturgischen Buches für den
Chorgesang. 1490 gründete Lud mit einer Gruppe gleichgesinnter Humanisten und mit Unterstützung
des Herzogs das Gymnasium Vosagense. Diese wissenschaftliche Vereinigung widmete
sich neben philologischen Studien vor allem der Kosmografie, also der Beschreibung des
Kosmos in Erd- und Himmelskunde. Mitglieder dieser Vereinigung waren u.a. Jean Basin,
Magister der Philosophie und der Schönen Künste, Pfarrer von Wisembach, Hofnotar und
Kanonikus am Stift von Saint-Die; weiterhin Pierre de Blarru, angeblich ein Kommilitone des
Vagantendichters Frangois Villon (1437-1508), Magister der Philosophie und Autor des „Li-
ber Nanceidos", eines Lobgedichts auf Rene II. als Sieger über Karl den Kühnen; schließlich
Jean Pelerin Viator (um 1445-1524) aus Anjou, ebenfalls Kanonikus in Saint-Die, später in
Toul, Kirchendiplomat im Dienste des Hauses Anjou und des Herzogs von Lothringen. Dieser
betrieb astronomische und geografische Studien und verfasste die Abhandlung „De artificiali
perspectiva". In diesem Kreis entstand der ehrgeizige Plan einer Kosmografie nach Ptolemäus
und unter Einbeziehung der neuesten Entdeckungen. Zur Verwirklichung dieses Projektes
richtete Gauthier Lud mit Hilfe von Pierre Jacobi, einem Priester und Drucker aus St. Nicolas
de Port, um das Jahr 1506 in seinem Haus eine Officina Libraria, eine Druckerwerkstatt, ein.

Gualterus Ludd: Speculi Orbis succintis sed neque poenitenda neque inelegans Declaratio et Canon,
Johannes Grüninger, Straßburg 1507 (VD L 3128). Zitiert nach: M.A.P. d'Avezac: Martin Hylacomylus
Waltzemüller, ses ouvrages et ses collaborateurs, Paris 1867, S. 66.

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