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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2013/0017
beigefügte lateinische Distychon die Handschrift seiner Person: Weil Gott die Sterne lenkt und
Caesar die Gefilde der Erde, besitzen weder die Sterne noch die Erde etwas Bedeutenderes als
diese. Es besteht deshalb kein Zweifel, dass Matthias Ringmann der Autor des Textes der
„Cosmographia" ist und nicht Martin Waldseemüller, wie heute noch vielfach zu lesen ist.
Waldseemüller kommt dagegen das Verdienst zu, die Kartografie des Gesamtwerkes entworfen
zu haben.

Ringmann beschreibt in seinem Werk die Grundlagen der Geometrie, die Himmelskugel,
die Himmelsachse und die Himmelspole. Die Himmelskugel hat eine feste und körperartige
Gestalt, die durch eine gewölbte Oberfläche zusammengehalten wird. Er geht von acht himmlischen
Sphären aus, die durch Kreise kunstvoll miteinander verbunden sind. Pole sind Punkte,
die die Himmelsachse begrenzen und sind festgefügt. Es stellt die fünf Großkreise dar: Den
Äquator, den Zodiak, die Koluren, die Meridiane und den Horizontkreis: außerdem die vier
Kleinkreise, den nördlichen Polarkreis, den nördlichen Wendekreis, den südlichen Wendekreis
und den südlichen Polarkreis. Ringmann schildert die fünf Himmelszonen und ihre Übertragung
auf die Erde, einschließlich der dazu gehörenden Grade. Als „Clima" bezeichnet Ringmann
den Raum zwischen zwei parallelen Linien, in dem vom Anfang eines „Climas" bis zu
seinem Ende bezogen auf den längsten Tag des Jahres ein Unterschied von einer halben Stunde
besteht. Es gibt sieben „Climata", die nach einer berühmten Stadt, einem bekannten Fluss
oder einem bekannten Berg benannt werden. Die Winde: Ein Wind ist nach Meinung der Philosophen
eine warme und trockene Ausdehnung, die seitlich um die Erde herum bewegt wird.
Ringmann stellt aufgrund der astronomischen Darlegungen fest, dass unsere Erde in ihrem
ganzen Umfang im Vergleich zur Ausdehnung des Himmelsraumes nur die Größe eines Punktes
besitzt. Von diesem winzigen Teil des Kosmos aber ist nur ungefähr ein Viertel dem Pto-
lemäus bekannt und von uns Menschen bewohnt. Und bisher war dieses bekannte Viertel der
Welt in drei Teile geteilt: Europa, Afrika und Asien. Es folgt eine Beschreibung dieser drei
Erdteile. Ringmann fährt fort: Nun aber sind diese eben besprochenen Teile weithin erkundet
und auch der andere, vierte Teil, ist vor kurzem von Amerigo Vespucci entdeckt worden (wie
im Folgenden zu hören sein wird). Ich sehe nicht, warum jemand mit Recht verbieten sollte,
diesen vierten Kontinent nach seinem Entdecker Americus, einem überaus klugen Mann, Ame-
rige, also Land des Americus oder einfach America zu nennen, weil auch Europa und Asien
nach Frauen benannt wurden. Dessen Lage und die Sitten wird man anhand der vier Reisen

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des Americus, die im Anschluss an die Kosmographie folgen, genau verstehen können.

Hier wird zum ersten Mal der Name „Amerika" von Amerigo Vespucci hergeleitet. Aufgrund
der oben belegten Urheberschaft Matthias Ringmanns an der „Cosmographiae introduc-
tio" besteht kein Zweifel daran, dass Ringmann der Namensgeber und somit Taufpate Amerikas
ist. Martin Waldseemüller übernahm auf seiner großen Weltkarte von 1507 den Begriff
„Amerika" im Gebiet des heutigen Brasiliens. Nach dem Tode Ringmanns (1511) unterließ er
die Bezeichnung „Amerika" und sprach von Terra Incognita (unbekanntes Land), offenbar
weil er die Entdeckung Amerikas durch Vespucci selbst wieder infrage stellte.

Die heute noch vertretene und auf die „Cosmographiae" und Waldseemüllers große Weltkarte
von 1507 zurückgehende Meinung, Vespucci habe auf seiner dritten Reise als erster
Europäer das amerikanische Festland als eine von Asien getrennte, vollständig vom Meer
umgebene Landmasse entdeckt, ist eine Fehlinterpretation, wie Martin Lehmann anhand der
von Vespucci verwendeten geografischen Begriffe nachweist. Tatsächlich hat Vespucci „in
Abgrenzung zu den vom Meer umgebenen Inseln nichts anderes als einen südlich des asiatischen
Kontinents liegenden, mit diesem in Verbindung stehenden Erdteil verstanden".

Lehmann (wie Anm. 19), S. 311.

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