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der Breitengrade je 1-90° ein, in der Mitte beginnend, wo der Schnittpunkt mit dem Äquator
sein wird. Ebenso tragen wir den Äquator ein und teilen die eine Hälfte in 180 gleiche Teile
ein und setzen auch hier die Zahl der Längengrade 1-180 dazu, wobei wir bei jenem Endpunkt
anfangen, durch welchen wir den westlichen Meridian ziehen wollen.50
Im Zeitalter des Humanismus erwarb 1444 in Nürnberg der Theologe, Philosoph und
Fürstbischof von Brixen, Nikolaus von Kues (1401-1464), je einen hölzernen und kupfernen
Himmelsglobus, die heute in der Cusanus Bibliothek in Kusel zu finden sind. 1477 hatte Nicolaus
Germanus (1420-1490) im Auftrag des Papstes Sixtus IV. einen Himmels- und einen
Erdglobus hergestellt, wie aus den Rechnungsbüchern des Vatikans hervorgeht. Sie wurden
wahrscheinlich 1527 beim Sacco di Roma, der Erstürmung Roms durch die Landsknechte
Georg von Frundsbergs, zerstört.
Der älteste erhaltene Erdglobus wurde 1491/92 im Auftrag des Nürnberger Kaufmanns Martin
Behaim (1459-1507) angefertigt.51 Als Spross einer Nürnberger Patrizierfamilie war er
nach einer Lehrzeit in Nürnberg über Antwerpen nach Portugal und den Azoren gekommen,
wo er die Tochter des Flamen Jobst Hurter, des Statthalters der Azoreninseln Fayal und Pico,
heiratete. 1485/86 nahm er als Kosmograf an der zweiten Entdeckungsfahrt des Diego Cäo
teil, die ihn bis ans Cap Cross an der Westküste Südafrikas führte. Als er wegen Erbschaftsangelegenheiten
1491 nach Nürnberg zurückkehrte, ließ er einen Erdglobus herstellen. Dieser
Nürnberger Erdapfel bestand aus einer Kugel von 51 cm Durchmesser, die aus Pappmache
geformt und mit einer Gipsschicht überzogen war. Sie wurde mit 12 Segmenten und Polkappen
aus Pergament beklebt. Die künstlerische Ausgestaltung übernahm der Nürnberger Illuminator
, Briefmaler und Formschneider Jörg Glockendohn d.Ä. Als Vorlage diente u.a. eine
Weltkarte des Florentiner Astronomen und Kosmografen Paolo dal Pozzo Toscanelli (1397-
1482). Diese, heute verloren gegangene Karte, war noch nach dem ptolemäischen Weltbild
gezeichnet: Westafrika lag unmittelbar gegenüber China und Indien. Sie diente auch Kolumbus
als Hinweis auf einen Seeweg nach Westindien. Nach seiner Überzeugung lag Gibraltar
nur 1.200 Meilen von der Insel Zipangu (Japan) entfernt, nicht wie in Wirklichkeit 5.000.
Dieser Erdapfel sollte den Nürnberger Kaufleuten, die weitausgedehnte internationale Han-
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delsbeziehungen unterhielten, die Situation des globalen Welthandels veranschaulichen.
Waren alle bisherigen Globen handgefertigte Unikate, so nutzte Martin Waldseemüller als
Erster den Buchdruck zu einer Serienanfertigung eines Erdglobus. In der „Cosmographiae
introductio" hatte Ringmann angekündigt: Zweck dieses Büchleins ist es, eine Art Einführung
in die Kosmographie zu schreiben; diese haben wir in Gestalt eines Globus sowie in Form
einer Karte zeichnerisch umgesetzt. Die Darstellung auf dem Globus ist dabei kleiner als auf
der Kartet Waldseemüller zeichnete zwölf Globussegmente von je 3 x 18 cm in einer Gesamtbreite
von 34 cm, ließ sie in Holz schneiden und drucken (Abb. 4). Der Benutzer konnte
diese Streifen ausschneiden, auf eine Holzkugel von ca. 11 cm Durchmesser aufkleben und
erhielt so einen kleinen Handglobus. Der Globus enthält je eine Skala von 360 Längen- und 90
Breitengraden. Der Null-Meridian liegt auf der Höhe der Isias Fortunatas, den Kanarischen
Inseln. Hervorgehoben ist der Aequinoctalis, der Äquator, der Tropicus Cancri und Capricor-
Ptolemaios (wie Anm. 12), S. 113.
Martin Behaim und die Nürnberger Kosmographen, Ausstellung anlässlich des 450. Todestages von Martin
Behaim im Germanischen National-Museum Nürnberg, Nürnberg 1957; Edvard Luther Stevenson:
Terrestres and celestial Globes, New Häven 1921, S. 46-51; Alois Fauser: Kulturgeschichte des Globus,
München 1973, S. 44-47.
Heute ist der Erdapfel Behaims im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg zu sehen; eine Replik
befindet sich im Deutschen Museum in München.
Waldseemüller (wie Anm. 19), Kap. 8.
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