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Danach entwickelte sich das, was von Hamm die „Emmendinger Affäre" genannt wird. Der
jüngere Niesenberger und Meister Martin von Grüningen wurden von der Besatzung der Burg
Hachberg verhaftet. Vielleicht wegen Schulden? Auf Ersuchen der Mutter, die noch Bürgerin
von Freiburg ist, baten 1494 Bürgermeister und Rat von Freiburg den Amtmann zu Hochberg
, Caspar von Klingenberg, brieflich und offenbar erfolgreich, die beiden freizulassen.27
Danach verliert sich auch die Spur des jüngeren Niesenbergers.
Bereits 1912 stellte Hermann Flamm das zusammen, was auch heute noch gilt: „In den
,Kunstdenkmälern4 wird der Chor zu Emmendingen als Werk aus der ersten Hälfte des 15.
Jahrhunderts verzeichnet; da jedoch nach den Prozessakten von 1479 damals Mathias von
Trier, um 1490 Niesenberger daran arbeitete[n], muss er nunmehr als Werk aus dem letzten
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Viertel des 15. Jahrhunderts gelten." Das bestätigt auch eine im Dezember 2010 durchgeführte
dendrochronologische Untersuchung am Gebälk des zum großen Teil noch aus dem 15.
Jahrhundert stammenden Chordachstuhls. Demnach wurde das Bauholz im Winter 1475/76
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geschlagen und im Laufe des Jahres 1476 verbaut.
Und ein anderes, sicher richtiges Fazit zieht der Steinmetzmeister Wolfgang Jakob in seiner
Magisterarbeit: „Seit wann und wie lange [...] [Niesenberger der Ältere] an dem Chor der
heutigen ev. Kirche [in Emmendingen] gebaut hat, ist nicht überliefert, desgleichen welcher
Teil unter seiner Leitung entstanden ist [...]. Baugeschichtliche und kunsthistorische Untersuchungen
fehlen für die heute noch stehenden Chöre von St. Christina [in Weißenau bei Ra-
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vensburg] und von Emmendingen."
Die Aussage, dass der Chor 1492 von Hans Niesenberger erbaut worden sei, muss nach
jetzigem Kenntnisstand somit in Zweifel gezogen werden. Weitere bauhistorische Untersuchungen
sowie Sichtung der Schriftquellen könnten jedoch zur Klärung beitragen. Dies wären:
- dendrochronologische Untersuchung weiterer Bauhölzer im Dach und eventuell an der südlichen
Tür des Chores.
- kunstgeschichtliche Einordnung des Wappenschildes der Schlusssteinplatte.
- vergleichende Datierung der besonderen Dreiecksform der Wandvorlagen („Dienste").
- Prüfung aller Steinmetzzeichen und der Oberflächenbehandlung der Natursteinteile.
- gründliche Erschließung aller einschlägigen Archivalien, vor allem die Suche nach den Daten
der Weihe der Kirche und des Chores.
Flamm (wie Anm. 13), S. 80.
StadtAF, B5 XI Bd. 5,6, fol. 3r.
Flamm (wie Anm. 12), S. 79f.; siehe auch Flum (wie Anm. 21).
Ergebnis der im Auftra3 des Landes Baden-Württemberg durchgeführten dendrochronologischen Untersuchung
von Dipl.-Ing. Burghard Lohrum.
Wolfgang Jakob: Der Anteil des Werkmeisters Hans Niesenberger am Chor des Freiburger Münsters,
Magisterarbeit, masch., Freiburg 1981, S. 36.
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