Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2013/0053
2. Der Bundschuh zu Lehen in der zeitgenössischen Literatur

Gegen Ende des Jahres 1513 war der Lehener Bundschuh zerschlagen. Das propagandistische
Nachhutgefecht führten die Publizisten, die Sänger und Literaten. Sie waren es, die das offizielle
Bild des Bundschuhs unter die Zeitgenossen brachten und dessen weiteres Fortleben
sicherten - denn die Akten verschwanden in den Archiven.

Den Anfang machte ein unbekannter (Freiburger?) Autor mit seinem „Lied von dem Bundschuh
".59 Verfasst hat er es in den Tagen nach dem 22. Dezember - vielleicht, um es am 27.
Dezember beim Wettsingen der neu gegründeten Freiburger Singschule vorzutragen. Anfang
1514, möglicherweise schon im Januar, verfasste und veröffentlichte der Basler Drucker
Pamphilus Gengenbach ein „Büchlein" vom Bundschuh. Es besteht aus der „Vorrede", abge-
fasst in Reimpaaren, und der eigentlichen Prosaerzählung vom Bundschuh.60 Eine Umsetzung
der Basler Prosaerzählung in Verse war der „Spruch" vom Bundschuh.61 Im Laufe des Jahres
1514 entstand schließlich, in der bewussten Nachfolge des „Narrenschiffs" von Sebastian
Brant (1494), das „Narrenschiff vom Bundschuh", das in Basel bei Michel Furter als Druck

62

„vom Stapel lief. Es basiert inhaltlich, doch nicht ausschließlich, auf dem Freiburger
„Lied".

Die inhaltliche Grundausrichtung ist in den vier Darstellungen dieselbe; sie folgt den amtlichen
Vorgaben, wie sie vor allem die Stadt Freiburg in Umlauf gebracht hatte: Der Bundschuh
ist ein Unternehmen, das kein ehrbarer Mensch billigen kann, denn er verstößt gegen die von

63

Gott gesetzte Ordnung der Welt. Dies möchte ich an zwei Beispielen, dem „Büchlein" des
Pamphilus Gengenbach und dem „Narrenschiff vom Bundschuh" etwas näher zeigen (Abb. 2
und 3).

In der gereimten „Vorrede" zum Bundschuhtraktat liefert Pamphilus Gengenbach eine kurze
, aber ausgearbeitete politische Theorie. Der Zentralgedanke, um den sein Denken kreist, ist
die von Gott gebotene Gehorsamspflicht der Untertanen gegenüber der Obrigkeit als tragender
Pfeiler der göttlichen Weltordnung: Vnd wer vnß geben ist von got /Der gwalt kumpt von oben
ab / Als christus selber zügnüß gab / Darumb jetzud nüt grössers ist / Dann ghorsamkeit zu
aller fryst.

Die Gehorsamspflicht jedoch missachten die Angehörigen aller Stände - Fürsten, Herren,
Bürger und nun auch die buren vff dem landt /[...] / Sie fiengen ee ein bundtschü an I [...] Ein
jeder wer gern selber her.

Druck bei Goedeke (wie Anm. 20), S. 386-392. Dazu Peter Seibert: Aufstandsbewegungen in Deutschland
1476-1517 in der zeitgenössischen Reimliteratur, Heidelberg 1987, S. 163-179. Für Seibert war der
Verfasser auf jeden Fall ein „enger Parteigänger des [Freiburger] Stadtrats".

Druck bei Goedeke (wie Anm. 20), S. 23-31. Die Prosaerzählung auch in Rosenkranz, Bd. 2 (wie Anm.
1), S. 125-128 (Nr. 1); ferner in: Franz (wie Anm. 7), S. 76-79 (Nr. 17). Dazu Seibert (wie Anm. 59), S.
180-219. Das „Büchlein" erfreute sich mehrerer Nachdrucke; s. dazu u. S. 63.

Druck bei R[ochus] v. Liliencron: Die historischen Volkslieder der Deutschen vom 13. bis 16. Jahrhundert
, Bd. 3, Leipzig 1867, S. 133-138. Dazu Seibert (wie Anm. 59), S. 219-231. Irreführend ist die Aufnahme
des „Spruches" unter die „historischen Volkslieder"; ein Volkslied war er nicht.
Druck bei Goedeke (wie Anm. 20), S. 392-403. Dazu Seibert (wie Anm. 59), S. 231-252. Obwohl Seibert
„spontan geneigt [ist], an eine Freiburger Verfasserschaft zu denken", glaubt er doch, den Schaffhau -
sener Stadtarzt Johannes Adelphus als Autor identifizieren zu können; ebd., S. 244-247. Erwähnenswert
ist der Titelholzschnitt von Urs Graf.

Karl Goedeke hat gleichwohl hervorgehoben, wie sehr sich das „Lied", das „Büchlein" und das „Narrenschiff
' im Ton unterscheiden: Gengenbachs „Büchlein" ist „ruhig ohne Hass geschrieben [...]. Nicht gleiches
lässt sich von den eifernden beiden Gedichten, dem Meistergesänge und dem Narrenschiff sagen, die
in merkwürdiger Weise übereinstimmen." Goedeke (wie Anm. 20), S. 554.

51


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2013/0053